„Ich bin eine der Personen, die unter Terror-Generalverdacht nicht mehr in die USA einreisen dürfen“, sagt die Journalistin Amber Sayah. Foto: privat

Die Journalistin Amber Sayah lebt seit mehr als 30 Jahren in Stuttgart. Weil sie neben der deutschen auch die iranische Staatsbürgerschaft hat, ist auch sie von Donald Trumps Einreisestopp betroffen. Ihre Reaktion auf das Dekret beschreibt sie im Video.

Stuttgart - Erst im vergangenen Herbst war Amber Sayah zuletzt in den Vereinigten Staaten von Amerika – um ihre Familie zu besuchen, die dort lebt. Für die Reise hat sie ein Visum erhalten, das ihr für zehn Jahre Reisen in die USA erlauben sollte. „Das kann ich jetzt erstmal vergessen“, sagt Sayah, die neben der deutschen auch die iranische Staatsbürgerschaft hat. „Ich bin eine der Personen, die unter Terror-Generalverdacht nicht mehr in die USA einreisen dürfen“, sagt Sayah, die als Redakteurin im Kulturressort der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten arbeitet.

Donald Trump hatte am Freitag als ein Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus den mehrheitlich muslimischen Ländern Syrien, dem Iran, dem Irak, dem Sudan, Somalia, Libyen und dem Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit. Das Dekret sorgte für Chaos an Flughäfen, Unsicherheit unter Muslimen und weltweite Kritik aus Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft. In vielen US-Städten haben Tausende Menschen gegen das Dekret demonstriert.

Amber Sayahs Beispiel zeigt, welch große Verunsicherung unter den sogenannten Doppelstaatlern herrscht, die auch einen Pass eines der betroffenen sieben Länder besitzen. Nach Angaben des Innenministeriums gab es 2011 mehr als 135 000 Menschen in Deutschland, die neben dem deutschen Pass auch die iranische, irakische, syrische oder sudanesische Staatsangehörigkeit haben. Die Zahlen könnten aber allenfalls als Richtgröße dienen, sagte eine Sprecher. Neuere Zahlen gibt es nicht.

Die anfängliche Unsicherheit, ob Menschen mit einer doppelten Staatsbürgerschaft in die USA einreisen dürfen, hat sich erst nach und nach geklärt: Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Jürgen Hardt (CDU), hat bestätigt, dass in den USA das strikte Einreiseverbot für Staatsangehörige bestimmter islamischer Länder wieder gelockert wird. Hardt sagte am Mittwoch im RBB-Inforadio, „dass diejenigen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen - also beispielsweise eine deutsche (...) und außerdem eine Staatsbürgerschaft von eines dieser sieben Länder, die Trump auf diese Liste gesetzt hat, dass die mit dem Pass ihrer deutschen Staatsbürgerschaft nach Amerika einreisen können.“

Was der Einreisestopp für Amber Sayah bedeutet, schildert sie im Video:

Rechtliche Lage soll geklärt werden

Das Bundeskanzleramt setze gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt alles daran, besonders für die betroffenen Doppelstaatler „die rechtliche Lage zu klären und deren Interessen mit Nachdruck zu vertreten“, sagte Angela Merkel.

An Trumps umstrittenen Dekret überrascht Amber Sayah in erster Linie die Schnelligkeit und Radikalität, mit der der neue Präsident der USA vorgeht. Die Wahl in den USA hat auch innerhalb von Sayahs Familie zu Streit geführt. Einige ihrer Verwandten, die in den USA leben, hätten Trump im Vergleich zu Hillary Clinton für das „geringere Übel“ gehalten, sagt Sayah. Nun stelle sich für die Familie heraus, dass diese Annahme völlig falsch gewesen sei.

Linke prüft Klage vor dem Europäischen Gerichtshof

Nach dem radikalen US-Einreiseverbot hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Ton gegenüber US-Präsident Donald Trump deutlich verschärft. „Das Vorgehen widerspricht nach meiner Auffassung dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und der internationalen Kooperation“, sagte Merkel am Montag in Berlin. Der notwendige Kampf gegen den Terror „rechtfertigt in keiner Weise einen Generalverdacht gegen Menschen bestimmten Glaubens, in diesem Falle Menschen muslimischen Glaubens“ oder einer bestimmten Herkunft, sagte Merkel.

Die Linke prüft nach Angaben der Parteivorsitzenden Katja Kipping eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das Einreiseverbot. Auch die EU-Kommission will verhindern, dass EU-Bürger mit doppelten Staatsbürgerschaften vorerst nicht mehr in die USA reisen dürfen. „Wir werden sicherstellen, dass unsere Bürger nicht diskriminiert werden“, sagte ein Sprecher am Montag.

Amber Sayah und anderen betroffenen Menschen in Deutschland bringt das zunächst wenig. Sollte Trump seine Entscheidung angesichts der massiven Proteste nicht ändern, ist das Dekret bis auf Weiteres 90 Tage lang gültig.