Jacob Bruun Larsen: 19.09.1998 Foto: Bongarts

Nach Orel Mangala und Dzenis Burnic versucht mit Jacob Bruun Larsen die nächste Dortmunder Nachwuchshoffnung beim VfB in der Bundesliga Fuß zu fassen.

Stuttgart - Nun ist es nicht so, dass die Fans des VfB Stuttgart vor Begeisterung ihre Hauswand weiß-rot angestrichen hätten, als am Dienstag die Verpflichtung von Jacob Bruun Larsen bekannt gegeben wurde. Nichts gegen Bruun Larsen – aber als Soforthilfe? Der Tenor in den Fan-Foren ist einhellig: Mit einiger Skepsis wurde das Leihgeschäft mit Borussia Dortmund kommentiert, das dem BVB 200 000 Euro in die Kasse spült und dem VfB auf seinen Außenbahnen wieder mehr Leben einhauchen soll. Dort gibt es nach dem Abgang von Josip Brekalo zum VfL Wolfsburg und dem Saison-Aus von Carlos Mané ja reichlich Vakanzen.

Rein spieltaktisch also ein nachvollziehbarer Transfer. Hinter der Bundesliga-Reife des 19-Jährigen (ein Kurzeinsatz) und den Wechselmodalitäten (Leihe bis Saisonende ohne Kaufoption) summieren sich jedoch einige Fragezeichen. Als Tabellen-Vierzehnter mit freier Sicht auf die Abstiegszone wäre ein Spieler, der mit den Tricks und Kniffs im Fußball-Oberhaus schon etwas länger vertraut ist, sicher die naheliegendere Lösung gewesen. Dennoch entschied sich der VfB für den U-21-Nationalspieler aus Dänemark. Weil Sportchef Michael Reschke überzeugt ist: „Jacob bringt alle Eigenschaften und die entsprechende Mentalität mit, um sofort eine vielversprechende Option für unser Offensivspiel darzustellen.“

Reschke hätte Larsen gerne für anderthalb Jahre ausgeliehen. Doch da machte der BVB nicht mit. Dennoch ist der Sportvorstand glücklich über den Transfer. „Es geht natürlich auch um die Tiefe des Kaders und um spezielle Spielertypen. Besonders durch seine extreme Schnelligkeit ist Jacob aktuell schon sehr interessant für uns.“

Was denkt Hansi Kleitsch über den Transfer?

Hansi Kleitsch ist sich da nicht so sicher – zumindest in der Frage, ob der Spieler dem VfB in der Kürze der Zeit helfen kann. „Einen jungen Spieler zu verpflichten stellt immer ein Risiko dar“, meint der langjährige Jugendcoach der Stuttgarter, der aktuell im Nachwuchs bei 1899 Hoffenheim aktiv ist. Denn: „Die Toptalente, die sofort performen, sind an einer Hand abzuzählen.“ Die höchste Spielklasse der Profis ist schließlich ein anderes Kaliber als die Bundesliga der A- und B-Junioren, auch wenn sich der Übergang scheinbar immer fließender gestaltet. Nach Ansicht des 66-Jährigen spielen dabei weniger die Physis und das spielerische Vermögen als die Mentalität die entscheidende Rolle. „Woche für Woche hundert Prozent zu bringen verlangt einem jungen Spieler ungleich mehr ab als einem gestandenen Profi.“

Kleitsch spricht aus Erfahrung. Er war hautnah dabei Anfang des Jahrtausends, als es eine Handvoll VfB-eigener Talente in die Bundesliga spülte. Hinkel, Kuranyi, Gomez, Khedira hießen die Jungen Wilden seinerzeit, von denen aber nur ein einziger auf Anhieb performte, wie Kleitsch es nennt: Kevin Kuranyi. „Der war sofort da.“ Bei allen anderen dauerte es etwas länger.

Doch Eingewöhnungsphasen gestattet der wöchentliche Wahnsinn um Tore und Punkte immer weniger. Eine Erfahrung, die auch schon Larsens ehemalige Teamkollegen aus Dortmund machen mussten. Mit Dzenis Burnic und Orel Mangala feierte der Neu-Stuttgarter in der Jugend der Borussia – unter Trainer Hannes Wolf – große Erfolge, spätestens nach dem Gewinn der deutschen A-Jugend-Meisterschaft 2016 waren sie als goldene Dortmunder Generation in aller Munde. Als „außergewöhnlichen Jahrgang“ pries BVB-Sportdirektor Michael Zorc die Jungspunde, die das Geburtsjahr 1998 auf sich vereinen und von denen es bislang außer Christian Pulisic (als Durchstarter beim BVB) und Felix Passlack (derzeit mit Anlaufschwierigkeiten in Hoffenheim) in die Bundesliga geschafft haben.

Burnic und Mangala waren bisher noch keine echte Verstärkung

Wo für sie der Ernst des Profilebens begann. Um das hohe Dortmunder Einstiegsniveau zu umgehen, heuerten Mangala und Burnic beim Aufsteiger an. Wo sie bislang aber noch nicht recht Fuß fassen konnten. Teils aufgrund von Verletzungen, teils wegen der Konkurrenz in der Defensive. Auf zehn Einsätze in der Liga brachte es Mangala, Burnic war bislang fünfmal am Ball.

Was die Fans des VfB Stuttgart zu der Frage führt: Wie viel Gold steckt tatsächlich in der Generation der 98er? Schwer zu sagen – schließlich sagt eine gut funktionierende Mannschaft in der Jugend nur bedingt etwas über das Leistungsvermögen Einzelner in der Bundesliga aus. Bislang konnten weder Mangala noch Burnic den Beweis antreten, dass sie für den VfB in dieser Saison schon eine echte Verstärkung darstellen. Neuzugang Larsen bietet sich am Samstag (15.30 Uhr) gegen Schalke 04 die erste Gelegenheit, eine Kostprobe seines Könnens abzuliefern.

Fakt ist: Den „Außergewöhnlichen unter den Guten“ (Hannes Wolf über Christian Pulisic) hat der BVB nicht abgegeben. Und mangels eigener Talente, sieht man vom ebenfalls 1998 geborenen Berkay Özcan ab, muss der VfB eben vorerst den vielversprechenden Nachwuchs anderer Vereine weiterbilden. Im Idealfall ergibt sich daraus eine Win-win-Situation: „Wenn uns Jacob in der Rückrunde hilft, war es für alle Parteien eine sinnvolle Lösung“, sagt Reschke.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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