Blick auf die Klagemauer und den Felsendom in Jerusalem. Foto: AP

Die Ankündigung, die amerikanische Botschaftin Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen zu wollen, ist ein Kunstgriff von Trump, damit er von der Umsetzung seiner Zusage aus dem Wahlkampf reden kann, ohne dass er tatsächlich handeln muss.

Jerusalem - US-Präsident Donald Trump sieht sich gern als Macher, der sein Wort hält, als jemand, der handelt, wo andere zögern. Manchmal reicht es aber auch nur für einen Trick. Trotz heftiger Kritik aus der islamischen Welt will Trump an diesem Mittwoch als erster Präsident seines Landes die für Juden, Muslime und Christen heilige Stadt Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen und die Verlegung der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem ankündigen. Damit erfüllt er ein Wahlkampfversprechen an christliche Fundamentalisten und pro-israelische Geldgeber.

Um gleichzeitig aber nicht alle Chancen auf den „ultimativen Deal“ eines Friedensschlusses zwischen Israelis und Palästinensern zunichte zu machen, versieht der Präsident seinen Vorstoß mit allerhand Einschränkungen: Trump will Entschlossenheit demonstrieren, aber zumindest auf absehbare Zeit nicht allzu viel Konkretes ändern. Die Frage ist, ob er damit bei den diversen Akteuren im Nahen Osten auf viel Verständnis trifft. Die US-Regierung und Israel stellen sich jedenfalls auf eine Welle der Gewalt ein. Am Vorabend der Präsidenten-Rede, die am Mittwoch gegen 18 Uhr MEZ erwartet wurde, bemühten sich Regierungsvertreter, Trumps Affront gegenüber den Palästinensern und Arabern als Chance für den Frieden schönzureden.

Trump will sich zur Zwei-Staaten-Lösung bekennen

Dass die US-Botschaft bisher in Tel Aviv geblieben sei, habe Israelis und Palästinenser ja auch nicht enger zusammengebracht, lautet das Argument. In der Rede will sich Trump demnach eindeutig zur Zwei-Staaten-Lösung bekennen, was er bisher vermieden hat. Damit erfüllt er eine Forderung der Palästinenser, tut aber nicht mehr, als auf die traditionelle Linie der amerikanischen Nahost-Politik einzuschwenken: Bisher sah Washington ein friedliches Nebeneinander von Israel und eines künftigen Palästinenser-Staates als einzigen gangbaren Weg. Laut Regierungsvertretern will sich Trump auch nicht auf einen endgültigen Status Jerusalems festlegen. Demnach vermeidet er eine Aussage darüber, ob auch der von Israel 1967 eroberte palästinensische Ostteil der Stadt mit dem Tempelberg aus Sicht der USA zu Israel gehört oder nicht.

Der Präsident wird auch nicht die israelische Position übernehmen, wonach Jerusalem die „unteilbare“ Hauptstadt des jüdischen Staates ist. Vorerst wird in Jerusalem alles beim Alten bleiben: Obwohl es im Vorfeld der Trump-Rede hieß, die US-Botschaft könne schon im Frühsommer des kommenden Jahres von Tel Aviv nach Jerusalem umziehen, sagten Regierungsvertreter am Dienstagabend, der Prozess der Botschaftsverlegung werde drei bis vier Jahre dauern. Bis dahin will Trump – wie seine Vorgänger auch – den seit 1995 gesetzlich geforderten Botschaftsumzug verschieben und jedes halbe Jahr nach den Auflagen des Gesetzes den Verzicht auf den Umzug unterschreiben.

Rausreden ohne zu handeln

Die Ankündigung der Botschaftsverlegung ist ein Kunstgriff, damit Trump von der Umsetzung seiner Zusage aus dem Wahlkampf reden kann, ohne dass er tatsächlich handeln muss. Im Grunde müssten die USA ihr Konsulat in Jerusalem nur zur Botschaft erklären – „ein neues Schild aufhängen“, wie es in der „New York Times“ hieß. Doch davor schreckt Trump zurück. Der Präsident werde seine Wahlkampfversprechen lediglich symbolisch erfüllen, kommentierte die Nachrichten-Website Axios am Dienstagabend deshalb. „Vor Ort wird sich wenig ändern.“ Die Risiko besteht darin, dass die nach Trumps Manöver erwartete Empörung in der islamischen Welt möglicherweise ein Maß erreicht, das für die USA nicht mehr einzufangen ist. Die Wut der Menschen könnte aus dem Ruder laufen. Zudem könnte Trump mit seiner Entscheidung seine eigene Glaubwürdigkeit und die der USA so beschädigen, dass die Amerikaner als traditioneller Nahost-Vermittler ausfallen. Beim Thema Jerusalem gebe es keinen Spielraum, sagte Martin Indyk, ein früherer US-Botschafter in Israel, der „New York Times“.