Für ihre Filzzwillinge benötigt Trixi Geng aus Heumaden lediglich Fotos eines lebenden beziehungsweise verstorbenen Haustieres Foto: Caroline Holowiecki

Trixi Geng aus Stuttgart-Heumaden liebt Tiere und Handarbeit. Sie kombiniert diese beiden Leidenschaften, indem sie Vierbeiner kopiert. Seither kann sie sich vor Bestellungen kaum mehr retten.

Heumaden - Die beiden Katzen ähneln sich bis aufs Schurrhaar. Die gleichen blauen Augen, das gleiche braun melierte Fell in unterschiedlichen Cappuccino-Tönen. Die Siamkatze blickt ihr Ebenbild verwundert an, halb interessiert, halb respektvoll und ängstlich. So ganz geheuer scheint es ihr nicht zu sein. Die beiden Katzen sind Zwillinge, nur dass die eine sehr viel kleiner ist. Und nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Filzwolle.

Trixi Geng aus Heumaden stellt die Tier-Doppelgänger her, und zwar nach Fotos des lebenden beziehungsweise bereits verstorbenen Originals. Ein einzelnes Porträtbild reicht ihr allerdings nicht. Sie muss den ganzen Körper aus verschiedenen Perspektiven sehen. Welche Färbung hat das Fell am Rücken, wie ist der Schwanz geformt? „Das muss alles stimmen. Die Leute wollen nicht irgendeine Katze, sie wollen ihre Katze.“ Außerdem hilft es ihr, mehr über den Charakter des tierischen Freundes zu erfahren. „Ist es ein Draufgänger oder ein Schüchterner? Ich stelle mir das Tier schon vorher vor.“

Die Künstlerin arbeitet echte Schnurrhaare ein

Fürs Filzen benötigt sie nur spezielle Nadeln, eine Schaumstoffunterlage, Vlieswolle in allen möglichen Farben – und ihre Fantasie. Die Nadeln haben winzige Widerhaken. Werden sie in die Wolle gestochen, ziehen die Häkchen die Wollhaare kreuz und quer durcheinander und bei jedem Stich ein bisschen fester zusammen. Der Clou: Für den perfekten Samtpfötchen-Look arbeitet die Künstlerin echte Schnurrhaare ein.

Dass Trixi Geng ihr Herz an Katzen verloren hat, wird jedem schlagartig klar, der die Wohnung betritt. Zehntausende Stubentiger schmücken die Zimmer. Die Vitrinen im Wohn- und im Schlafzimmer sind gerammelt voll mit Porzellanfigürchen, an den Wänden hängen Katzenbilder, getrunken wird aus Katzentassen, Vorhänge mit Katzenmotiven verhüllen die Fenster. Natürlich leben auch zwei echte Katzen in der Wohnung. Trixi Geng trägt einen Katzenmundschutz zu Katzenhausschuhen. Sie selbst benutzt den Begriff Katzenmuseum und führt Besucher bereitwillig herum. „Ich sammle seit mehr als 40 Jahren“, sagt sie, und als sie vor einiger Zeit auf Anleitung einer Freundin mit dem Filzen begann, stellte sie – natürlich – alsbald eine Katze her.

Sie hat sich das selbst beigebracht

Beim Zwillingsfilzen kann Trixi Geng ihre beiden Leidenschaften ausleben: die Liebe zu Tieren und ihr Talent fürs Handarbeiten. „Ich habe lang die Bastelgruppe der Begegnungsstätte in Heumaden geleitet“, erklärt sie, einen Kurs habe sie indes nie besucht. Was die 70-Jährige kann, hat sie sich selbst angeeignet. Längst ist sie beim Filzen nicht mehr nur auf Katzen gebucht. Auch Hunde aller Rassen, Kaninchen, Hamster, Schafe, Vögel oder Schildkröten hat sie schon hergestellt. Etwa fünf Stunden brauche sie, um ein Stück Wolle zum Leben zu erwecken. Fotos der kleinen Werke neben dem echten Tier veröffentlicht sie auf ihrer Facebook-Seite „Trixis Filz-Zwillinge“.

Die Ergebnisse sind begehrt. Das Ganze läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda. Anfragen bekomme sie nahezu täglich. Wer gegen Bezahlung eine Bestellung aufgeben möchte, muss um die zehn Wochen warten. Jetzt, im Advent, ist Trixi Geng besonders beschäftigt. Bereits im September habe sie Interessenten mitteilen müssen, dass ihre Kapazitäten fürs Herstellen von Weihnachtsgeschenken restlos ausgeschöpft seien. „Ich verschenke auch ganz viel“, sagt sie. Trixi Geng ist wichtig: Das Zwillingsfilzen ist für sie in erster Linie ein Hobby, und das soll es auch bleiben, „weil es mir einfach Spaß macht“.