Das beste, packendste und schlüssigste Theater findet bei der Premiere am Freitagabend beim Dirigenten Marc Piollet im Orchestergraben statt.

Stuttgart - Das beste, packendste und schlüssigste Theater findet bei der Premiere am Freitagabend im Orchestergraben statt. Dort entfaltet der Dirigent Marc Piollet zusammen mit dem Stuttgarter Staatsorchester mit Hilfe der hochexpressiven, expressionistischen Partituren von Arnold Schönbergs "Erwartung" und von Béla Bartóks "Herzog Blaubarts Burg" präzise und enorm farbreich jenes Panorama der menschlichen Seele, das auf der Bühne verhandelt wird.

Szenisch allerdings fügt sich der eigentlich spannende Versuch der Staatsoper Stuttgart, die beiden um 1920 entstandenen Operneinakter mit einem Stück des Sprechtheaters, Heiner Müllers "Quartett" von 1982, zu verbinden, nicht zu einem überzeugenden Bogen: Die drei Geschichten von scheiternden oder bereits gescheiterten Liebesbeziehungen, die der Regisseur Thomas Bischoff und die Bühnen- und Kostümbildnerin Uta Kala hier erzählen, lassen sich zwar zusammenbringen, doch wo dies geschieht, wirkt es eher erzwungen als argumentativ untermauert. Am Ende verneigen sich drei Darsteller vor dem Publikum, die eben noch Leichen waren, man applaudiert freundlich ihrer Auferstehung von den Bühnentoten und fragt sich ernsthaft, ob ihr Ableben erstens unausweichlich war und warum es zweitens überhaupt stattfand. Der Regisseur wird ausgebuht.

Dabei ist womöglich nur Heiner Müller an allem schuld: In seinem "Quartett", das in Stuttgart von Anke Hartwig als Merteuil und Catherine Janke als Valmont in einer (stark gekürzten) Bearbeitung Thomas Bischoffs gespielt wird, ist die Liebe zum Gegenstand zynischer Kommentare verkommen, und die Distanz, aus der heraus menschliche Beziehungen hier mit intellektueller Lust seziert werden, lässt auch die Emotionen in den Musiktheater-Stücken fern wirken, kühl, ja unglaubwürdig.

Das hätte man als inszenatorische Perspektive auf Bartóks und Schönbergs psychoanalytisch gespeiste Liebesdramen gelten lassen können - wenn denn die szenische Analyse im Musiktheater wirklich durch die Oberfläche hindurch in seelische Untiefen vorgedrungen wäre. Das jedoch war nicht der Fall: "Blaubart" und "Erwartung" enthielten schöne Bilder, blieben aber in ihrer Aussage lau, und Musik und Szene blieben hermetische Parallelwelten, die sich kaum je berührten.

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