Schöckingen soll seinen Charakter wahren – und dennoch weiter wachsen. Foto: factum/Granville


Die Stadt wächst bisher Baugebiet um Baugebiet. Die Freien Wähler wollen dieses Prinzip kippen. Die Verwaltung indes hat Einwände.

Ditzingen - Was tun, wenn der Druck auf dem Wohnungsmarkt wächst? Man weist neue Baugebiete aus. Das kann man in dem Maße machen, wie sie in der übergeordneten Planung – also dem örtlichen Flächennutzungsplan – vorgesehen sind. Der Flächennutzungsplan ist für mehrere Jahre gültig und lässt den Kommunalpolitikern wenn schon nicht viele, aber doch manche Alternative, ihren Ort weiter zu entwickeln. In Ditzingen ist es seit jeher Praxis, die Baugebiete nacheinander zu überplanen und aufzusiedeln. Die Reihenfolge legte stets der Gemeinderat fest – so stand die Abstimmung immer auch am Ende einer Diskussion darüber, welcher Stadtteil als nächster würde Wohnraum schaffen können. Nun sind die Schöckinger am Zug. Der Gemeinderat stimmte am Dienstag dem Bebauungsplanvorentwurf für das Gebiet „Schöckingen Südost, Teil 1“ mit großer Mehrheit zu.

Das insgesamt rund 1,1 Hektar große, also keine zwei Fußballfelder umfassende Areal ist ein erster Bauabschnitt innerhalb eines Rahmenplans. Damit hatte der Gemeinderat bereits im Vorfeld der Entwicklung des kleinsten Ditzinger Stadtteils zwischen dem Ort und der Umfahrungsstraße den Boden bereitet. Insofern hatte der Gemeinderat jetzt anlässlich der Entscheidung für den Bebauungsplanvorentwurf keinen Anlass für eine Grundsatzdebatte. Zumal mit einem ersten Abschnitt, im Nordosten des Gebiets, auch nur ein Teil des Möglichen umgesetzt werden soll. Unter anderem entsteht dort eine Flüchtlingsunterkunft.

Erweiterung mehrfach gefordert

Für den Vorsitzenden des Schöckinger Ortschaftsrats, Michael Schmid, ist diese kleinteilige Entwicklung die richtige Entscheidung für seinen Ortsteil. Schöckingen wird wegen seiner vielen Fachwerkgebäude und des dörflichen Charakters als die „gute Stube Ditzingens“ bezeichnet. Die maßvolle Entwicklung sei verträglich, um den Charakter des Ortes zu wahren, macht er deutlich. Zumal die Arrondierung am Ortsrand weniger das typische Ortsbild verändern werde, als wenn etwa Scheunen in der Ortsmitte abgerissen werden.

Zur konkreten Entscheidung des Gemeinderats zum Bebauungsplanvorentwurf äußert er sich nicht – der Ortsvorsteher ist zugleich Freie Wähler-Stadtrat und war bei der Diskussion befangen, weil Verwandte zu den Grundstücksbesitzern in dem Gelände gehören, das nun überplant wird. Doch klar ist, dass die Erweiterung des kleinsten Ditzinger Stadtteils dringend nötig sei. Daran hatte er auch schon in der Vergangenheit mehrfach keinen Zweifel gelassen. Schließlich wolle man beispielsweise auch den jungen Schöckingern, die nun Familien gründeten, eine Möglichkeit bieten, im Ort zu bleiben. Kein Tag vergehe, so Schmid, an dem er nicht auf Baugrund angesprochen werde.

Neuer Entwicklungsansatz?

So unterschiedlich die Gründe sind, aus denen er den kleinteiligen Wachstum Schöckingens begrüßt, so knüpft der Freie Wähler doch an eine Überlegung seines Parteifreunds Manfred Grossmann an. Der Chef der Gemeinderatsfraktion hatte bereits vor einigen Wochen eine neue Vorgehensweise angeregt, um Wohnraum zu schaffen. Statt wie bisher großräumig und aufeinanderfolgend Baugebiete auszuweisen, sollten doch besser kleinteilig und in den Stadtteilen parallel Flächen geschaffen werden. Die Grundsatzentscheidung des Gemeinderats steht aus. Nach einer Klausursitzung wurde die Verwaltung zunächst beauftragt, die potenziell in Frage kommenden Flächen aufzulisten. Daran wird im Rathaus derzeit gearbeitet, doch man gibt sich skeptisch: „Die Verwaltung hält die seitherige Praxis für sinnvoll und richtig“, sagt der Rathaussprecher Guido Braun. Seine Skepsis hat vor allem pragmatische Gründe: Die Parallelentwicklung sei mutmaßlich teurer – etwa wenn zwei Kindergärten zur selben Zeit benötigt würden. Vor allem aber müsse das Vorgehen für die Bauverwaltung zeitlich leistbar sein.