Ex-Radprofi Jan Ullrich wird vom Internationalen Sportgerichtshof wegen Dopings schuldig gesprochen.

Lausanne/Berlin - Fünf Jahre nach seinem Rücktritt ist Jan Ullrichs Akte als Profiradsportler mit einer Doping-Verurteilung geschlossen worden. Der Internationale Sportgerichtshof CAS sperrte den einzigen deutschen Tour-de-France-Gewinner am Donnerstag rückwirkend vom 22. August 2011 an für zwei Jahre für alle Aktivitäten im Profiradsport. Zudem annullierte das Gericht alle Ergebnisse Ullrichs seit dem 1. Mai 2005 - darunter Rang drei bei der Tour de France 2005 und den Gesamtsieg bei der Tour de Suisse 2006.

Grund für die Verurteilung waren seine Verstrickungen in die Affäre um den mutmaßlichen spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes - die schon die Staatsanwaltschaft Bonn 2007 offengelegt hatte. Nach Ansicht des CAS war Ullrich, der Doping bislang stets bestritten hat, spätestens vom 1. Mai 2005 an Kunde von Fuentes. Er habe sich des Blutdopings schuldig gemacht. Dies hätten Dokumente belegt. Unter anderem habe Ullrich mehr als 80.000 Euro an den Mediziner bezahlt.

Kein Widerholungstäter

Der Weltverband UCI hatte in der CAS-Anhörung zum Fall am 22. August 2011 eine lebenslange Sperre gefordert. Weil Ullrich aber nicht als Wiederholungstäter anzusehen ist, beschränkte sich das Gericht auf eine Zwei-Jahres-Sperre. In einer Mitteilung zeigte sich der CAS überrascht, dass sich Ullrich in der Sache nicht gegen die Vorwürfe und Beweise wehrte.

Aber anders als Alberto Contador fühlte sich Ullrich durch die CAS-Entscheidung nicht ins Unglück gestürzt. Im Gegenteil: Der 38-Jährige wertete das Urteil im Vorfeld als überfällige Gelegenheit für einen Schlussstrich unter seine wechselvolle Profikarriere. Spätestens bis Freitag will sich Ullrich zum CAS-Verdikt äußern. „Die Anwälte prüfen das Urteil“, sagte Ullrich-Manager Falk Nier am Donnerstag. An seiner persönlichen Vergangenheitsbewältigung hat Ullrich mit Hilfe seiner Berater lange feilen können - das Urteil der Kammer in Lausanne war ähnlich wie im Fall Contador immer wieder verschoben worden.

Ullrich, der nach seinem Tour-Sieg 1997 zum Darling der deutschen Fans und Medien aufstieg, lebt seit Jahren in Scherzingen auf der Schweizer Seite des Bodensees und hielt bis 2006 die Schweizer Profilizenz. Swiss Cycling hatte 2010 die Ermittlungen vor dem Hintergrund der Doping-Affäre Fuentes eingestellt mit dem Hinweis auf „fehlende Disziplinargewalt“. Gegen diese Entscheidung war die UCI vor den CAS gezogen.

2010 unter Burnout gelitten

Nachdem er 2010 an einem Burnout-Leiden erkrankt war, tastete sich der Olympiasieger von Sydney unter Leitung eines neuen Managements im Vorjahr vorsichtig zurück in die Öffentlichkeit. Im Sommer zeigte er sich als Hobbyfahrer beim Ötztal-Marathon wieder im alten Metier - und wurde von den eingefleischten Fans bejubelt. Zuletzt wagte sich der frühere „Sportler des Jahres“ beim Ball des Sports in Wiesbaden auch wieder auf das große Parkett.

Einen Tag vor dem Urteil wirkte der Familienvater auf einem PR-Termin in Bielefeld so gelöst und locker, wie man ihn aus aktiven Zeiten nicht kannte. Bei der Präsentation hatte der Firmen-Geschäftsführer Eduard Dörrenberg die Lacher auf seiner Seite: Der Werbespruch des neuen Ullrich-Partnerunternehmens Alpecin („Doping für die Haare“) stünde in keinem Zusammenhang mit dessen Engagement, ließ er wissen.

„Für mich ist das ein Glückstag. Egal, wie es ausgeht: Ich hoffe auf ein faires Urteil“, hatte Ullrich in Bielefeld erklärt. Dort hatte er am Mittwoch angekündigt, nach dem Urteil „noch einmal Stellung zu nehmen und dann hak' ich das Thema ein für alle mal ab.“

Dass er in der Vergangenheit nicht immer alles richtig gemacht hat, weiß Ullrich selbst. „Mit Fehler meine ich, dass ich vielleicht früher hätte etwas sagen müssen“, unterstrich er bei dem PR-Termin. „Das wird sich alles aufklären.“ Er hätte sechs Jahre auf das Urteil warten müssen. „Ich habe sehr viel leiden müssen, bis hin zum Burnout. Das ist eine langwierige Geschichte, die mit dem Urteil für mich abgeschlossen ist. Der Urteilsspruch wird nichts an meiner Zukunft ändern“, hatte er am Mittwoch gesagt.