Juli 2010, in der Ortsmitte, „Hinter dem Schloss“.Foto: Stadt Ditzingen Foto:  

Gefahrenkarten sollen Folgen eines Unwetters minimieren. Ein Projekt der Glemsanrainer ist nun aktualisiert – und erneut Vorreiter im Land.

Oft habe er es schon gesagt, so André Assmann. Doch das richtige Verhalten während eines Unwetters habe sich noch nicht überall rumgesprochen. „Nicht in den Keller gehen, nicht in die Unterführung und auch nicht im Auto bleiben.“ Die Warnhinweise, die der Vertreter des Heidelberger Fachbüros Geomer am Dienstag in der Ditzinger Stadthalle nannte, waren in diesem Moment grundsätzlicher Natur – es war ein schöner Sommertag. Vertreter von acht Kommunen waren gekommen anlässlich der Aktualisierung der Starkregengefahrenkarten. Sie waren in der Folge eines verheerenden Unwetters im Jahr 2010 interkommunal initiiert worden.

Wie schnell sich das Wetter ändern kann, hatten zuletzt vor wenigen Wochen die Menschen im Rems-Murr-Kreis erleben müssen. Mehrere Personen starben. Die Höhe der Schäden wird mit einem dreistelligen Millionenbetrag angegeben.

Schäden in Höhe von rund 20 Millionen Euro waren allein in Ditzingen entstanden, als am 4. Juli 2010 ein Starkregen im Bereich Ditzingen niederging. Betroffen waren alle Glemsanrainer, außerdem Gerlingen. In der Folge schlossen sich Ditzingen, Gerlingen, Hemmingen, Korntal-Münchingen, Leonberg, Markgröningen, Schwieberdingen und Stuttgart zusammen, um im Bereich Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement zu kooperieren. Sie optimierten ihre Kommunikation im Notfall und ließen Karten erstellen, die simulieren, wo sich das Oberflächenwasser seinen Weg bahnt, wenn die Kanalisation es nicht mehr aufnimmt.

Projekt mit Pilotcharakter

Das interkommunale Projekt hatte landesweiten Pilotcharakter. Im Jahr 2019 informierte sich der damalige Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) über das Starkregenrisikomanagement an der Glems. Folgeprojekte entstanden, auch sollen die Erkenntnisse vergleichbar gemacht werden. Geomer-Vertreter Assmann verwies darauf, dass die Kommunen mit der Aktualisierung nach mehr als einem Jahrzehnt erneut eine Vorreiterrolle eingenommen hätten. Insgesamt rund 100 000 Euro haben sich die Kommunen die Aktualisierung kosten lassen, heißt es aus Ditzingen. Vier Aspekte hatten zur Aktualisierung veranlasst. Zum einen sind neue Gebäude, ganze Baugebiete entstanden, die den Abfluss des Oberflächenwassers beeinflussen. Zudem stehen neue Laserscan-Daten mit höherer Auflösung zur Verfügung. Außerdem habe sich die Modelltechnik verbessert, so Assmann. In die Aktualisierung seien zudem die Erfahrungen mit der Kartierung eingeflossen, zumal Büro und Kommunen mit dem Projekt einst Neuland betreten hätten. Quasi als Nebenprojekt entstanden Erosionskarten. Sie sind vor allem für die Landwirtschaft von Bedeutung.

„Die Starkregengefahrenkarte ist das einzig verfügbare Instrumentarium in der Bauberatung“, sagte der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath, der damit die Bedeutung der Karten für Kommunen und private Bauherren hervorhob. „Wir haben sehnsüchtig gewartet auf die Aktualisierung“, nannte Gerlingens Bürgermeister Dirk Oestringer ein Beispiel in Bezug auf das geplante Gebiet „Bruhweg II“. Thomas Schäfer, Bürgermeister von Hemmingen, merkte an, die Karten hätten sehr geholfen unter anderem in der Kommunikation mit dem Landratsamt, das inzwischen ein größeres Augenmerk darauf lege. Die Bedeutung der Karten für die Erschließungsplanungen hob Leonbergs Baubürgermeister Klaus Brenner hervor. Zugleich betonten die Rathauschefs aber, dass neben der Kommune auch die Privatperson in der Pflicht sei, ihren Beitrag zum Hochwasserschutz zu leisten.

Im Internet: www.starkregengefahr.de/baden-wuerttemberg/glems/

Hochwasser 2010

Der Anlass
Im Juli 2010 gab es im Einzugsgebiet der Glems – Ditzingen, Gerlingen, Leonberg, Hemmingen, Korntal-Münchingen, Markgröningen, Schwieberdingen und Stuttgart – Überflutungen infolge eines Starkregens. Schaden an öffentlichen und privaten Gebäuden: mehrere Millionen Euro.

Die Konsequenz
Die betroffenen Kommunen schlossen sich zusammen – und wurden in Sachen Hochwasserschutz landesweit beispielgebend.