Arbeiter aus Textilfabriken versammeln sich anlässlich des Tages der Arbeit in der Hauptstadt Dhaka, Bangladesch (Archivbild). Seit einigen Jahren gibt es Diskussionen darüber, ob und wie weit deutsche Unternehmen haften sollen, falls Zulieferer zum Beispiel gegen Arbeitsrechte verstoßen. Foto: dpa/Suvra Kanti

Im Streit um mehr Nachhaltigkeit bei Sozialstandards, Umweltschutz und Menschenrechten nimmt der Druck auf Firmen zu. Verbraucher- und Umweltschützer fordern auch zivilrechtliche Haftungsregelungen für alle Teile der Lieferkette. Die Industrie lehnt eine Haftung ab.

Stuttgart - Verbraucherschützer, Umweltverbände und Gewerkschaften drängen beim geplanten Lieferkettengesetz auf möglichst starke Sanktionen und zivilrechtliche Haftungsregelungen für Unternehmen. „Wer von einer Menschenrechtsverletzung betroffen ist, die in einem direkten kausalen Zusammenhang mit einem deutschen Unternehmen steht, muss auch vor einem deutschen Gericht klagen dürfen. Ein Gesetz ohne Haftung wäre wirkungslos. Mit einer solchen Haftungsregelung würde es aber präventiv wirken“, sagte Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz, unserer Zeitung.

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Der Initiative gehören Umweltverbände, Hilfswerke und Gewerkschaften an. Der Verbraucherzentrale Bundesverband setzt sich ebenfalls für möglichst strikte Standards ein. „Die Verantwortung für nachhaltigen Konsum kann und darf nicht beim Verbraucher liegen, das muss auf gesetzlicher Ebene geregelt werden. Der Verbraucher kann nicht den Überblick über die Lieferkette eines Modehändlers haben, und erst recht nicht, was weitere Bereiche wie Möbel oder Mobilität angeht“, sagte Jochen Geilenkirchen, Referent für nachhaltigen Konsum.

Das Gesetz soll Missstände wie Kinderarbeit und Hungerlöhne bekämpfen helfen

Die Eckdaten des Lieferkettengesetzes werden derzeit in der Bundesregierung zwischen Entwicklungs- Arbeits- und Entwicklungsministerium verhandelt. Das Gesetz soll größere Unternehmen in Deutschland dazu verpflichten, auch bei ausländischen Lieferanten die Einhaltung sozialer und ökologischer Mindeststandards zu garantieren, um Missstände wie Kinderarbeit und Hungerlöhne zu bekämpfen.

Widerstand kommt aus dem Bundeswirtschaftsministerium und von Wirtschaftsverbänden. So warnt der Handelsverband Deutschland, „so eine umfassende Unternehmensverantwortung“ sei „nicht leistbar“. Außerdem befürchten die Verbände Wettbewerbsnachteile.

Seit dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch 2013 mit mehr als 1100 Toten wird vor allem in der Textilindustrie um nachhaltige Standards gerungen. Seit einem Jahr gibt es den „Grünen Knopf“, der allerdings nur bei einem Teil der Lieferkette Nachhaltigkeit bescheinigt. Bisher haben sich laut Bundesumweltministerium rund 50 Unternehmen in Deutschland für das Siegel zertifizieren lassen, darunter Peter Hahn, Trigema, Vaude und Tchibo, aber auch Lebensmittelhändler, die viele Textilien im Angebot haben, wie Aldi, Lidl und Rewe.