SPD-Landeschef Nils Schmid Foto: dpa

Mit ihrer Initiative zur Abschaffung der Optionspflicht ist Grün-Rot in Berlin gescheitert. Die Südwest-CDU ist mit dem Kompromiss zum Doppelpass zufrieden. Die SPD will keine Ruhe geben.

Mit ihrer Initiative zur Abschaffung der Optionspflicht ist Grün-Rot in Berlin gescheitert. Die Südwest-CDU ist mit dem Kompromiss zum Doppelpass zufrieden. Die SPD will keine Ruhe geben.

Stuttgart - Der baden-württembergischen SPD geht die Einigung zur doppelten Staatsbürgerschaft nicht weit genug. „Unser Ziel bleibt weiterhin die gänzliche Abschaffung der Optionspflicht“, kündigte Landeschef Nils Schmid in Stuttgart an. „Der Kompromiss auf Bundesebene ist ein wichtiger Zwischenschritt auf diesem Weg.“

Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) sagte am Freitag: „Es ist kein Geheimnis, dass ich eine vollständige Abschaffung der Optionspflicht bevorzuge.“ Der jetzt gefundene Kompromiss müsse in der Praxis beweisen, dass er Betroffenen und Behörden tatsächlich Erleichterungen gegenüber dem Status quo bringt. „Sollte das so sein, ist die jetzt gefundene Regelung eine Verbesserung in Hinblick auf den ersten Entwurf des Bundesinnenministers.“

Die am Donnerstag bekanntgewordene Einigung von Union und SPD in Berlin sieht vor, dass die Optionspflicht für Menschen entfällt, die acht Jahre in Deutschland gelebt haben, sechs Jahre zur Schule gegangen sind oder die Schule beziehungsweise eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. In einem Referentenentwurf war zuvor ein zwölfjähriger Aufenthalt als Voraussetzung geplant.

Strobl ist zufrieden

CDU-Landeschef Thomas Strobl hält die Einigung für „sinnvoll“ für den Zusammenhalt der Gesellschaft. „Den Doppelpass und die deutsche Staatsbürgerschaft gibt es nicht auf der Durchreise“, ließ er am Freitag in Stuttgart mitteilen. Die geplante Regelung setze „eine gewisse Identifikation mit unserem Land voraus - die Geburt in Deutschland allein reicht nicht“.

„Wir haben uns in dem für uns als Union entscheidenden Punkt durchgesetzt“, bilanzierte Strobl. Mit dem Kompromiss bleibe man auf der Basis des Koalitionsvertrages. „Wichtige Detailfragen werden wir im Gesetzgebungsverfahren in aller Ruhe klären.“ Die Initiative der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sei „auf der ganzen Linie gescheitert“. Die drei Länder hatten die vollständige Abschaffung der sogenannten Optionspflicht gefordert.

Schmid lobt Ländervorstoß

SPD-Landeschef Schmid erklärte hingegen: „Ohne den Vorstoß von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wären diese Verbesserungen nicht möglich gewesen.“ Deswegen sei es wichtig gewesen, das Thema noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.

Nach längeren koalitionsinternen Auseinandersetzungen in Berlin hatten sich Union und SPD auf den Gesetzentwurf geeinigt. Der gefundene Kompromiss sieht so aus: Kinder aus Zuwandererfamilien können demnach künftig schon vor ihrem 21. Geburtstag selbst aktiv werden und die dauerhafte doppelte Staatsbürgerschaft beantragen. In dem Fall müssen sie die nötigen Nachweise selbst erbringen.

Ergreifen sie nicht selbst die Initiative, prüfen die Behörden, ob die Voraussetzungen für den Doppelpass erfüllt sind, sobald jemand 21 geworden ist. Den Plänen nach soll zunächst im Melderegister geprüft werden, ob der Betroffene acht Jahre in Deutschland gemeldet war. Ist dies der Fall, behält er automatisch beide Pässe. Andernfalls schreiben die Behörden den Betroffenen an und bitten um einen der übrigen genannten Nachweise - also etwa ein Schulabschlusszeugnis.

Bislang bekommen die Betroffenen - vor allem Deutsch-Türken - mit der Geburt den deutschen und einen anderen Pass und müssen sich bis zum 23. Geburtstag für eine Staatsbürgerschaft entscheiden.

Grüne: "Halbherziger Schritt"

Die Grünen-Landesvorsitzenden Thekla Walker und Oliver Hildenbrand kritisierten: „Dieser Kompromiss ist ein halbherziger Schritt, aber integrationspolitisch kein Erfolg.“ Um eine kleine Minderheit auszuschließen, habe die große Koalition ein kompliziertes Gesetz mit unnötigem bürokratischem Aufwand geschaffen. „Die unzeitgemäße Entscheidungspflicht muss für alle jungen Menschen in Deutschland wegfallen - ersatzlos und vollständig“, forderten sie. „Wir brauchen eine ernst gemeinte Willkommenskultur und sollten uns freuen über jeden, der Deutscher werden möchte.“

SPD-Generalsekretärin Katja Mast bezeichnete Strobl als „Schwätzer“. „Gestern wollte er noch die Koalition platzen lassen, heute behauptet er, die Union habe sich bei dem Kompromiss durchgesetzt“, erklärte sie. Dabei habe sich der CDU-Innenminister nach der Initiative der SPD auf die Position der Sozialdemokraten zubewegt.