Foto: dpa

Der Bezirksbeirat Mitte fordert, dass das geplante Dorotheenquartier am Karlsplatz nicht die historische Markthalle und das Alte Waisenhaus in den Schatten stellt.

S-Mitte - Die Bürgerinformation zum Dorotheenquartier hat uns darin bestätigt, dass die Dachgestaltung ein Problem ist“, hat Annegret Breitenbücher (Grüne) in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats Mitte betont. Intern hatten die Fraktionen bereits vorberaten und in einem gemeinsamen Standpunktpapier neun Kritikpunkte zu dem Entwurf des Stuttgarter Architekten Stefan Behnisch formuliert. Kritik löste nicht nur die gläserne Dachkonstruktion aus, sondern auch die monotone Fassadengestaltung. Diese müsse aufgebrochen werden, damit die drei Baublöcke des Quartiers ein weniger massives Erscheinungsbild hätten.

Neben der Kritik am eigentlichen Entwurf geht es den Bezirksbeiräten aber noch um etwas anderes, Grundsätzliches: Sie kritisieren, dass die Stadtverwaltung zum wiederholten Mal für ein städtebaulich prägendes Projekt die Planungsaufgabe Investoren überlassen hat. Der Stadt bleibe damit nur, das punktuelle Baurecht zu schaffen. Stuttgart verliere so an Einfluss auf die Gestaltung des Projekts – und auch auf die Nutzungsstruktur. So seien aus den zunächst angedachten Hotelzimmern mittlerweile Wohnungen geworden, heißt es in dem Standpunkte-Papier als Beispiel.

Kritik: Pläne sind nicht ausgereift

In die Entwicklung des Quartiers rund um den Karlsplatz will das Unternehmen Breuninger 200 Millionen Euro investieren. Auf der Fläche sollen, wie berichtet, 10 000 Quadratmeter Nutzfläche für Gastronomie, 25 250 für Büros und 3000 Quadratmeter für Wohnungen sowie eine Tiefgarage mit 400 Plätzen entstehen. Für den Neubau wird unter anderem das Innenministerium an der Dorotheenstraße weichen, das als Gedenkstätte geplante Hotel Silber bleibt.

Zwar begrüßt der Bezirksbeirat Mitte die Veränderung um den Karlsplatz, hält die Projektplanung zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht für ausgereift. Bis zu einem gewissen Grad würde Architekt Behnisch dieser Aussage wohl nicht widersprechen, allerdings hatte er jüngst in einem Zeitungsinterview auch gesagt: „Eine frühe Idee, ein noch fragiles Konzept zu zerpflücken, ist einfach und billig.“ In dem Interview hatte Behnisch auch betont, dass der Vorschlag, den an die Markthalle angrenzenden Baukörper zurückzunehmen, von seinem Architekturbüro stamme. Diese Idee sei nur noch nicht in den offiziellen Vorschlag eingearbeitet worden.

Grünere Dächer statt Glaskonstruktionen

Dass insbesondere Veränderungen an diesem Baukörper gewünscht sind, bekräftigte der Bezirksbeirat Mitte. Dem Gremium um Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle ist daran gelegen, dass die Sichtachsen auf Markthalle und Altes Waisenhaus erhalten bleiben. Um die historischen Wahrzeichen Stuttgarts zu schützen, ist dem Bezirksbeirat zudem wichtig, dass sich die drei Gebäude des Dorotheenquartieres in Masse, Höhe und Optik am historischen Umfeld orientieren. Ein neues Wahrzeichen am Karlsplatz zu errichten, ist aus Sicht des Bezirksbeirats falsch und nicht gewünscht.

Vermutlich auch deshalb stößt die bisherige Planung der Dachkonstruktionen auf so große Kritik. „Die nächtliche Dominanz der Beleuchtung ist nicht gewünscht“, halten die Bezirksbeiräte fest. Sie fordern stattdessen, das Dach aus klimatologischen Gesichtspunkten heraus zu begrünen. Auch für die Fassade ist in dem Standpunktpapier eine Alternative aufgeführt: eine Verspiegelung, die die historischen Gebäude optisch hervorhebt.

Mit einer Gesamtkonzeption zum Parken will der Bezirksbeirat Mitte zudem sicher gestellt wissen, dass auch bestehende Tiefgaragen in das Konzept so integriert werden, das genügend autofreie Verkehrsflächen im Dorotheenquartier geschaffen werden.