Dolores O’Riordan bei einem Autritt in Cannes Foto: AP

Die Cranberries waren in den 1990ern mit Hits wie „Zombie“ und über 30 Millionen verkaufter Alben kurze Zeit eine der größten Rockbands. Dass Dolores O’Riordan unter Depressionen litt, machte die Geschichte der Band zum Auf und Ab. Jetzt ist die Sängerin überraschend gestorben.

Stuttgart - Sie gelten als der erfolgreichste Pop-Export aus Irland nach U2. Doch anders als die berühmte Band um Bono schreiben die Musiker der Cranberries nicht nur Erfolgsgeschichten. Jetzt sorgt die Band durch den plötzlichen Tod ihrer Sängerin Dolores O’Riordan wieder für traurige Nachrichten: Die 46-Jährige ist am Montag in London tot aufgefunden worden, wie ihre Sprecherin Lindsey Holmes erklärte; ihre Angehörigen seien „am Boden zerstört“.

Die irische Sängerin und Songwriterin hielt sich nach Angaben von Holmes für eine kurze Aufnahme in London auf, als sie unerwartet starb. Weitere Angaben könne sie derzeit nicht machen, erklärte Holmes. Eine Sprecherin der Londoner Polizei sagte, Beamte seien wegen eines plötzlichen Todesfalls in ein Hotel im Stadtteil Park Lane gerufen worden. „Eine Frau Mitte 40 wurde vor Ort für tot erklärt“, sagte die Sprecherin, ohne O’Riordans Identität zu bestätigen. Derzeit würden Ermittlungen laufen.

Zurück mit Leidenschaft

Die Cranberries waren in den 1990ern mit Hits wie „Zombie“ und über 30 Millionen verkaufter Alben kurze Zeit eine der größten Rockbands - dann litt Sängerin Dolores O’Riordan unter Depressionen, Angstzuständen und Schlaflosigkeit. Eine Tournee musste abgesagt werden, weil die zarte Frau mit der Teeniefigur es nicht mehr ausgehalten hat, auf der Bühne angestarrt zu werden. Sie weinte vor Auftritten in der Garderobe, schlief kaum noch.

Nach Krankheits- und Babypausen kehrten die vier Iren zurück – auch nach Stuttgart, wo sie im Mai 2002 ihr Album „Wake up and Smell the Coffee“ in den Beethovensaal mitbrachten. „Inzwischen hat sie wieder Lust. Und was für eine“, notierte unser Kollege Alex Schütz damals über die Rückkehr der Cranberries-Frontfrau auf die Pop-Bühne.

„Bereits beim ersten Titel ,Wake up and smell the Coffee’ sieht man Dolores O’Riordan an, dass ihr der Auftritt Spaß macht, dass sie wieder zu ihrem Seelenfrieden gefunden hat, dass sie mit Leidenschaft in das Mikrofon singt. Wenn sie da so auf der Bühne herumturnt, kann man sich gar nicht recht vorstellen, dass sie mal überhaupt keine Lust mehr hatte, Musik zu machen.“

Sie dominierte die Band

Der kristallklaren und melancholischen Stimme von Dolores O’Riordan, die wie ihre Bandkollegen aus Limerick stammt, verdankten die Cranberries ihren hohen Wiedererkennungswert, sie machte die Musik der Band, die sich irgendwo zwischen sonnigem Gute-Laune-Schmusepop und balladeskem Wave-Rock bewegt, unverwechselbar. Sie rückte nicht nur die Arrangements der Songs in den Hintergrund, sie ließ die Kollegen auf der Bühne, Noel und Mike Hogan an Gitarre und Bass sowie den Schlagzeuger Fergal Lawler selbst dann unscheinbar wirken, wenn die Sängerin mit etwas ungelenken Tanzeinlagen aufwartete.

Manchmal schnappte sie sich selbst eine E-Gitarre, dann griff sie zum Beispiel das erste Riff des Songs „Zombie“, mit dem die Cranberries Mitte der 1990er Jahre endgültig den weltweiten Durchbruch geschafft hatten und der zur Hymne vieler Aufständischen wurde. An Dolores O’Riordans Gesundheit hing folglich auch das Schicksal der Band: 2003 trennten sich die Cranberries wieder, nachdem sie im Sommer noch als Vorband der Rolling Stones gespielt hatten, weil Dolores O’Riordan infolge eines Todesfalls in der Familie ein Weiterarbeiten als unmöglich betrachtete.

Trost im Glauben

Nach dem weltweiten Gipfelsturm, dem Absturz und einem schweren Skiunfall in ihrer Familie suchte Dolores O’Riordan im Glauben Trost. Ein Traum erfüllte sich für sie, als sie mit der Boygroup Westlife und Terence Trend D’Arbay bei einem päpstlichen Wohltätigkeitskonzert singen durfte. O’Riordan sang auch die Titelmelodie Ave Maria zu Mel Gibsons Film „Die Passion Christi“.

2009 kam es zu einer neuen Wiedervereinigung der Cranberries, doch eine Tournee 2010 musste wegen Krankheit abgebrochen werden. Schließlich kehrten The Cranberries im Februar mit „Roses“, ihrem ersten Studioalbum seit über zehn Jahren, zurück. Durch den überraschenden Tod der Frontfrau und Stimme der Cranberries scheint das Schicksal der Band besiegelt.