Für Zweiradfahrer wird es vielerorts eng auf den Straßen, wie hier in der Ditzinger Innenstadt. Foto: Simon Granville

Den Autoverkehr in der Ortsmitte reduzieren, die Lebensqualität erhöhen, das ist das Ziel vieler Kommunen. Dafür soll der Fahrradverkehr gestärkt werden. Doch das ist mühsam, wie Beispiele zeigen.

Das spätsommerliche Wochenende lockte alle noch einmal raus: Spaziergänger, Radfahrer, Autofahrer. Sie genossen die Sonnenstrahlen. Und doch waren da die Situationen, die in den Städten Tag für Tag bei allen Verkehrsteilnehmern für Verdruss sorgen: Radfahrer strampeln wie in Gerlingen in Ermangelung eines Radwegs mitten auf der Straße den Berg hoch. Und Autofahrer reihen sich hinter ihnen, geduldig wartend oder auch ungehalten hupend, bis sich die Gelegenheit zum Überholen bietet. Radfahren in der Stadt – das ist für alle Verkehrsteilnehmer kein Vergnügen.

 

Dabei ist es doch das erklärte Ziel aller Kommunen, den Radverkehr zu stärken, um zugleich den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. „Es ist ein dickes Brett, das man bohrt“, sagt Ulrich Steller. Zumal es keine einfache Antwort auf die Fragen gibt, die sich bei diesem Thema stellen. „Eine Patentlösung hat keiner.“

Ulrich Steller hatte bis zur Kommunalwahl zehn Jahre lang für die Grünen im Ditzinger Gemeinderat Politik gemacht und im besonderen Maße immer wieder seine Stimme für die Radfahrer erhoben. Ihnen sollte vor Augen geführt werden, „dass etwas vorangeht“.

Die Unsicherheit, die der Zweiradfahrer empfinde, der parallel zum Straßenverkehr fahren muss, halte viele davon ab, überhaupt aufs Rad zu steigen. „Je sicherer sich Menschen beim Radfahren fühlen, desto mehr Menschen steigen aufs Rad. Je mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sind, desto sicherer wird es für alle“, sagt auch Matthias Zimmermann, der Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Verkehrssicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer sei der „Schlüssel zu einer echten Mobilitätswende, die allen Menschen Vorteile bringt“.

Zumal das Fraunhofer-Institut in einer Potenzialabschätzung für den ADFC darlegte, dass der Radverkehrsanteil in Deutschland mit mehr politischen Maßnahmen bis 2035 verdreifacht werden könnte. Wie es um das Radfahren in der Stadt bestellt ist, zeigt sich regelmäßig an der Umfrage des ADFC, dem Fahrradklimatest.

Damit Kommunen die Verkehrswende schaffen, will ihnen das Land einen Leitfaden an die Hand geben. Ditzingen war dafür Modellkommune, der erste Leitfaden sollte dort entstehen – bezahlt vom Land.

Änderung der Straßenverkehrsordnung gibt Kommunen mehr Spielraum

Steller warb für die Offenheit, Dinge auszuprobieren – mit der Möglichkeit, es beim Versuch zu belassen. So hatte er für die Umwandlung der Haupteinkaufsstraße in eine Fußgängerzone plädiert, zeitlich befristet. Der Versuch fand keine Mehrheit, auch, weil sich die Innenstadthändler dagegen gewehrt hatten. Sie befürchteten massive Einbußen, von denen sie sich auch nach einem Ende des Versuchs nicht wieder erholen würden.

Steller bedauert das. Aber es müssten nicht immer die großen Veränderungen sein, um Radfahren in der Stadt attraktiver zu machen. Ein wenig Farbe reiche bisweilen schon. Steller wusste dabei seine Fraktion hinter sich, doch bis in die Verwaltung drang er damit nicht erfolgreich vor. Steller hatte auf das Beispiel aus Ludwigsburg verwiesen. Dort befinden sich an etlichen Ampeln vor der Haltelinie für Autofahrer mit roter Farbe abgesetzte Aufstellflächen. Er setzt nun darauf, dass eine Änderung der Straßenverkehrsordnung den Radverkehr stärkt, die den Kommunen innerorts mehr Handlungsspielraum gibt.

Ulrich Steller Foto: StZN

„Wir drehen uns im Kreis. Wir trauen uns nicht zu, den ersten Schritt zu machen“, sagt Steller. Dabei geht es ihm auch darum, Synergieeffekte zu schaffen – wohl wissend, dass dies auch maßvoll geschehen müsse: Der Ausbau der Feldwege etwa helfe nicht nur der Landwirtschaft, sondern eben auch Radfahrern, die bei Regen sicher und von Spritzfontänen verschont vorankommen. Für sie wären dann entlang ohnehin schon schmaler Straßen nicht überall Radwege erforderlich, um Lücken im Radwegenetz zu schließen. Auch die Freie Wähler-Ratsfraktion hatte früh dafür plädiert, als sie sich für den Ausbau der Feldwege einsetzten.

Denn wie mühsam der Bau von Radwegen sein kann, zeigt der geplante Radweg entlang der B 295 zwischen Ditzingen und Leonberg: Seit Jahren wird darüber diskutiert, öffentlich sichtbar geschieht nichts, so lange über den Erwerb der dafür erforderlichen Grundstücken verhandelt werden muss.

Im Netz: www.fahrradklima-test.adfc.de