Ein Dauerbrenner im Fernsehen: Das Team um den Klinikleiter Dr. Roland Heilmann (Thomas Rühmann, Mitte) und die Oberärztin Dr. Kathrin Globisch (Andrea Kathrin Loewig, 2. von links) . Foto: MDR/Saxonia Media/Tom Schulze

Jubiläum in der Sachsenklinik: Von der erfolgreichen Krankenhausserie „In aller Freundschaft“ wird nun die 1000. Folge gesendet. Warum schalten jeden Dienstag so viele ein?

Man könnte verstehen, wenn sich Ärzte und Pfleger ärgern: Wer gelegentlich die Fernsehserie „In aller Freundschaft“ schaut, kann nur enttäuscht werden, sobald er in ein reales Krankenhaus muss. Die Vorabendserie hat das Publikum verzogen und in die Köpfe die Vorstellung gepflanzt, dass ein Klinikaufenthalt eine schöne Angelegenheit ist.

Bei „In aller Freundschaft“ werden die Patienten rundherum gehätschelt. Der Chefarzt schiebt die Kranken persönlich im Rollstuhl durch die Flure. Die Pflegekräfte kümmern sich rührend auch um private Nöte. Und statt unwirtlicher Mehrbettzimmer gibt es flotte Einzel mit Hotelcharme.

Doppelfolge zu Jubiläum

Leider sieht die Realität anders aus, aber die Vorstellung ist so schön, dass „In aller Freundschaft“ zur erfolgreichsten deutschen Krankenhausserie wurde. Deshalb wird am Dienstag, 31. Januar die tausendste Folge ausgestrahlt – und die Nummer 999 vorab um 20.15 Uhr als Doppelfolgen-Special. Es wird viel zu tun geben in der Sachsenklinik: Hitzewelle in Leipzig und eine Gallengangsatresie.

Hier gibt es, was man in kaum einer Klinik hat: Zeit

Was aber macht die Serie so erfolgreich, dass jeden Dienstag rund fünf Millionen Menschen zuschauen, wie Dr. Heilmann „In den Schockraum“ sagt oder im OP geschnippelt wird? Es ist die Hoffnung, die verbreitet wird. Hoffnung, dass alles für die Patienten getan wird. In der Sachsenklinik wird an keiner Untersuchung gespart, und es gibt keinen Pflegenotstand. Hier hat jeder, was im wahren Klinikalltag rar ist: Zeit.

Trotzdem wird beim MDR und der Saxonia Media Filmproduktion Leipzig viel getan, um sich auf dem Erfolgsrezept nicht auszuruhen, sondern die Serie frisch zu halten. Regelmäßig wird das Klinikpersonal ausgewechselt. Der Trailer wurde flott gemacht und das Krankenhaus aufgepeppt. Ein Erfolg wurde der Ableger „Die jungen Ärzte“; die jüngere Mannschaft in Erfurt geht nun auch schon ins achte Jahr.

Die Serie ist bewusst divers geworden

„Die Krankenschwestern“, die 2018 nachgelegt wurden, floppten allerdings. Offenbar genügt es nicht, dass eine Serie einfach nur im Krankenhaus spielt, sondern es scheint entscheidend zu sein, dass Kranke dank aufopfernder Hilfe geheilt werden. Das lässt auch der Erfolg der vielen anderen Doktoren vermuten, die im deutschen Fernsehen tätig sind oder waren: „Der Bergdoktor“, „Der Landarzt“, „Die Inselärztin“, „Familie Dr. Kleist“ und „Die Schwarzwaldklinik“. Sie alle vermitteln die schöne Illusion, dass sich so ziemlich alle Krankheiten heilen lassen.

Als „In aller Freundschaft“ 1998 zum ersten Mal lief, konzentrierte sich die Serie auf drei Ärzte. Seither ist das Team größer und diverser geworden. Mit Tan Caglar als Dr. Demir hat man einen entschiedenen Schritt in Sachen Vielfalt getan: Er hat nicht nur Migrationshintergrund, sondern operiert im Rollstuhl.

Auch schlechte Laune gehört zum Konzept

Es gehört längst auch zum Konzept, dass ein unsympathischer Charakter die Harmonie aufmischt. Lange war der Belegarzt Rolf Kaminski dafür zuständig, Übellaunigkeit und Arroganz zu verbreiten. Im Alter ist er versöhnlicher geworden, sodass nun Julian Weigend als Dr. Kai Hofmann für schlechte Stimmung sorgen muss. So entwickelt sich die Serie moderat, aber stetig weiter. Bei einer Laufzeit von mehr als zwanzig Jahren bleibt es nicht aus, dass Schauspieler sterben – Hendrikje Fitz, Ursula Karusseit und Dieter Bellmann.

Oft muss die Belegschaft selbst behandelt werden

In der Doppelfolge zum Jubiläum ist eine geheime Hochzeit geplant. Es kämen einige Kandidaten in Frage: Der Klinikleiter Roland Heilmann (Thomas Rühmann) und die Oberärztin Kathrin Globisch (Andrea Kathrin Loewig) zum Beispiel oder die Neurochirurgin Lilly Phan (Mai Duong Kieu) und der Pfleger Kris (Jascha Rust). Denn längst wird in der Sachsenklinik fast ausschließlich kreuz und quer geliebt. Aus Kostengründen wurden die meisten Anhänge außerhalb der Klinik ausrangiert. Es gehört auch zum (Spar-)Konzept, dass die Belegschaft oft selbst behandelt werden muss. Fast jeder aus dem Team ist dem Tod schon mal knapp von der Schippe gesprungen.

Alles wie im wahren Leben? Eben nicht. Deshalb können die Ärzte der Sachsenklinik auch so ziemlich alles operieren, was auf den Tisch kommt. Zum Jubiläum allerdings holt Dr. Heilmann doch den Rat eines Kollegen in Südafrika ein. Es ist Achim Kreutzer (Holger Daemgen), der einer der Ärzte der ersten Stunde von „In aller Freundschaft“ war und zur Feier des Tages einen Gastauftritt erhält.

Schöne Fernsehwelt

Diskussionen
Im Internet wird auf dem Portal www.wunschliste.de seit Jahren jedes Detail von „In aller Freundschaft“ vom Publikum diskutiert. Zum Thema Glaubhaftigkeit schreibt jemand: „Was mich immer wieder am meisten ärgert ist diese unrealistische Darstellung. Da werden Patienten direkt am Eingang von Ärzten/Schwestern in Empfang genommen. Ich habe gestern in einer Arztpraxis 2h meiner kostbaren Lebenszeit im Wartebereich mit weiteren 30 Patienten vertrödelt. Ich werde das nächste Mal in die Sachsenklinik fahren.“

Doppelfolge
Dienstag, 31.1. 20.15 Uhr im Ersten