Immer mehr Leichen werden aus dem vor der italienischen Küste gesunkenen Flüchtlingsschiff geborgen. Eine Diskussion über Konsequenzen für die Politik entbrennt. Foto: dpa

Immer mehr ertrunkene Bootsflüchtlinge werden vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa geborgen. Die EU-Innenminister setzen die Flüchtlingspolitik nach dem Unglück ganz oben auf ihre Agenda.

Rom/Luxemburg - Nach der Flüchtlingstragödie vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa beraten die EU-Innenminister über Konsequenzen aus dem Unglück mit mehr als 230 Toten. Der deutsche Ressortchef Hans-Peter Friedrich sprach sich vor dem Treffen mit seinen Kollegen am Dienstag in Luxemburg unter anderem für europäisch-afrikanische Wirtschaftsgespräche aus. Die Bundesregierung hatte zuvor Kritik zurückgewiesen, Deutschland nehme nicht genug Flüchtlinge auf.

Ziel von Gesprächen mit afrikanischen Staaten müsse es sein, die Entwicklung in den Herkunftsländern so zu verbessern, dass „die Menschen schon keinen Grund haben, ihre Heimat zu verlassen“, sagte Friedrich der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag). Eine Katastrophe wie die vor Lampedusa dürfe sich nicht wiederholen. Friedrich rief zugleich zu einer Modernisierung der Seenotrettung auf.

Vor der Mittelmeerinsel hatten Taucher nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa am Montag 37 weitere Leichen geborgen. Die Opferzahl kletterte damit auf 231. Die Rettungskräfte befürchten weitere Tote.

Von den mehr als 400 Menschen an Bord des gesunkenen Schiffes konnten nur 155 lebend gerettet werden. Bis auf einen Tunesier sollen sie aus Eritrea stammen. Das Schiff mit den Migranten war am Donnerstag vor der Insel in Flammen aufgegangen und gekentert.

Angesichts des Ausmaßes der Katastrophe sind Forderungen nach einem grundlegenden Umbau der europäischen Flüchtlingspolitik laut geworden. „Es ist eine Schande, dass die EU Italien mit dem Flüchtlingsstrom aus Afrika so lange alleingelassen hat“, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz der Zeitung „Bild“ (Montag). Die Flüchtlinge müssten in Zukunft gerechter auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. „Das heißt auch, dass Deutschland zusätzliche Menschen aufnehmen muss.“ Regierungssprecher Steffen Seibert wies den Vorwurf umgehend zurück. Deutschland tue das, „was seiner Größe und seiner Bevölkerungszahl in Europa entspricht“.

Ein Sprecher des deutschen Innenministeriums sagte, „der Ruf nach einem gerechteren Verteilungsmechanismus“ für Flüchtlinge in Europa lasse sich mit Blick auf Deutschland nicht zahlenmäßig begründen. Deutschland habe beispielsweise im vergangenen Jahr rund 65 000 Asylbewerber aufgenommen - Italien lediglich 15 000.