Die Stadtbibliothek entwickelt sich immer mehr zum Ort der Kommunikation. Foto: Simon Granville

Immer mehr Menschen kommen in die Ditzinger Stadtbibliothek. Zugleicht sinkt die Anzahl der Ausleihen insgesamt. Alles deutet darauf hin, dass die Einrichtung im Ort eine neue, andere Bedeutung erfährt.

Räume im Untergeschoss, klein und eng, die Sitzplätze am Rand angeordnet, eher pflichtschuldig den Nutzern zugestanden als einladend platziert, der Geruch von altem Papier in der Luft – das ist das Bild der Büchereien, wie sie bis vor wenigen Jahrzehnten die Orte prägten. Doch mit den heutigen Bibliotheken hat dieses Bild nichts mehr gemein. Ganz im Gegenteil.

 

Die örtlichen Bibliotheken wandeln sich zunehmend zum kulturellen Zentrum, in dem nicht nur Bücher und digitale Medien ausgeliehen werden können, sondern unter anderem auch Eintrittskarten für städtische Kulturveranstaltungen erworben werden können, man sich fürs Stadtmobil registrieren lassen oder Zeitung lesen kann. Dem entspricht die Entwicklung auch in Ditzingen: Die Zahl der Ausleihen ging zurück, die Zahl der Besucher hingegen stieg. Im Jahr 2023 seien noch einmal mehr Besucher gekommen als im Vorjahr. Mehr als 63 500 Besucher seien gezählt worden. „An 247 Öffnungstagen meldeten sich fast 590 Personen neu in der Stadtbibliothek an“, sagt die Bibliotheksleiterin Lia Fischer. Der Bericht 2023 wurde vor wenigen Wochen vorgelegt. Der Jahresbericht 2024 steht noch aus.

Wie die Bibliotheksleitung darlegt, wurde der Bestand 2023 zwar um 19 000 Medien reduziert, was im Schnitt dem ausgesonderten Bestand von zwei Jahren liegt. Mehr als 6500 Medien wurden aber erworben. Trotz dieser Differenz sei der Bestand um rund vier Prozent gewachsen, da das Onlineangebot der Portale ausgebaut wurde.

Bestand wurde reduziert, die Ausleihen steigen

Um die Entwicklung weiter zu fördern, drängt die Einrichtungsleitung auf einige Veränderungen im Gebäude. Bemängelt wird die fehlende Barrierefreiheit und die mangelnde Energieeffizienz. In der Kundentoilette lösten sich Fließen von der Wand, eine geplatzte Leitung hatte einen Wasserschaden ebenso zur Folge wie eine verschmutze Dachrinne, was letztlich einen Wasserschaden am Fachwerk verursachte.

Volker Heller, Bundesvorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbands Foto: dbv/ Heidi El Bekri

Der Wandel in der Ditzinger Einrichtung ist nicht singulär, sie entspricht einem bundesweiten Trend: „Bibliotheken haben sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert: Mit ihren zahlreichen Angeboten und Services sind sie zu dynamischen Wissenszentren, zu Orten der digitalen Teilhabe und des lebensbegleitenden Lernens geworden“, heißt es in einer Mitteilung des Deutschen Bibliotheksverbands.

In keiner anderen Bildungs- oder Kultureinrichtung begegneten sich jeden Tag so viele Menschen aller Generationen und Milieus wie in Bibliotheken. Doch als gesellschaftspolitischer Akteur würden Bibliotheken von der Politik übersehen, kritisiert der Verband, der die Politik auffordert, Bibliotheken entschlossener zu stärken: Bei Strategien gegen Einsamkeit, zur Bekämpfung von Desinformation, bei Maßnahmen zur Belebung von Innenstädten und im Bereich der Demokratieförderung. „Öffentliche und wissenschaftlichen Bibliotheken sind die meistbesuchten Kultureinrichtungen in Deutschland.

Magnete lebendiger Stadtzentren fördern

Dieses „enorme gesellschaftspolitische Potenzial von Bibliotheken als Magnete lebendiger Stadtzentren und Begegnungsorte im ländlichen Raum“ müsse von der Bundespolitik erkannt und gezielter gefördert werden, fordert der Bundesvorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbands, Volker Heller, anlässlich der Bundestagswahl im Februar. „Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind zu ernst, als dass wir uns Lückenhaftigkeit und brachliegende Potenziale leisten können.“