Am Bodensee entwickeln zwei Pioniere ein Flugzeug, das für die Fahrt auf dem Wasser umgerüstet werden kann. Als Vorlage dient ihnen ein bewährter Klassiker.
Mit Hilfe einer an das Unterwasserschiff des Flugboots angelehnten Konstruktion sollen sich Flugzeuge innerhalb kurzer Zeit in ein amphibisches oder reines Wasserflugzeug verwandeln. Als Vorbild dafür diente die mittlerweile legendäre Do 24. Für die Neuentwicklung hat Iren Dornier, Enkel von Flugzeugpionier Claude Dornier und erfahrener Pilot, gemeinsam mit dem ehemaligen Dornianer und Do 24-Experten Wolfgang Wagner ein amerikanisches und ein chinesisches Patent angemeldet. Das europäische folgt demnächst.
Iren Dornier liebt seine Do 24, die vor Jahren zur Do 24 Amphibischer Technologie-Träger (ATT) umgebaut wurde. „Latina“ nennt er die alte Dame, die letzte von rund 200 Maschinen, die in den 1940er-Jahren als Rettungs- und Transportflugzeuge ausgeliefert wurden. Wolfgang Wagner, früher Dornier-Ingenieur für die Do 24 ATT, ist ebenfalls ein großer Anhänger der Do 24. „Dieses Wasserflugzeug muss man als Maßstab nehmen, wenn man etwas Neues macht“, ist Wolfgang Wagner überzeugt. Iren Dornier und Wolfgang Wagner wollen der Do 24 ATT, die im Dornier Museum in Friedrichshafen steht, zu neuen Höhenflügen verhelfen: Zuletzt hatte die Maschine eine „Vorläufige Verkehrs-Zulassung“. Eine solche hat Iren Dornier wieder beantragt. Er selbst, seine Techniker und Ingenieure sind optimistisch, dass sie diese wieder bekommen.
Einmal Wasserflugzeug und zurück in die Luft
Ein „Nebenprodukt“ der Arbeit an dem Flugboot sorgt jetzt weltweit für Aufsehen: Iren Dornier und Wolfgang Wagner haben ein System entwickelt, mit dessen Hilfe ein Flugzeug innerhalb weniger Stunden in ein Wasserflugzeug verwandelt und nach Gebrauch auch wieder zurückverwandelt werden kann. Im Blick haben die beiden Männer Maschinen, die beispielsweise zu Löschflugzeugen umgewandelt werden könnten. Beide sind sich sicher, dass es dafür international einen Markt gibt. „Analysen besagen, dass der Bedarf für Wasserflugzeuge sehr hoch ist. Leider gibt es sie nur sehr begrenzt zu kaufen“, sagt Wolfgang Wagner. „Eine Neuentwicklung ist aufgrund der zu geringen Stückzahlen und der zu strengen Vorschriften nur schwer finanzierbar.“
Warum also nicht Bewährtes einfach weiterentwickeln? Das machen sie mit der Do 24 ATT, die über eine „einzigartige Rumpfstruktur“ verfügt. Die Lösung der Aufgabe bleibt dennoch kniffelig, da normale Flugzeuge für den Betrieb an Land und nicht auf dem Wasser ausgelegt sind. Es braucht aber für den Bausatz keine großen neuen Berechnungen oder langwierige Genehmigungen. Die Adaption am Flugzeug ist so ausgelegt, dass die im normalen Landbetrieb auftretenden Lasten nicht überschritten werden.
Auch die Geometrie des Schwimmwerks in Relation zum Flugzeug hat Wolfgang Wagner bei der Neukonstruktion berücksichtigt – sie ist für den sicheren Betrieb unerlässlich. Für die Praxis bedeutet das: Der Abstand zwischen dem Propeller und der Wasseroberfläche wird vergrößert. Dafür hat der Konstrukteur eine Einziehvorrichtung vorgesehen: Im Wasserbetrieb wird das Boot zur Vergrößerung des Abstands zwischen Wasseroberfläche und Propeller nach unten gefahren. Im Flug dagegen wird es nach oben gezogen. Dadurch wird der aerodynamische Widerstand minimiert.
Es gibt immer mehr Anfragen aus aller Welt
Egal, wie groß das umzurüstende Flugzeug ist, das Prinzip für das System, das an die Größe des Flugzeugs angepasst wird, ist immer das gleiche. Der Umbau selbst geht auf einer Art mobiler Rampe vonstatten, von der aus das Flugzeug ins Wasser gelassen werden kann. Zudem kann es auch selbst ins Wasser gleiten. Richtig Fahrt aufnehmen könnte das Projekt in drei Jahren. Bis dahin soll das System mit allen Details ausgelegt und entschieden sein, welche Materialien für den Bau herangezogen werden. Die Anfragen aus aller Welt häufen sich. Die beiden sagen: „Beispielsweise bei der Brandbekämpfung über ganzen Wäldern könnte die Konstruktion hervorragende Dienste tun.“ Vorgesehen ist, dass zunächst eine Flugzeugflotte mit dem System ausgestattet wird. Iren Dornier und Wolfgang Wagner denken beispielsweise an Militärflugzeuge, die einerseits bei Waldbränden rasch zum Firefighter oder anderseits für Offshore Aufgaben umgerüstet werden können. Wolfgang Wagner freut sich, dass das System so eng mit der „alten“ Do 24 ATT verbunden ist. „Sie ist einfach klasse.“