Von oben betrachtet: eine Dose. Wir haben geguckt, was drin steckt. Also, außer Bier. Foto: Oliver Willikonsky - Lichtgut

Wenn’s mal schnell gehen muss: Dosenbier von der Tankstelle. Wir waren einkaufen und haben unter professioneller Anleitung Bier getestet.

Stuttgart - Man muss das nicht unnötig ins Religiöse ziehen: Bier ist in erster Linie Bier. Das erkennt man zum Beispiel auch daran, dass Konzertbesucher, die sich über die „miese Plörre“ in Konzertlocations echauffieren, mitunter gerne um 22.30 Uhr trotzdem ein bisschen betrunken sind und gleichermaßen Band wie Barpersonal um „Zugabe“ bitten.

Dosenbier wiederum haftet etwas Beiläufiges an, eine Art von Improvisation, wenn gerade kein „richtiges“ Bier greifbar ist. Gerade zum Start der Festival- und Grillsaison, oder wie Naturforscher sagen, „des Sommers“, steht Bier aus der Dose wieder höher im Kurs. Gerne auch von der Tankstelle, weil nicht genügend Bier zu Hause vorrätig war, um bei spontanen Feierlichkeiten am Abend ausreichend ausgestattet zu sein.

Prinzipiell hohe Qualität

„Wenn man in Deutschland Bier kauft, ist die Qualität prinzipiell sehr hoch“, sagt Irina Zimmermann. „Im Normalfall liegt man da nie falsch.“ Und die 47-Jährige kennt sich bestens aus mit Bier. Die gebürtige Kasachin hat ein Diplom in Brauereiwesen, arbeitete für namhafte Brauereien in Deutschland und ist seit 2010 Biersommelière. Zur Weltmeisterschaft der Biersommeliers in São Paulo, Brasilien, qualifizierte sie sich 2015 als einzige weibliche Teilnehmerin – unter 53 Teilnehmern belegte Zimmermann den dritten Platz. Und von wegen monothematisch: Irina Zimmermann ist auch Wasser- und Käsesommelière.

Dosenbier ist nicht minderwertig

„Sie haben hoffentlich nicht geraucht oder Kaffee getrunken“, fragt sie, bevor wir mit dem Test beginnen. Das sei kontraproduktiv, ebenso die von uns vorsorglich bereitgestellten Snacks – das alles belaste das Geschmacksempfinden nur unnötig.

Dass es sich bei Dosenbier um qualitativ schlechtes Bier handle, entkräftet Zimmermann bereits im Vorfeld: „Eigentlich ist es fast das Beste, was einem Bier passieren kann: Es gibt keinen Licht- und keinen Sauerstoffeinfluss.“ Negativ sei allenfalls, dass Bier vor der Abfüllung pasteurisiert, erhitzt, werden müsse. Das sei dem Bier nicht unbedingt zuträglich. Auch ein Manko: die Nachhaltigkeit – der Dosenmüll.

Der Bierkonsum bricht ein

„Seien Sie bitte freundlich bei der Bewertung“, sagt Zimmermann. Die Bierverkäufe in Deutschland wären eh rückläufig, das müsse man nicht noch befeuern. Und sie grinst. Rückläufig ist der Bierkonsum in Deutschland tatsächlich. Es liegt laut Zimmermann unter anderem auch am gesteigerten Gesundheitsbewusstsein, der Null-Promille-Grenze für Fahranfänger und an der Migration aus Kulturen, die es nicht so mit Bier haben.

Los geht’s und wir testen die Biere auf verschiedene Charaktereigenschaften. Eine davon ist die „Drinkability“. Die ist leicht erklärt: „Sobald ich einen Schluck gemacht habe, sollte ich das Bedürfnis haben, gleich noch mal einen zu nehmen – dann ist es überragend.“ Nach mehreren Durchgängen, vielen Erläuterungen und Anleitungen von Irina Zimmermann stehen wir als das große Klischee da: Stuttgarter Hofbräu überzeugt.

Immer schön lokal trinken

„Dass das regionale Bier so gut abschneidet, war abzusehen“, sagt Irina Zimmermann später. Ihr Tipp für Reisende: „Immer nach dem regionalen Bier fragen. Es wird in den meisten Fällen das wohlschmeckendste sein.“ Sie selbst bevorzugt im Zweifel immer kleine, mittelständische und lokale Brauereien. Die lokale Komponente oder auch die Umgebung spiele immer eine Rolle, wenn auch teils psychologisch. Und das ist auch der Grund, warum ein griechisches Bier in Griechenland besser schmeckt als später zu Hause. „Bei Käse ist das nicht anders“, weiß Zimmermann. Aber jetzt erst mal ein Käsebrot, das Bier schlägt an.

Info

Wie haben wir getestet? Acht Pilsener von der ersten Tankstelle, die sich am Straßenrand zeigte. Im ersten Durchgang wurde das Bier aus dem Glas verkostet, im zweiten aus der Dose. Die Grundlagen der Bewertung: Aussehen, Geruch, Geschmack, Mundgefühl, Nachtrunk und der Gesamteindruck.

Das Ergebnis

Alle acht Biersorten waren preislich und letztlich auch qualitativ nah beieinander. Vom Sieger waren wir selbst überrascht. Unsere Sommelière nicht.

1. Stuttgarter Hofbräu

2. Krombacher

3. Beck’s

4. Bitburger und Paderborner (deswegen entfällt der 5. Platz)

6. Veltins

7. Warsteiner

8. 5,0

Was sonst noch bei Dosenbier zu beachten wäre, erfahren Sie in unserem Video-Interview mit der Biersommelière Irina Zimmermann.