Taufik Alkuri (links) wurde von einem Club abgewiesen. Ebenfalls im Bild: Margrit Morlok und Ahmed Aiawayed. Foto: factum/Bach

Ein junger Palästinenser, der vor zwei Jahren aus Syrien floh, will in ein Taekwondo-Studio aufgenommen werden. Der Trainer lehnt ihn aber ab – weil er keine Flüchtlinge in dem Studio haben will.

Ditzingen - Er wollte nur Sport treiben, durfte aber nicht: Ein junger Palästinenser, der vor eineinhalb Jahren aus seiner Heimat nach Deutschland geflohen ist, ist an der Tür eines Stuttgarter Teakwondo-Studios abgewiesen worden. „Wir nehmen keine Flüchtlinge auf“, soll der Kampfkunst-Lehrer gesagt haben – das berichtet die Ditzingerin Margrit Morlok, die den 17-Jährigen begleitet hat.

Sie kennt Taufik Alkuri über ihren Pflegesohn Ahmed, der zusammen mit Taufik auf dieselbe Schule in Syrien ging. „Bei der Flucht aus ihrer Heimat wurden sie voneinander getrennt. Und durch einen Zufall haben sie sich in Stuttgart wieder getroffen“, erzählt Morlok. Taufik Alkuri, der mit seiner Mutter und seinen zwei Geschwistern in einem Hostel in Stuttgart wohnt – sein Vater ist in Syrien zurückgeblieben – ist regelmäßig zu Besuch bei den Morloks. „Er bleibt oft zum Abendessen und hat schon oft bei uns übernachtet“, sagt Morlok. Irgendwann habe er den Wunsch geäußert, Sport treiben zu wollen, erzählt die Ditzingerin. Er musste nicht lange überlegen: „Ich habe bereits in Syrien Taekwondo gemacht, habe sogar den grünen Gürtel und einige Urkunden, die ich aus Syrien mitgenommen habe“, so der 17-Jährige.

Mit einer Handbewegung weist er sie zum Ausgang

Am Montagabend begab er sich zu einem Stuttgarter Taekwondo-Studio – mit dabei war Margrit Morlok: um zu vermitteln, weil der junge Palästinenser noch nicht so gut Deutsch spricht. „Es fand ein Training für kleine Kinder statt, als wir dort ankamen. Viele Eltern saßen auf Bänken und haben zugeschaut“, erzählt Morlok. Auch sie hätten dort Platz genommen und gewartet, bis der Trainer auf sie zukam und fragte, wie er weiterhelfen kann. Sie erklärte ihm, dass Taufik Alkuri Flüchtling ist und gerne mit Taekwondo anfangen würde.

„Da hat er uns kurz taxiert und gesagt, dass hier keine Flüchtlinge aufgenommen werden“, erzählt Morlok. Sie habe ihn nach den Gründen gefragt, der Trainer habe aber nur geantwortet, dass das eben so sei. Weil das Training der Kinder weiterlief, hatte Morlok nicht die Gelegenheit zu diskutieren: „Ich habe ihm gesagt, dass ich das diskriminierend finde, er entgegnete nur, dass ihm das egal ist.“ Dann habe er sie und Taufik Alkuri mit einer Handbewegung zum Ausgang gewiesen und ihnen den Rücken zugekehrt. „Die Mütter, die auf den Bänken saßen, haben alles mitbekommen. Taufik war das sehr unangenehm. Er wollte nur noch nach Hause“, erzählt Morlok.

Das Taekwondo-Studio hat scheinbar häufiger Probleme mit Flüchtlingen

Auf Anfrage dieser Zeitung wollte sich der Leiter des Taekwondo-Studios telefonisch erst nicht äußern, später gab er ein schriftliches Statement zu dem Vorfall ab. Er selbst sei an dem Montagabend nicht im Studio gewesen. „In dieser Schule zählt der Mensch und nicht die Nationalität. Ich gebe kostenlose Selbstverteidigungskurse für Frauen, ich unterstütze zwei Waisenhäuser in Stuttgart, und der Unterricht hat weder politische noch religiöse Färbungen, sondern ganzheitliche Zielsetzung.“

Aber: In den letzten Monaten hätten auch vermehrt Flüchtlinge den Unterricht aufgesucht. „Zu erwähnen ist jedoch, dass es sich als sehr schwer herauskristallisiert hat, diese Menschen zu erreichen. Sei es die sprachliche Barriere, aber auch deren Verhalten und Erwartungshaltung hat sich als nicht positiv dargestellt. Diese Tatsache hat vermutlich meinen Trainer verleitet, diese Aussage zu treffen“, so der Studioleiter.

Taufik Alkuri traut sich nicht mehr, Leute anzusprechen

Taufik Alkuri, der seit etwas mehr als einem Jahr in Stuttgart lebt, hat zuvor etwas Derartiges nicht erlebt. Auch Morlok war schockiert von den Aussagen des Trainers. „Täglich begegnen uns Menschen, die mir, Ahmed und Taufik freundlich gesinnt sind.“ Umso enttäuschender sei die „Arroganz und die Kälte der Ablehnung, die uns in jenem Taekwondo-Studio entgegenschlug.“, meint die Ditzingerin.

Margrit Morlok und Taufik Alkuri sind sich bewusst, dass der Vorfall unter das Allgemeine Gleichstellungsgesetz fällt, das auch eine Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft verhindern soll. Von einer Anzeige will der Flüchtling absehen – verdaut hat er die Angelegenheit aber noch nicht. Taekwondo will er noch machen. „Ich traue mich aber nicht mehr, die Leute anzusprechen“, sagt er – aus Angst er könnte wieder abgelehnt werden.