Ganz aus der Schule wird das Handy im Südwesten wohl nicht verbannt. Foto: dpa

Das Smartphone bleibt in Baden-Württemberg wohl ein ständiger Begleiter der Schüler. Das Kultusministerium hat sich gegen ein Verbot ausgesprochen. Doch es gibt Regeln.

Stuttgart - Baden-württembergische Schüler müssen ihr Handy beim Betreten des Schulgeländes oder Klassenräume nicht abgeben. Nach Auffassung des Kultusministeriums kann Schülern nicht verboten werden, ein Mobiltelefon bei sich zu haben. Eltern könnten ein berechtigtes Interesse daran haben, ihre Kinder vor Schulbeginn oder nach Schulschluss zu erreichen. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte zur Diskussion um ein Handyverbot: „Das Handy ist für die meisten von uns ein ständiger Begleiter im Alltag. Dagegen ist auch nichts einzuwenden.“ Sie schränkt jedoch ein: „In der Schule ist es allerdings unausweichlich, gemeinsame Regelungen zum Umgang und Einsatz von Handys zu finden, um einen ungestörten Unterricht zu gewährleisten.“ Das französische Parlament hat jetzt ein generelles Handyverbot für Schüler unter 15 Jahren beschlossen. Handlungsbedarf sieht Eisenmann für die Schulen im Land deshalb nicht. Die meisten Schulen hätten schon vor vielen Jahren Schulordnungen erlassen, „die eine maßvolle und verantwortliche Nutzung regeln“.

Handy für den Notfall

Nicht vergleichbar, findet Stefan Pfahl, Vater von drei Kindern zwischen zehn und 14 Jahren, die Situation in Frankreich und in Deutschland. Der Tübinger gibt nach den Sommerferien auch seinem Jüngsten ein Handy mit in die Schule. „Von der fünften Klasse an sind die Kinder selbstständiger. Sie gehen auch mal in der Mittagspause schwimmen. Mir ist wohler, sie haben ein Handy dabei.“ Als reine Notruffunktion versteht Pfahl das Telefon. „Sie müssen sagen können, wenn sie sich verspäten, oder ich kann ihnen Bescheid geben, dass ich sie später abhole“, sagt der Vater. Wenn er aber wüsste, „dass die Kinder in einer festen Betreuungssituation sind, würde ich ein Handyverbot befürworten.“ Das sieht er in Frankreich gegeben.

„Klar ist, das Handy muss während der Schulzeit aus sein“, sagt der Vater. Das sehen nach der Erfahrung des Schulleiters Werner Weber nicht alle Eltern so. Er erinnert sich an einen Erstklässler, der mit einer Smartwatch in die Schule kam. Warum? „Meine Mama will mich jederzeit erreichen können.“ Unendliche Diskussionen habe es mit der Mutter gegeben. Das Kind müsse ihr sofort Bescheid sagen können, sollte ihm in der Schule Unrecht geschehen, habe sie argumentiert. Dass die Schule jederzeit erreichbar sei, über das Schulsekretariat nämlich, habe sie erst nach vielen Gesprächen eingesehen. „Wenn über der Stadt ein Polizeihubschrauber kreist und das Gerücht eines Amoklaufs kommt auf, bricht bei uns das Handynetz zusammen“, sagt Weber mit Verständnis für Eltern, die besorgt sind. Aber er appelliert an sie, „die Eltern müssen Vertrauen zur Schule haben. Wir sind ständig erreichbar. Dazu brauchen die Schüler kein Handy“.

Hausordnungen durchsetzen

Den Polizeihubschrauber braucht es gar nicht unbedingt. „Eltern kommen in die Schule, wenn ihr Kind nicht ans Handy geht“, berichtet Weber, der in Heidenheim eine Grund- und Gemeinschaftsschule leitet. Das soll es auch nicht. In der Schule gilt die Hausordnung, die, wie an vielen Schulen in Baden-Württemberg, besagt, „das Handy ist während der Schulzeit ausgeschaltet“. In Heidenheim gilt das auch für die Mittagspause. Weber macht sich nichts vor. „Eine Kontrolle würde 95 Prozent Verstöße ergeben“, schätzt er. Brummt das Handy aber im Unterricht, wird es abgenommen und kann nach Schulschluss im Sekretariat abgeholt werden.

Weber plädiert dafür, die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten konsequent zu nutzen. „Wer Lehrer oder Mitschüler im Unterricht filmt und das auch noch ins Netz stellt, dem kann der Schulausschluss drohen.“ Ansonsten hält er das Handyverbot nicht für das drängendste Problem der Schulen. „Mit dem jetzigen Hype ist niemandem geholfen.“

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält nichts von einem Verbot. „Ein Verbot macht keinen Sinn. Wir müssen in der Medienbildung und der Werteerziehung den verantwortungsvollen und wertschätzenden Umgang vermitteln“, sagt die Landesvorsitzende Doro Moritz.