Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung Peter Beyer: Wenn man auf Trumps Tweets eingeht, spielt man sein Spiel. Foto: dpa

Die Bundesregierung befürchtet, US-Präsident Trump könnte sich mit Russlands Staatschef Putin einigen – über die Köpfe der Verbündeten hinweg. So könnte er etwa die gewaltsam annektierte Krim als russisch anerkennen.

Stuttgart - Peter Beyer, der transatlantische Koordinator der Bundesregierung hält Trumps Umgang mit den engsten Verbündeten für inakzeptabel. „Das geht so nicht“, meint er im Interview mit unserer Zeitung.

Herr Beyer, wie gefährlich ist für die Nato das Treffen zwischen US-Präsident Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin?
Stuttgart. Wir haben die große Befürchtung, dass es zu irgendeiner Vereinbarung kommt, vielleicht eine Anerkennung der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim, dass es Alleingänge in Sicherheitsfragen gibt. Auch die übrigen Nato-Mitglieder sorgen sich, dass es, ohne die eigenen strategischen Partner miteinzubeziehen, mit Russland zu einem Deal kommt. Putin kommt ja derzeit aus dem Lachen gar nicht raus. Wenn Trump so weiter macht – und der Schaden ist ja jetzt schon da – schwächt er das transatlantische Bündnis. Das ist gefährlich für den Frieden. Auch wenn er mit dem Beharren auf höheren Verteidigungsausgaben recht hat.
Trump hackt auf Deutschland herum. Signalisiert er damit, dass er auf Verbündete pfeift?
Er weiß sicher, dass auch die USA Verbündete brauchen. Er befindet sich aber im Wahlkampfmodus. Deshalb richten sich viele seiner Äußerungen auch an die Seele seiner Anhänger. Das Problem: Wenn ein amerikanischer Präsident etwas sagt, entfaltet das weltweite Wirkung. Ich rate dazu, sich nicht zu sehr auf die Person Trump einzuschießen. Keine Frage, er hat die präsidiale Macht. Aber wenn man auf jeden Tweet eingeht, spielt man das Spiel des Donald Trump. Das sollten wir nicht tun. Ich kritisiere aber ganz klar den Umgang des Präsidenten mit seinen engsten Verbündeten. Das geht so nicht. Diese Konfrontation aufzubauen, wird den Amerikanern und uns nur schaden.
Untergräbt Deutschland nicht auch das Bündnis, wenn es sich zum Zwei-Prozent-Ziel bekennt und eine neue Verpflichtung zur weiteren Erhöhung der Einsatzbereitschaft eingeht, diese Verpflichtungen aber nicht einhält?
In der Tat haben wir uns zu lange darauf verlassen, dass andere, insbesondere Amerika, viel für uns tun. Nach dem Ende des Kalten Krieges ist die Bundeswehr ein Stück weit kaputtgeschrumpft worden. Die Wende, die eingeleitet worden ist, wird jahrelang dauern, bevor der desolate Zustand des vorhandenen Geräts beseitigt sein wird, plus die Neuanschaffungen. Das hat etwas mit Geld zu tun, aber nicht nur. Wir hätten in der Union auch noch mehr für die Steigerung des Verteidigungshaushalts getan, aber wir haben mit der SPD einen Koalitionspartner, wo das etwas schwieriger ist. Außerdem verfolgen wir auch das Ziel einer europäischen Verteidigungspolitik.
Betreibt US-Präsident Trump „Fake-Diplomatie“? Das heißt, es geht ihm nicht um echte Problemlösungen, er inszeniert sich lieber als anders als der politische Mainstream.
Wir haben lange danach gesucht: Wo ist das internationale, sicherheitspolitische Konzept des Donald Trump? Er wurde hochgespült durch große gesellschaftspolitische Veränderungen in den USA. Diese Veränderungen werden Trump auch überdauern. Unsere Aufgabe ist es daher, die Amerikaner wieder besser zu verstehen. Seine Unterstützer, die das Gefühl haben, abgehängt worden zu sein, füttert er mit seinen Slogans.
Welche Antwort gibt Europa auf die neue Rivalität zwischen den USA und China?
Unser europäisches System bedingt, dass wir uns immer verständigen müssen. Die komplett unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen, ist eine Schwäche unseres Systems. Wir müssen diese vermeintliche Schwäche dringend zu einer Stärke machen. Außenminister Heiko Maas sagt: Unsere Antwort auf „Amerika zuerst“ lautet „Europa vereint“. Und das ist richtig.
Nervt Sie eigentlich die Nebenaußenpolitik Ihres Parteifreundes Jens Spahn, der dem US-Botschafter Grenell eng verbunden ist?
Jens Spahn ist ein guter Freund und ein großes politisches Talent. Er kann viel und ist Bundesgesundheitsminister. Das weiß er auch. Aber er ist auch ein Machtpolitiker, der Ric Grenell schon länger kennt. Sie treffen sich auch im privaten Freundeskreis. Seit seinem Breitbart-Interview ist Grenell darum bemüht, eine konstruktive Rolle zu spielen. Ich komme mit ihm persönlich gut klar. Er hat umgeschwenkt nach der massiven Kritik auch aus den eigenen Reihen.