Winfried Kretschmann solle seinen Einfluss geltend machen, so der Appell in einem offenen Brief. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Das Regierungspräsidium Stuttgart hat dem gambischen Altenpflegehelfer Sedia Kijera ein Arbeitsvisum verweigert . Die Unterstützer lassen nicht locker. Sie wollen den verzweifelten Mann, dessen Hilfe im Kirchheimer Altenpflegeheim dringend gebraucht wird, unter allen Umständen zurückholen.

Für Götz Schwarzkopf, den Sprecher der Kirchheimer Ortsgruppe der sogenannten Seebrücke, ist das Ganze unfassbar: Erst sah alles danach aus, als ob der gambische Altenpflegehelfer Sedia Kijera, der Ende November vergangenen Jahres von seinem Arbeitsplatz im örtlichen Awo-Pflegeheim abgeholt und in Abschiebehaft gebracht worden war, nach seiner dann freiwilligen Ausreise im Februar mit einem Arbeitsvisum wieder zurückkehren könnte.

Das Landratsamt Ludwigsburg jedenfalls sah nach einer rechtlichen Vorprüfung keinen Hinderungsgrund. Das Regierungspräsidium Stuttgart hingegen hatte dem Wunsch nach einem Arbeitsvisum Ende vergangener Woche unter Hinweis auf Kijeras Eintrag im Bundeszentralregister wegen eines Drogendelikts eine klare Absage erteilt – unter Hinweis auf Kijeras Eintrag im Bundeszentralregister wegen eines Drogendelikts. Eine Einreise sei frühestens im Jahr 2035 wieder möglich – wenn Kijera bis dahin seine durch die Kosten der Abschiebehaft entstandenen Schulden zurückgezahlt habe.

Die Unterstützer Kijeras – darunter auch seine Chefin und Arbeitskollegen im Awo-Pflegeheim, wo sein Arbeitsplatz freigehalten wird – geben trotz dieses erneuten Rückschlags nicht auf. Schwarzkopf hat sich nun mit einem mehrseitigen offenen Brief an die Justizministerin Marion Gentges (CDU) und an den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gewandt.

An Gentges schrieb Schwarzkopf, ihm sei bewusst, dass die Ministerin die Erteilung eines Visums aufgrund einer juristischen Einschätzung ablehne. Diese Einschätzung stehe im Gegensatz zum Ergebnis einer juristischen Vorprüfung des Landratsamt Ludwigsburg, das ausdrücklich die Wiedereinreise Kijeras und seine Rückkehr an seine Arbeitsstelle im Awo-Pflegeheim Kirchheim befürworte. Den grünen Ministerpräsidenten bat der Seebrücke-Sprecher inständig, dass dieser seine Position und seinen Einfluss in dem Fall geltend mache. Er kritisierte die Entscheidung gegen ein Visum als vorschnell und führte weiter aus: „Die Ablehnung des Justizministeriums ist politischer Wille ohne Betrachtung der ganzen Situation.“

„Entscheidung gegen ein Visum ist vorschnell“

Der offene Brief ist auch die baden-württembergische CDU-Justizministerin adressiert. Foto: www.imago-images.de/IMAGO/Achim Zweygarth

Diese ganze Situation schildert Schwarzkopf ausführlich in seinen Briefen. Kijera habe erfolgreich die Ausbildung zum Pflegehelfer absolviert und sei in ein Freundes- und Arbeitsumfeld rund um das Awo-Pflegeheim Haus am Mühlbach integriert. Er habe einen unbefristeten Arbeitsvertrag und werde dringend benötigt. Zudem sei er sehr empathisch und habe einen hervorragenden Draht zu den Demenzkranken. Was seine Verurteilung zu einer Haftstrafe auf Bewährung betrifft, so erklärt Schwarzkopf, Kijera habe das Vergehen im Jahr 2018 auf Anraten seines damaligen Anwalts nur zugegeben, um einer direkten Inhaftierung zu entgehen. Das Vergehen sei proaktiv von Vermittlern der Polizei provoziert worden. Die Vorwürfe eines Handelns mit Betäubungsmitteln seien „alles reine Projektionen und Ableitungen aus Chatverläufen auf Smartphones der Angeklagten.“

Götz Schwarzkopf hat seinen Appell nicht nur an den Ministerpräsidenten und die Justizministerin, sondern auch an einige Landtags- und Bundestagsabgeordnete gerichtet. Nachdem er von der Ablehnung des Justizministeriums durch unsere Zeitung erfahren hat, telefonierte er am Montagvormittag gleich mit Kijeras Anwalt Stefan Weidner. Diesem liegt noch nichts Schriftliches vom Ministerium vor, weshalb man juristisch im Moment nichts machen könne.

Kijeras Unterstützer haben daher aktuell auch nur wenig Möglichkeiten: Eine davon sieht Götz Schwarzkopf in den Briefen, die er verschickte. Des Weiteren will er die Spendenaktion für Sedia Kijera vorantreiben. 33 000 Euro verlangt der Staat von ihm für die Tage in der Abschiebehaft.

Die Unterstützer haben sich in der Seebrücke zusammengeschlossen, sie sammeln weiter Spenden. Foto: Seebrücke

Geld, das der Gambier abstottern könnte, wenn er wieder in Deutschland wäre. Einen entsprechenden Antrag auf Stundung durch den Anwalt hatte die Landesoberkasse positiv beschieden. Die Seebrücke will Sedia Kijera helfen, das Geld zusammenzubekommen. Zumal ebenfalls schon im Raum stand, dass das Geld bezahlt sein muss, noch bevor er aus Gambia zurückkehren kann. „Wir versuchen, den Betrag zu finanzieren oder zumindest teilzufinanzieren“, sagt Götz Schwarzkopf. Ein Lichtblick am Montag war der Anruf einer Privatperson aus dem Nachbarlandkreis, die zugesagt habe, 1000 Euro zu spenden. Ansonsten ist die Stimmung bei Kijeras Unterstützern sehr gedrückt. Schwarzkopf: „Ich war in all der Zeit noch nie so unsicher, wie es weitergehen kann.“