Camping mit der Familie – das ist auf alle Fälle immer ein Abenteuer. Foto: dpa

Drei Autorinnen berichten über ihre Camping-Erfahrungen und auch darüber, warum alles anders ist, wenn man erst einmal Nachwuchs hat.

Viele haben es bereits ausprobiert, für andere wird es immer ein Traum oder Albtraum bleiben. Das Leben im Bulli verspricht Romantik und Unabhängigkeit – die Realität ist oft eine andere. Besonders dann, wenn man Kinder hat. Drei Autorinnen unserer Zeitung berichten von ihren Erfahrungen und Sehnsüchten.

 
Ein paar Tage im Clamping-Fass reichen unserer Autorin aus, damit sie sich frei und wild fühlt. Foto: Alexandra Kratz

Wenn die Kinder mal aus dem Haus sind ...

Es ist nur eine Idee, eine romantische Vorstellung, vielleicht ein Traum. Noch nie war ich mit einem Van unterwegs, ich habe immer nur darüber gelesen, davon gehört oder mal eine Doku im Fernsehen geschaut. Und dabei stets überlegt, wie toll das sein muss, dieses Gefühl, unabhängig und eins mit der Natur zu sein.

Meine Camping-Erfahrungen beschränken sich auf einen völlig verregneten Ostsee-Urlaub mit meinen Eltern, als ich etwa zehn Jahre alt war, einen Kurztrip nach Schweden, bei dem ich mir eine Nierenentzündung holte, und einigen Übernachtungen in einem Mini-Hundehütten-Zelt auf einem Ein-Sterne-Campingplatz in Italien. Und spätestens nach der Familiengründung erschien mir diese Art von Urlaub völlig ungeeignet.

Doch seit einigen Jahren machen wir das, was die Reisebranche mit „Glamourous Camping“ – kurz: „Glamping“ umschreibt. Dabei mietet man eine relativ komfortable, wenn auch sehr kleine Unterkunft auf einem gut ausgestatten Campingplatz. In unserem Fall ist es ein etwa vier Meter langes Fass mit zwei Metern Durchmesser. Es gibt sogar eine Heizung – voll spießig, ich weiß. Doch sonst ist das Fass leer, Schlafsäcke und Campingküche sind also mitzubringen. Das reicht aus, damit ich mich frei und wild fühle.

Und dann entstehen in meinem Kopf wieder diese Bilder. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann könnten mein Mann und ich uns doch so einen Van anschaffen. Zu zweit brauchen wir doch nicht viel. Und wenn wir nur zu zweit wären, dann gäbe es sicher auch keine Diskussionen darüber, wer kocht und wer den Abwasch macht, und welches Hörbuch wir hören, während wir im Stau stehen. Dann würden wir jeden Abend ganz entspannt an einem einsamen Ort unseren Camper parken, die Klappstühle vor den Bus stellen, in den Sonnenuntergang schauen und auf der Gitarre Lagerfeuer-Lieder spielen. Doch ich ahne, dass das immer eine Utopie bleiben wird – aber nur, weil weder mein Mann noch ich Gitarre spielen können.

Alexandra Kratz (42) hat zwei Töchter im Alter von 15 und 12 Jahren. Im Urlaub schätzt sie vor allem das Wandern in den Bergen und saubere Toiletten.

Die „Rote Frida“ war auch schon auf Sardinien. Wenn ihre Eltern mal nicht damit unterwegs sind, hat unsere Autorin die Chance, mit Frida wegzufahren. Foto: Julika Wolf

In der „Roten Frida“ durch die Welt

Ich komme aus einer Camping-Familie. Die meisten Urlaubserinnerungen aus meiner Kindheit spielen zwischen Isomatten und Gaskochern. Manchmal floss auch ein reißender Bach durch das Zelt. Hach – Urlaub!

Mein Partner hat in seiner Kindheit Ähnliches erlebt. Natürlich haben auch wir unsere ersten Reisen mit dem Zelt unternommen, sind nach Italien und Slowenien gefahren – und auch wir haben mit Hitze und Starkregen gekämpft. Aus Slowenien sind wir zeitweise nach Kroatien geflüchtet, weil es so doll geschüttet hat (und hinterher zurückgekehrt – Slowenien: unbedingte Empfehlung!).

Als sich die Schwester meines Freundes einen wunderschönen, knallroten VW Bus kaufte und zum Campervan ausbauen ließ, waren wir schockverliebt. Seitdem konnten wir uns unser Vanlife quasi leihen. Ein Traum. Den ganzen Tag an der frischen Luft, ständig am Werkeln, Abwaschen, Auf- und Abbauen – und doch deutlich komfortabler als das Zelt: Wenn es regnet, schwimmt einem (im Normalfall) nicht die Bude weg. Sollten wir uns so was auch zulegen? Der Blick auf die Preise heilte uns. Wir hatten ja sowieso Zugriff auf einen Bus, wenn wir mal einen brauchten.

Denkste. Die Schwester meines Freundes bekam ein Kind, und prompt wurde der Bus kaum mehr genutzt – sie wollte ihn verkaufen. Mein Unterbewusstsein meldete sich mit einem Satz von meinen Eltern: „Wenn wir mal in Rente sind, fahren wir mit so einem Ding durch die Welt.“ Die Rente war zwar noch lange nicht in Sicht, aber das Ding wollten sie trotzdem schon. Ein paar Telefonate und eine Besichtigung später erlebte meine Mutter einen sehr aufregenden Gang zur Bank – noch nie hatte sie für etwas lieber Geld ausgegeben.

Seitdem tuckern meine Eltern in der „Roten Frida“ – ja, in meiner Familie haben Autos Namen – durch die Welt. Neben den obligatorischen Roadtrips machen sie das sehr oft am Wochenende. Es ist teilweise schwierig, sie zwischen Ostern und Oktober zu besuchen. Und es ist schwieriger geworden, den Bus auszuleihen. Aber was soll’s. Die „Rote Frida“ ist noch jung. Sie hat hoffentlich noch viele gute Jahre vor sich.

Julika Wolf (29) fährt gerne mit ihrem Partner und der „Roten Frida“ in den Urlaub und ist immer wieder überrascht, wie sie rumsitzen und lesen beim Camping auf einmal völlig akzeptabel findet.

Unsere Autorin war früher rastlos, heute zwingt das Kind zum entschleunigten Reisen. Foto: Ina Schäfer

Reisen im Drei-Stunden-Rhythmus

Das erste Mal waren wir mit unserer Tochter im Camper unterwegs als sie fünf Monate alt war. Vier Wochen Italien. Sonne, Strand, Pasta, die fünf eingepackten Bücher – ungelesen. Wir haben schnell gemerkt, dass Urlaub und vor allem Camping mit Kind etwas anderes ist, als nur zu zweit durch die Gegend zu tingeln, fast jeden Morgen irgendwo anders aufzuwachen und immer wieder neue Orte zu entdecken, an denen wir noch nie waren.

Trotzdem war es ein schöner Urlaub. Denn es hat auch etwas Gutes: Unser Kind zwingt uns zum langsameren Reisen. Früher haben wir lange Strecken zurückgelegt und waren manchmal rastlos – um die nächste Ecke könnte ja ein noch viel schönerer Platz zum Übernachten liegen. Also, schnell weiter! Heute bewegen wir uns in einem Drei-Stunden-Rhythmus fort. Länger hält es unser Kind im Sitz nicht aus. Also machen wir dazwischen lange Pausen bis es weitergeht oder wir suchen uns ein Ziel, das nicht zu weit entfernt liegt. Die Zeiten, in denen wir uns mit langen Strandtagen von strapaziösen Anfahrten erholen konnten, sind vorbei.

Gefällt uns ein Ort – Spielplatz am Strand, check; Restaurants in der Nähe, check – dann bleiben wir da auch mal für eine Woche. So reduzieren wir das ständige Auf- und Abbauen, das Überlegen, wo es als nächstes hingehen soll und dass sich unsere Tochter wieder umgewöhnen muss.

Und ja, wir machen heute etwas, das wir früher viel seltener getan haben: Wir kommen immer wieder an dieselben Plätze zurück. An diesem ersten Urlaub haben wir einen kleinen See in Norditalien entdeckt. Seither waren wir schon drei Mal dort – in Folge. Der Campingplatz liegt direkt am Wasser, wird von meist sehr entspannten Urlaubern bewohnt und nicht weit entfernt gibt es ein hübsches kleines Städtchen. Es ist ein Ort, an dem wir ankommen und sofort im Urlaubsmodus sind. Meistens reisen wir danach trotzdem noch weiter – ein bisschen Abenteuer muss sein – aber es ist ein guter Startpunkt, um vom Trubel der Abreise runterzukommen (Packen mit Kind – ganz anderes Thema). Und solange unsere Tochter noch nicht realisiert hat, dass es direkt neben diesem verschlafenen Campingplatz einen Campingplatz mit Spaßbad und Animationsfeuerwerk gibt, kommen wir dort sicher noch häufiger hin.

Denn das ist gleichgeblieben. Die Actioncampingplätze wollen wir so lange es geht vermeiden, auch wenn sich unser Kind schon lange nicht mehr nur mit Mama, Papa und ein paar Förmchen am Strand zufriedenstellen lässt. Unsere Lösung: Wir reisen jetzt häufiger mit Freunden und deren Kindern durch die Gegend. Denn uns allen geht es ähnlich. So haben die Kinder ihre Freunde dabei, wir ebenfalls, die Aufsichtspflicht, Kochen, Geschirrspülen und co. werden aufgeteilt. Und so landet man doch mal wieder länger als fünf Minuten in der Hängematte und hat ganz plötzlich auch im Urlaub mit Kleinkind ein ganzes Buch gelesen.

Ina Schäfer (40) hat eine vierjährige Tochter. Früher war sie im Urlaub in der Hängematte zu finden, heute ist sie auf Spielplätzen in Strandnähe.