US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un wollen sich bald treffen. Foto: AP

Wie könnte ein Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un aussehen? Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Seoul - Nach einem Jahr voller Drohungen kam die Kehrtwende überraschend. Donald Trump und Kim Jong Un wollen miteinander reden - und zwar von Angesicht zu Angesicht. Trump hätte die Chance, vor den Zwischenwahlen im Herbst einen diplomatischen Coup zu landen. Kim könnte sich damit punkten, einer Weltmacht auf Augenhöhe zu begegnen. Ein Durchbruch im Streit um das Atomprogramm des asiatischen Landes erscheint zumindest möglich. Ein Scheitern ist allerdings auch nicht ausgeschlossen.

Warum gerade jetzt?

Die internationalen Sanktionen dürften Nordkorea durchaus zu schaffen machen. Die Einladung von Kim könnte also auch darauf zurückzuführen sein, dass er fast keine andere Wahl hat, um seine Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Trump wiederum braucht dringend einen handfesten außenpolitischen Erfolg. Sollte er mit seiner oft als wenig feinfühlig kritisierten Art ausgerechnet in der Nordkorea-Krise Fortschritte erzielen, könnte dies auch den Ausgang der Kongresswahlen im November beeinflussen.

Beide hätten in der aktuellen Lage Interesse an einem „Big Deal“, sagt Cheong Seong Chang vom südkoreanischen Sejong-Institut. Sollte es tatsächlich zu einem Gipfel im Mai kommen, würde dieser unmittelbar auf ein für April angesetztes Treffen zwischen Kim und dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In folgen. Es sei wahrscheinlich, dass Pjöngjang dann im Laufe des Jahres Gespräche auch mit China, Russland und Japan anstreben werde, um die eigene Isolation zu beenden, sagt Cheong.

Wo könnte der Gipfel stattfinden?

Die USA würden einen Gipfel in Washington favorisieren. Nordkorea hingegen sähe Trump gerne als Gast in Pjöngjang. Denkbar wäre natürlich auch ein Ort in einem Drittland - eine naheliegende Option wäre Südkorea. Als symbolisch geeignete Wahl käme auch Panmunjom in der demilitarisierten Zone infrage, wo einst der Waffenstillstand im Koreakrieg ausgehandelt wurde.

Bisher hat noch nie ein amtierender US-Präsident einen Fuß auf nordkoreanischen Boden gesetzt. Für Trump könnte es daher durchaus einen gewissen Reiz haben, nach Pjöngjang zu fliegen. Es würde zum eigenwilligen und sehr direkten Führungsstil passen, mit dem er sich zu schmücken versuche, sagt Hong Min vom Institut für Nationale Vereinigung in Seoul. Dass der diplomatisch unerfahrene Kim in die USA reist, ist eigentlich nur schwer vorstellbar. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2011 hat er noch keinen einzigen ausländischen Staatschef getroffen - der geplante Gipfel mit Moon im April wäre seine Premiere.

Womit könnte Nordkorea den USA entgegenkommen?

Die eigenen Nuklearwaffen sind Kims größter Trumpf - und den wird er nicht ohne Weiteres aus der Hand geben. Die entscheidende Frage sei daher die, ob sich Trump darauf einließe, dass Nordkorea sein Atomprogramm nur einfriere und nicht gleich komplett abwickele, sagt Koh Yu Hwan von der Dongguk-Universität in Seoul. Denkbar wäre eine Art Kompromiss, in dessen Rahmen Pjöngjang zumindest einen umfassenden Einblick in die eigenen nuklearen Aktivitäten gewähren und internationale Inspektionen zulassen würde.

Bisher hatte Nordkorea stets ein Ende der gemeinsamen Militärmanöver von Südkorea und den USA gefordert. Insofern sei es bemerkenswert, dass Kim - zumindest nach Angaben der Regierung in Seoul - Verständnis für die Notwendigkeit dieser Übungen der beiden Alliierten geäußert habe, sagt Choi Kang von dem in der südkoreanischen Hauptstadt ansässigen Asian Institute for Policy Studies. Nach Einschätzung des Experten wäre es sogar denkbar, dass Kim mehrere in Nordkorea inhaftierte US-Bürger freilasse, um für eine gute Atmosphäre bei dem Gipfel mit Trump zu sorgen.

Inwiefern wäre der Gipfel ein Novum?

Der Wirbel der vergangenen Monate zeigt gewisse Parallelen zu einer Phase im Jahr 1994, als der damalige US-Präsident Bill Clinton schließlich den Abschluss eines wichtigen Atomabkommens zwischen Washington und Pjöngjang erreichte. Seine Außenministerin Madeleine Albright reiste im Jahr 2000 nach Pjöngjang. Im Gespräch war auch ein direktes Treffen zwischen Clinton und Kim Jong Il, dem damals regierenden Vater von Kim Jong Un. Dies kam aber nicht mehr zustande, bevor der Republikaner George W. Bush den Demokraten im Weißen Haus ablöste.

Heute ist Nordkorea ein ganz anderes Land als vor 20 Jahren. Mit den inzwischen fertiggestellten und getesteten Atomwaffen hat Kim ein wirksames Druckmittel. Gleichzeitig könnte es ein Vorteil sein, dass Trump noch immer am Anfang seiner Präsidentschaft steht - anders als Clinton, der erst kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus die Entspannungspolitik gegenüber Pjöngjang entscheidend vorantrieb.

Außerdem stehen sich mit Trump und Kim nun zwei Persönlichkeiten gegenüber, die beide zwar unberechenbar sind, gerade deswegen aber vielleicht auch für positive Überraschungen sorgen könnten. „Rein von der Chemie her könnten Trump und Kim miteinander zurechtkommen“, sagt der südkoreanische Experte Choi. „Sie sind beide etwas draufgängerisch - und sie sind beide darauf aus, einen Coup zu landen.“