Octavio geht auf der Halbinsel Samaná mit Touristen schnorcheln. Manchmal finden sie dabei einen Seestern. Foto: Wein

Mit der Dominikanischen Republik - abgekürzt Dom Rep - verbinden viele All-inclusive-Urlaub. Doch es geht auch individueller.

Toni de Leon passt mit seinem Hotel eigentlich gar nicht in sein Land. Das fängt damit an, das die Zimmer in seinem Haus Altos de Caño Ondo keine Nummern haben, wie es sonst in jedem Hotel üblich ist. Er gibt ihnen lieber Namen wie „Nido del Zumbador“ nach dem Kuba-Smaragdkolobri, der um die Blüten unten im Garten schwirrt. Die Zimmerschlüssel hat Señor de Leon an emaillierte Blechtassen gebunden. Die Holztüren, die man damit öffnet, führen in verwinkelte Räume mit Wänden aus rötlichen Korallensteinbrocken und Balkongeländern aus knorrigem Holz. Selbst der Betonboden ist in Erdtönen gestrichen. Außerdem haben die Bauarbeiter darin liebevoll die Abdrücke großer Yaguma- oder Papayablätter aus dem umgebenden Wald gepresst. Die erinnern Señor de Leon an Fossilien, wie man sie nebenan im spektakulären Nationalpark Los Haitises im Osten der Karibik-Insel Hispaniola findet. Der Architekt und Hotelbesitzer hat etwas von einem Antoni Gaudí oder dem Maler Friedensreich Hundertwasser. Er holt den Wald in sein Haus, welches er selbst harmonisch in die Landschaft integriert hat. Für den Swimmingpool nutzt de Leon den Caño Ondo - einen kleinen Fluss. Über einen Mini-Wasserfall lässt dieser sein Wasser in ein Staubecken platschen. Abends, wenn der Himmel dann seine Schleusen zum nächtlichen Platzregen öffnet, serviert seine Köchin auf der überdachten Terrasse im Obergeschoss landestypisches Filete encebollado in Zwiebelsoße oder ein pikantes Bistec a la Criolle. Danach singen die Zikaden und ein unermüdlicher Vogel ruft die ganze Nacht.

Im Osten der Insel reiht sich ein Luxus-Resort an das nächste

Wieso der Hotelier mit seinem 28-Zimmer-Haus ohne Klimaanlage am Ende der Sandpiste von Savanna del Mar etwas Besonderes ist, zeigt sich, wenn man dort vorbeischaut, wo die meisten der jährlich rund vier Millionen Touristen in der Dominikanischen Republik absteigen. Wie ein US-Reichen-Ghetto reihen sich an der Bucht von Punta Cana im sonnenverwöhnten Osten des Landes die Steinmauern der Luxus-Resorts mit ihren Golfplätzen und Shopping-Malls aneinander. Alles ist hier künstlich gestaltet, die üppige Natur der Insel in akkurat beschnittene Beete gezwängt. Als Inbegriff des Luxus gilt die durch die Bacardi-Werbung bekannte Insel Cayo Levantado vor der Halbinsel Samaná. Hier servieren 1600 Angestellte den ausschließlich erwachsenen Gästen süße Cocktails im Plastikbecher an den Strand und legen saubere Plastikblumen auf die Kissenberge in den Zimmern und Suiten. Schließlich solle kein Ungeziefer die Gäste piesacken, sagt der Hotel-Manager. Die Restaurants Portofino und Mediterráneo servieren italienische und spanische Küche. Die einzigen Unterschiede zu einem Urlaub am Mittelmeer sind die Kokospalmen und das verlässlich gute Wetter. Der Strand ist hell und feinsandig, und laute Party-Musik dröhnt von den Schiffen vor der Küste herüber. Dabei trennen Cayo Levantado nur 15 Minuten Schnellbootfahrt von der Küste. Und es lohnt sich, Cayo Levantado oder auch jedes andere Urlaubsresort zumindest für einige Ausflüge zu verlassen. Immerhin hielt Christoph Kolumbus, als er Hispaniola im Dezember 1492 betrat, die Insel für das Paradies.

Idealer Startpunkt ist die Hauptstadt Santo Domingo im Süden der Insel. Hier stehen die einzige gotische Kathedrale der Neuen Welt und der Palast von Kolumbus’ Sohn Diego, dem ersten Vize-König von Neu-Spanien, als Teil des Unesco-Welterbes. Im geräumigen Haus des ersten Bürgermeisters Nicholas de Ovando mit seinen geräumigen Patios und hispano-kolonialem Charme kann man heute wohnen. Es ist ein vorzügliches Hotel. Etwas außerhalb haben die Dominikaner Kolumbus 1992 ein gewaltiges Denkmal gesetzt: Wie ein ägyptisches Pharaonengrab trutzt der riesige Leuchtturm aus Waschbeton über der Küste. Wenn allerdings alle Jubeljahre einmal die Laser-Strahler auf dem Dach angeschaltet werden, gehen in der Millionenstadt die Lichter aus. Besser an die natürlichen Ressourcen angepasst wirtschaftet man im Örtchen Jaracaboa im angenehm kühleren Hochland. Besonders auf der zwischen Fischteichen, Zuckerrohrfeldern, Brotfruchtbäumen und Bananenstauden versteckten Öko-Ranch Baiguate wird Nachhaltigkeit großgeschrieben. Hier kann man zu Wasserfällen wandern, reiten oder die Wildwasserflüsse im Boot meistern. Oder man liegt in seiner Hängematte und schaut nach den Vögeln. Es gibt immerhin 254 Arten. Ein Drittel der Republik steht unter Naturschutz. Das Baumfällen wird strikt reglementiert. So hat sich eine große Artenvielfalt erhalten. Auf einem abenteuerlichen Ausritt zum Wasserfall von El Limon kann man diese bewundern. Der Begleiter zeigt Kaffeekirschen und Kakaoschoten, Brotfrüchte und Papayas. Am Ende dann der Wasserfall, unter dem am Wochenende auch viele Einheimische ein erfrischendes Duschbad nehmen.

Zur Kalkstein- und Mangrovenwelt Los Haitises schippern Ausflügler über die Bucht von Samaná. Eine Schule Delfine schwänzelt zur Begrüßung um den Katamaran. Dann kommen die Kalkpilze versteinerter Korallen in Sicht, von grünen Baumdächern krautig bewachsen. In den Höhlen der Umgebung malten die Ureinwohner Haifische, Leguane und Fantasiefratzen an die Wände. In den Mangrovenwäldern sollen sich Seekühe verstecken, aber die lauten und viel zu schnellen Boote verschrecken sie zuverlässig. Um die Baumkronen gleiten Scharen von Braunen Pelikanen, Truthahngeiern und majestätischen Fregattvögeln. Man fühlt sich wie im Dinosaurierfilm „Jurassic Park“ und fürchtet fast, von den großen Seglern im Sturzflug entführt zu werden. Doch die werben mit ihren aufgeblähten roten Kehlsäcken um die Gunst der Damen. Für den Besucher interessiert sich nur ein Kolibri - vielleicht ist es jener, der später am Tag im Hotel Caño Ondo auf dem Balkon vorbeischwirrt.