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Der Sportmediziner und Dopingfahnder aus Leidenschaft fordert ein Anti-Doping-Gesetz.

Stuttgart - Er ist ein Feind des Dopings und ein Freund klarer Worte. Helmut Pabst, Arzt und Dopingfahnder aus Leidenschaft, fordert im Kampf gegen Betrüger mehr Unterstützung durch den Staat: „Wir brauchen ein Anti-Doping-Gesetz.“

Herr Pabst, Sie sind Sportmediziner und jagen seit 1990 potenzielle Dopingsünder. Führen Sie eine Strichliste Ihrer positiven Fälle?

(Lacht.) Nein, ich strebe nicht nach einer möglichst hohen Erfolgsquote.

Wo liegt dann Ihre Motivation?
Doping ist eine ganz verteufelte Geschichte – mit Nebenwirkungen, die keiner kalkulieren kann. Doping kann tödlich enden. Das ist der eine Punkt.

Und der andere?
Ich war selbst Bundesliga-Basketballer bei 1860 München. Doping widerspricht meinen Gedanken von einem fairen Sport.

Gutes Stichwort: In diesem Jahr finden die Olympischen Spiele in London statt. Es gibt eine Studie, laut der 60 Prozent der Spitzensportler für eine Goldmedaille auf fünf Jahre ihres Lebens verzichten würden.
Schrecklich, oder? Es muss ein anderes Denken in die Köpfe. Allerdings ist der Sport nur ein Abbild der Gesellschaft. Wenn junge Menschen gefragt werden, ob sie für viel Geld früher sterben würden, nehmen sie auch das Geld. Sie denken nicht ans Alter.

Aber immer früher an Erfolge. In Innsbruck gab es passenderweise im Januar die ersten Olympischen Jugend-Winterspiele.
Grauenhaft. Ich hasse dieses Ding. Das ist völlig kontraproduktiv. Da schwappt der ganze Dopingsumpf nach unten.

Werden dort die Doper von morgen gemacht?
Unter Umständen, denn wir wissen ja, dass es sehr ehrgeizige Eltern gibt, die einen Olympiasieger in der Familie haben wollen – auch wenn er erst 14 oder 15 ist. Stattdessen müssten Eltern, Trainer und Funktionäre die Kinder stark machen, damit sie Nein sagen können. Nein zu Alkohol, nein zu Nikotin und auch nein zu Doping.

Gab es in Innsbruck auch Dopingkontrollen?
Sicher.

Sie nehmen schon seit mehr als 20 Jahren Leistungssportlern Urin und Blut ab. Wie haben sich die Kontrollen entwickelt?
Das ist ein Unterschied wie zwischen Steinzeit- und Raketenzeitalter. Allein der Verschluss der Behälter. Früher wurden die Flaschen in offenen Styroporkartons angeliefert, verschlossen nur mit Plastikkappen. Dann wurde der Urin aus nicht versiegelten Bechern eingefüllt. Auf die Plastikkappe kam ein Siegellack mit einem Stempel von uns. Das heißt: Jeder unserer Kontrolleure hätte die Flasche problemlos öffnen, den Inhalt austauschen und wieder versiegeln können. So etwas ist heute unvorstellbar.