Dominique Horwitz, hier auf der Bühne des Deutschen Nationaltheaters in seiner Heimatstadt Weimar in einer Aufführung von Friedrich Schillers „Wallenstein“ Foto: dpa/Martin Schutt

Er gehört zu den bekanntesten Schauspielern Deutschlands. Im Rahmen des Europäischen Kultursommers mit dem Gastland Frankreich ist Dominique Horwitz mit seinem Jacques-Brel-Programm in der Fellbacher Schwabenlandhalle zu Gast.

Der Europäische Kultursommer in Fellbach widmet sich in den kommenden zwei Monaten dem Gastland Frankreich. Da passt es, dass mit Dominique Horwitz ein Akteur zu Gast ist, der in Paris geboren wurde und Französisch perfekt spricht. Kurz vor seinem Gastspiel mit seinem Jacques-Brel-Programm in der Schwabenlandhalle spricht der 66-Jährige, der in Weimar lebt, im Interview mit unserer Zeitung über Chansons, Theaterabende, Kriminalromane und auch über sein Markenzeichen, seine Ohren.

Herr Horwitz, Sie sind offenbar von klein auf mit Jacques Brel aufgewachsen – wie war das damals, haben Sie sogar schon mitgesungen?

Nein, das habe ich erst mit 15 Jahren gemacht, als ich mir einbilden konnte, seine Texte zu erfassen.

1984 „erster hochgelobter Brel-Abend“ Münchner Residenzabend, seit 1997 heißt es „Dominique Horwitz singt Jacques Brel“. Andererseits haben Sie erst kürzlich gesagt: „Das Leben ist viel zu spannend und zu schön, um immer gleiches zu wiederholen.“ Aber bei Brel kann man immer wieder Neues entdecken? Was ist das Geheimnis von Jacques Brel?

Er ist ein solcher Menschenkenner, er ist seinen Figuren immer so nah. Je länger man sich mit ihm beschäftigt, desto mehr hat man – als Sänger und Schauspieler – das Gefühl, dem Leben seiner Figuren etwas beizutragen zu können.

600 Lieder gibt es von ihm – Sie kennen vermutlich alle. Wenn Sie die in Fellbach alle präsentieren würden, gebe es wohl ein zweitägiges Nonstop-Konzert.

Beileibe nicht alle sind es wert, vorgeführt zu werden. Er hat sehr früh angefangen, zu komponieren, und es hat doch ein paar Jahre gedauert, bis er zum Großmeister des französischen Chansons wurde.

Welche „Gassenhauer“, der Begriff scheint mir nicht ganz fehl am Platze, wird man in Fellbach zu hören bekommen? „Ne me quitte pas“, „Les bourgeois“, „Amsterdam“. Haben Sie denn absolute Lieblingslieder? Meines ist eindeutig „Ces gens-là“.

Dann werde ich Sie in Fellbach glücklich machen dürfen. Ich selbst habe allerdings kein Lieblingslied.

Haben Sie Ihr Programm schon mal auf CD aufgenommen?

Ich habe 2007 eine Aufnahme mit der NDR Radiophilharmonie gemacht. Und dieses Konzert spiele ich auch in Fellbach.

Zwei Abende in der großen Fellbacher Schwabenlandhalle (dort sind es bis zu 1300 Plätze) – aber mit großen Theatern haben Sie ja genügend Erfahrung. Oder ist das schon noch mal was Besonderes mit Ihrem eher intim anmutenden Brel-Programm?

Wissen Sie, die Württembergische Philharmonie, mit der ich das große Vergnügen habe, des Öfteren zu arbeiten, kann eine derartige Wucht entfalten, dass wir uns überhaupt keine Gedanken über die Größe des Hauses machen müssen.

Wenn ich sehe, was Sie alles anpacken, umsetzen, wo Sie wieder zugange und unterwegs sind, – offenbar haben Sie die Power eines 40-Jährigen. Oder merkt man seine mittlerweile 66 Jahre schon gelegentlich?

Auf der Bühne – kein bisschen. Wenn ich früh morgens aufstehe, dann schon.

Und Regie führen Sie auch noch – ein spannender Perspektivwechsel gegenüber dem Dasein als Schauspieler, der, so das Klischee, dem allmächtigen und gnadenlosen Regisseur ausgeliefert ist?

Kein Schauspieler ist mehr dem Regisseur ausgeliefert. Die Zeiten sind, Gottlob, vorbei.

Mit Dieter Wedel konnten Sie es offenbar, anders als manch andere, recht gut?

Er konnte mit mir ganz gut. Ansonsten ist mir in meinem Leben kein größerer Widerling begegnet.

Sesshaft sind Sie trotz aller Umtriebigkeit seit einiger Zeit schon, und zwar nicht unbedingt in einer Weltmetropole – aber doch in einer Kulturstadt.

In einem kleinen Dorf, nahe Weimar. Mit der Nähe zur Kultur sollte man es auch nicht übertreiben

Und dann sind Sie auch unter die Buchautoren gegangen – Krimigenre, na klar, nehme ich an. „Tod in Weimar“ klingt jedenfalls fast wie der Titel eines „Tatorts“ – und wurde es schon verfilmt?

Leider noch nicht.

Gibt es Folgewerke? „Chansons d’Amour“ heißt wohl eines, was kam danach?

Nichts. Meine Liebe zu Land und Leute, mein großes privates Glück habe ich auserzählt. Jetzt will ich nur noch spielen.

Als ich meiner Frau sagte, wen ich demnächst interviewen möchte, sagte sie beim Blick aufs Foto lakonisch: Ja klar, den kenne ich, das ist doch der mit den Ohren. Das nehmen Sie aber ganz locker, „sie strahlen etwas Lustiges und Sympathisches aus“, so mal Ihr Kommentar dazu.

Man redet ja auch nicht schlecht über etwas, das einem das gesamte Leben über die Treue gehalten hat.

Ganz aktuell liest man von ihrer Rolle als Milchmann Tevje in „Anatevka“ – wieder Musiktheater. Läuft das schon, und wo, wie kommt es an, wie viel Spaß macht Ihnen diese Interpretation?

Wir spielen das in Wien, an der Volksoper. Im September und Oktober sind die nächsten Vorstellungen. Für mich eindeutig die schönste und wichtigste Rolle meines Lebens, und von erschreckender Aktualität.

Im kommenden Jahr sind Sie in Fellbachs Nachbarstadt Waiblingen mit „Fräulein Julie“ zu Gast. Worum geht es in dem Drama von Strindberg: Kampf zwischen Mann und Frau, zwischen oben und unten, zwischen Chefin und Diener, so habe ich es in Erinnerung.

Im Februar und März sind wir damit auf Tournee, quer durch Deutschland. Was den Inhalt anbelangt, besser hätte ich es nicht ausdrücken können. Strindberg war der Meinung, Mann und Frau passen nicht zusammen. Ich denke mir meinen Teil, halte mich artig an die Vorlage und bin zuversichtlich, dass die Zuschauer den Kopf nicht in den Sand stecken, und es beharrlich weiter versuchen.

In Theater und film erfolgreich

Kindheit
Am 23. April 1957 in Paris als Sohn von Eltern, die vor den Nazis nach Frankreich geflohen waren, geboren, kam die Familie aus beruflichen Gründen 1971 zurück nach Deutschland, nach West-Berlin.

Theater
TEine seiner ersten Schauspielstationen war das Zimmertheater Tübingen (1979 bis 1983), später war er an renommierten Bühnen wie Thalia-Theater Hamburg oder dem Deutschen Theater Berlin tätig.

Filmerfolge
Einem größeren Fernseh- und Kinopublikum wurde er bekannt durch Dieter Wedels „Der große Bellheim“ und „Stalingrad“ (beide 1993). Er ist auch als Musiktheater-Regisseur aktiv und hat mehrere Romane veröffentlicht.

Gastspiel
Mit seinem Programm „Dominique Horwitz singt Jacques Brel“ gastiert er zusammen mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen am Montag und Dienstag, 22. und 23. Mai, um 20 Uhr in der Schwabenlandhalle Fellbach. Es gibt noch Karten an der Abendkasse.