Bei dem Erfurter Sportarzt sind „40 bis 50“ 500-Milliliter-Blutbeutel gefunden worden, mit dem die Athleten ihr Blut manipuliert haben sollen. (Symbolbild) Foto: dpa

In den Dopingskandal um den Erfurter Sportarzt Mark S. ist offenbar auch ein deutscher Athlet verwickelt. Ein Eisschnellläufer soll sein Blut manipuliert lassen haben.

Köln - Der Doping-Skandal um den Erfurter Sportarzt Mark S. ist offenbar endgültig im deutschen Sport angekommen. Wie die ARD-Dopingredaktion am Sonntag berichtete, soll ein deutscher Eisschnellläufer und Olympia-Teilnehmer wiederholt sein Blut vom Erfurter Netzwerk um den seit Ende Februar inhaftierten Mediziner manipuliert haben lassen. Auch weitere involvierte Sportler sollen laut der ARD-Dopingredaktion aus Deutschland kommen. Der Name des betroffenen Eisschnellläufers sei der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) mittlerweile bekannt, so die ARD.

21 Sport aus acht Ländern sind im Visier

Die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) kündigte auf SID-Anfrage vom frühen Sonntagabend eine Stellungnahme „zu einem späteren Zeitpunkt“ an. Nach Angaben der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Dopingkriminalität in München sind derzeit 21 Sportler aus acht europäischen Ländern im Rahmen der „Operation Aderlass“ im Visier der Ermittler. In zwölf Ländern, darunter im US-Bundesstaat Hawaii und im Olympiaort Pyeongchang, sollen sie zwischen 2011 und 2019 unter Anleitung des Erfurter Netzwerks Eigenblut-Doping betrieben haben. Vier der fünf nach derzeitigem Stand involvierten Sportarten sind mittlerweile bekannt: Eisschnelllauf, Leichtathletik, Skilanglauf und Radsport. „Ein nicht unerheblicher Teil der Athleten war im Radsport tätig“, sagte Oberstaatsanwalt Kai Gräber der ARD. Möglich, dass auch renommierte Sportler darunter sind, denn Gräber führte aus: „Auch Radsportler sind betroffen, die an großen und langen Rundfahrten teilgenommen haben.“

„Grandiose Beweislage“

Der Oberstaatsanwalt hatte am Mittwoch bei der Pressekonferenz der Schwerpunktstaatsanwaltschaft von einer „grandiosen Beweislage“ gesprochen, die Frage nach betroffenen deutschen Sportlern aber „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht beantworten wollen. Einschließlich des gefallenen Kronzeugen Johannes Dürr sind bisher neun Sportler aus Österreich, Estland und Kasachstan im Zuge der „Operation Aderlass“ aufgeflogen. „Wir werden“, sagte Gräber zur Einschätzung, „vielleicht mehr Sportler ermitteln als bei Fuentes, ich denke schon, dass das eine relativ große Geschichte ist.“

Im angesprochenen Fall des spanischen Mediziners Eufemiano Fuentes galten mehr als 50 Radsportler als des Dopings verdächtig. Das Ausmaß ist bereits jetzt gigantisch. Gräber hatte am vergangenen Mittwoch von einer „dreistelligen Anzahl von Fällen der Blutentnahme und -rückführung“ gesprochen, die seit dem Jahr 2011 und bis zu den nordischen Ski-Weltmeisterschaften im Februar in Seefeld „weltweit stattgefunden“ habe. In Erfurt seien „40 bis 50“ 500-Milliliter-Blutbeutel gefunden worden, die es nun zuzuordnen gelte.