Das Dorotheen-Quartier: architektonisch anspruchsvoll, aber wenig Gelegenheiten, um zu verweilen, urteilen manche Bezirksbeiräte. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Bezirksbeirat Mitte kritisiert die Möblierung im neuen Konsum-Quartier von Breuninger. Und Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle fragt das Stadtplanungsamt: „Wie öffentlich ist das Quartier?“

Stuttgart - Über die städtebauliche Qualität des Dorotheen Quartiers gibt es kaum zwei Meinungen. Bis auf wenige Ausnahmen hat Architekt Stefan Behnisch überschwängliches Lob für seine Arbeit bekommen – von der Politik, Bürgern und auch Kollegen. Viele haben den Eindruck, die Gebäude standen schon immer da. Auch das Konzept von Breuninger, dem Investor, scheint aufzugehen. Seit der Eröffnung des Quartiers profitiere das benachbarte Mutterhaus von den Kundenströmen. Man habe deutlich mehr Frequenz bei Breuninger. Auch die Gastronomen im Dorotheen sind bisher zufrieden, wie der Betreiber des Lokals OhJulia stellvertretend berichtet.

Doch wo viel Licht ist, da gibt es auch Schatten. Mit diesen dunklen Stellen befasste sich nun der Bezirksbeirat Mitte anlässlich eines Berichtes des Tiefbau- und Stadtplanungsamtes zur Möblierung des Dorotheen Quartiers. Um es vorwegzunehmen: Überzeugen konnte Martina Klose vom Tiefbaumamt den Bezirksbeirat und die Vorsteherin Veronika Kienzle nicht.

Auch der Hinweis von Klose, dass sich so ein Quartier erst ein oder eineinhalb Jahre nach Fertigstellung entwickeln müsse, befriedigte den Rat nicht vollständig. Unterm Strich seien die geplanten zehn Sitzmöglichkeiten am Sporerplatz, weitere zwölf in der Münzstraße nicht genug. Veronika Kienzle brachte das Unbehagen mit der Frage an das Stadtplanungsamt, „ Wie öffentlich ist das Quartier eigentlich?, auf den Punkt.

Mitte September wurde der Start des Dorotheenquartiers mit einem Festakt gefeiert. Wir waren damals mit der Kamera dabei:

Ein Quartier „für die Reichen und Schönen“

Heinrich-Hermann Huth (SPD) kritisierte überdies, dass es dort „zu wenig grün“ gebe. Die SPD meint: Die wenigen Sitzplätze seien zudem an den nicht „attraktiven Standorten in den Randbereiche“ fernab der „Reichen und Schönen“.

Sebastian Erdle von Stadtisten wurde sogar noch drastischer: „Wem gehört eigentlich die Stadt?“, fragte er spitz: „Für mich ist das wie ein Getto für Konsumenten, das keine Aufenthaltsqualität hat.“ Renée-Maike Pfuderer (Grüne) geht auch die Ausdehnung des Gastronomiebetriebes Sansibar mit seinen Holzabgrenzungen zu weit. Sie beantragte daher eine Prüfung der Zulässigkeit und will die Ausdehnung „auf ein Minimum herunterfahren“.

In Teilen konnte Martina Klose die Bezirksbeiräte beruhigen: „Die Lederstraße muss als Zulieferweg für den Hit-Markt frei bleiben und man kann dort auch keine Bäume pflanzen, da diese Stelle unterbaut ist.“ Weiter wies sie darauf hin, dass das Quartier über 300 Abstellplätze für Fahrräder verfüge. Allerdings ist rund die Hälfte davon nicht öffentlich in der Tiefgarage.

Genau das hat Alban Manz, der Initiator der monatlichen Fahrrad-Demo „Chritical Mass“ so erlebt: „Ich habe in der Tiefgarage mal den Praxistest gemacht und wurde hochkant wieder rausgeworfen.“ Manz bedauert das: „Denn man sollte Radfahrer als Kunden genauso behandeln wie Autofahrer.“ Radfahrer, die inzwischen sehr teure Zweiräder besitzen, seien auch bereit, für das Parken in der Tiefgarage zu bezahlen. Der Fahrrad-Lobbyist denkt an einen Betrag zwischen 50 Cent und einem Euro. Seine Kalkulationsgrundlage ist der Platzbedarf eines Fahrrads, der bei einem Achtel eines Autos liegt.

Immerhin: Die Fahrradbügel im Dorotheen Quartier bekommen von Alban Manz ein gutes Zeugnis: „Sie entsprechen absolut dem, was heute Standard ist.“ Allerdings schätzt er, dass diese Bügel kaum genutzt werden.