Donald Trumps Sympathiewerte sind für einen Amtsstart im Weißen Haus historisch. Historisch schlecht. Gegen seine Person, seine Amtsführung und seine Entourage regt sich enormer Widerstand. Wie kann der Präsident sein Volk einen?
Washington - Eine seltsame Allianz scheint sich in den USA zu bilden. Oppositionelle Demokraten wie auch einige Parlamentarier der konservativen Republikaner, erzkonservative Parteispender, schwerreiche Unternehmer und linke Demonstranten - alle wollen etwas gegen Donald Trump tun. Nach einer guten Woche im Amt haben der neue US-Präsident und die, die ihm soufflieren, gezeigt, dass sie es ernst meinen. Trump löst zumindest vordergründig ein Wahlkampfversprechen nach dem anderen ein, völlig egal, wie sinnvoll das ist, und bewegt sich dabei meistens dicht am rechten Rand.
Auf der anderen Seite formiert sich auf allen Ebenen und in allen gesellschaftlichen Ecken massiver Widerstand gegen den Präsidenten. Die Demokraten versuchen den parlamentarischen Ungehorsam. Trumps designierte Minister müssen auf ihre Bestätigung im Senat warten. Bis dahin sind noch Obamas Leute im Amt und können zumindest Nadelstiche setzen. So wollte etwa das Justizministerium keinen Staatsanwalt schicken, wenn die Prozesse um Trumps Flüchtlings- und Einreisestopp verhandelt werden. Sally Yates, amtierende Justizministerin, nahm dafür ihre Entlassung in Kauf.
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Der Bundesstaat Washington klagt gegen Trumps Einreisepolitik. Vor dem Supreme Court demonstrierten Hunderte Demokraten am Montagabend mit Kerzen in der Hand. Chuck Schumer, der Oppositionsführer im Senat, weinte, als er zuvor über das Flüchtlingsthema sprach. Trump reagierte wenig mitleidig und wollte wissen, welchen Schauspiellehrer er hat.
Trumps Politik wird derzeit nur von 43 Prozent der Amerikaner unterstützt - das sind historisch schlechte Werte für einen neuen Mann im Weißen Haus. Sein Vorgänger Barack Obama war mit 68 Prozent Zustimmung gestartet und lag zum Schluss bei 57 Prozent. Der Nervenarzt John Gartner aus Maryland hat schon über 6000 Unterschriften von Leuten zusammen, die Trump für psychisch krank halten und ihn deshalb nach Artikel 3 des 25. Verfassungszusatzes aus dem Amt entfernen lassen wollen.
Trump wird das nicht allzu ernst nehmen. Doch spätestens wenn die Unternehmerbrüder Koch öffentlich zur Kritik ansetzen, sollte auch ein US-Präsident wahrnehmen, dass um ihn herum möglicherweise etwas im Gange sein könnte. „Das ist der falsche Ansatz“, hieß es am Wochenende trocken aus Palm Springs in Kalifornien zu Trumps hoch umstrittenem Einreisebann. Die politisch einflussreichen Geschäftsleute Charles und David Koch scharen alle zwei Jahre einen Kreis von schwerreichen Wirtschaftsführern um sich, die einen Teil ihres Geldes für politische Einflussnahme zur Verfügung stellen.
Auf fachlicher Ebene regt sich ebenso Widerstand
„Wir haben eine große Gefahr, weil wir entweder den autoritären Weg gehen können - oder wir können uns auf eine freie und offene Gesellschaft zubewegen“, sagt Charles Koch. Das ist für seine Verhältnisse eine sehr klare Aussage. Der Autobauer Ford, noch vor kurzem auf der Suche nach neuen Erlösquellen an Trumps Rockzipfel hängend, blies ins gleiche Horn. Ebenso das Management des Investmenthauses Goldman Sachs, ebenfalls bisher nicht als großer Trump-Kritiker aufgefallen. Von konservativ bis links-liberal: Trumps Politik geht Amerika gegen den Strich. Es ist, als ginge manchem gerade ein Licht auf.
Trumps Basis versucht dagegen zu schießen. Obama habe die gleiche Flüchtlingspolitik wie Trump verfolgt und Jimmy Carter auch, wird in rechtsgerichteten Netzwerken gepostet. Trumps mediale Allzweckwaffe Kellyanne Conway und Strippenzieher Steve Bannon sind vor und hinter den Kulissen omnipräsent. Trump hat den klassischen Medien den Krieg erklärt. Derzeit scheint es eher ein Gefecht mit mehreren Beteiligten um die Meinungsführerschaft im Land zu sein. Kaum zu glauben, dass dieses Amerika jemals wieder Einigkeit demonstrieren können wird.
Im Internet bekennen sich Millionen Menschen zu Bewegungen gegen Trump. In sozialen Netzwerken formieren sich Tausende hinter Hashtags wie #ImpeachTrump (enthebt Trump des Amtes). In den USA gehen Hunderttausende auf die Straße. „Nicht mein Präsident“, steht auf Bannern. In der Hauptstadt marschierten am Wochenende mehr als tausend Menschen spontan und weitgehend ungeplant zum Weißen Haus, am Montagabend demonstrierten wieder über tausend Leute vor dem Supreme Court, dem höchsten Gericht der USA. Botschaft: Was Trump macht, greift das Allerheiligste an, dass die Vereinigten Staaten zu verteidigen haben - ihre Verfassung und ihre demokratischen Werte.
Auch in Großbritannien gehen die Menschen auf die Straße
Und auch in Großbritannien gingen die Menschen gegen Trump auf die Straße. Zehntausende Menschen haben am Montag in London, Edinburgh und anderen Städten in Großbritannien gegen das umstrittene US-Einreiseverbot demonstriert. Vor dem britischen Regierungssitz in der Londoner Downing Street versammelten sich Tausende mit Schildern und Bannern. Sie forderten Premierministerin Theresa May auf, sich deutlicher von der Einreisepolitik des US-Präsidenten Donald Trump zu distanzieren.
Auch im britischen Parlament rief das umstrittene Dekret des neuen US-Präsidenten heftigen Widerspruch hervor. Die Abgeordneten kamen am Abend spontan zu einer außerordentlichen Debatte zusammen.
Zuvor hatte der britische Außenminister Boris Johnson das Einreiseverbot für Flüchtlinge und Bürger mehrerer mehrheitlich muslimischer Länder als „spaltend und falsch“ bezeichnet. Er versicherte im Parlament, britische Staatsbürger seien nicht betroffen.
Viele Abgeordnete wollten sich damit jedoch nicht zufrieden geben. Sie forderten, die Einladung an Trump zum Staatsbesuch zu überdenken oder ihm zumindest eine Rede vor dem Parlament zu versagen. Eine Petition, die geplante Staatsvisite des US-Präsidenten abzusagen, erhielt bis zum Abend rund 1,5 Millionen Unterschriften. Die Regierung hält jedoch an ihrer Einladung für Trump fest. Premierministerin Theresa May ließ wissen, sie sei „sehr glücklich gewesen“, den US-Präsidenten nach Großbritannien einzuladen.
Auch Obama meldet sich zu Wort
Am Montag meldete sich einer zu Wort, der noch vor ein paar Tagen erklärt hatte, er wolle künftig weitgehend den Mund halten: Barack Obama. Er werde sich nur einmischen, wenn er eherne demokratische Grundwerte verletzt sehe, hatte der Präsident an seinem vorletzten Tag im Amt verkündet. Dass er sich keine zwei Wochen später öffentlich äußert, spricht Bände. „Dass Bürger ihr verfassungsgemäßes Versammlungsrecht wahrnehmen, sich organisieren und ihre Stimmen den Gewählten zu Gehör bringen ist genau das, was wir erwarten, wenn amerikanische Werte auf dem Spiel stehen.“
Auf fachlicher Ebene regt sich ebenso Widerstand. Diplomaten des US-Außenministeriums aus aller Welt richteten einen Brief an ihre Behörde und erklärten sich nicht einverstanden mit dem von Trump verhängten Einreisestopp. „Dieser Bann wird seine Ziele nicht erreichen und wahrscheinlich kontraproduktiv sein“, heißt es in dem Schreiben. Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, konterte mit der typischen Rhetorik, die derzeit in der US-Regierung vorherrscht: „Sie sollten sich an das Programm halten, oder sie können gehen.“