Der Circus Althoff mit seinen Kamelen und Löwen muss den Standort an der B 27 verlassen. Foto: factum/Granville

Eigentlich wollte der Circus Althoff vom Freitag an in Ludwigsburg gastieren – mit Löwen und Kamelen. Tierschützer laufen dagegen Sturm – jetzt muss der Zirkus das Grundstück räumen.

Ludwigsburg - Friedlich grasen Kamele auf einem Rasenstück beim Ludwigsburger Favoritepark, eines steckt seine Nase in einen Kürbis. Nebenan schlafen Löwen hinter Gittern. Wenige Meter weiter donnern Autos über die B 27. Am kommenden Freitag soll das neuntägige Gastspiel von Circus Althoff in Ludwigsburg beginnen, doch dahinter steht plötzlich ein großes Fragezeichen. „Es ist ein Skandal, dass die Tiere nur wenige Meter von der Straße entfernt gehalten werden“, echauffiert sich Jürgen Lengerer, der in der Band der SWR-Moderatorin Tatjana Gessler spielt und in Marbach wohnt. Er hat die Tierrechtsorganisation Peta eingeschaltet.

In Ludwigsburg greift Claudia Dziubas, Stadträtin der Ökolinx-Gruppe, das Thema auf: „Das passt nicht zu der Barockstadt.“ Ihre Grünen-Kollegin Christine Knoß erklärt gar: „Wir wollen generell keine Wildtiere im Zirkus.“ Die beiden Fraktionen werden im Gemeinderat nun eine Initiative starten, die verhindern soll, dass Zirkusse mit wilden Tieren auf städtischen Flächen auftreten können. Ähnliche Bestrebungen gibt es bereits in Stuttgart und Heilbronn. Ob solche Verbote juristisch einwandfrei sind, ist allerdings zweifelhaft. Ulf Körber, der Sektions-Vorsitzende der Gesellschaft der Circusfreunde in Stuttgart, ist überzeugt: „Die Anordnungen sind rechtswidrig. Das läuft auf ein Berufsverbot hinaus.“

Grüne und Ökolinke wollen Wildtier-Verbot

Im Ludwigsburger Fall hätte ein Wildtier-Verbot sowieso keine Auswirkungen, denn das Grundstück an der B 27 gehört dem Land und ist an einen Landwirt verpachtet. Ärger droht dem Zirkus trotzdem: Der Landwirt hat das Areal offenbar ohne Zustimmung des zuständigen Landesamtes untervermietet, weshalb das Amt inzwischen die Räumung verfügte. Wie Althoff darauf reagiert, ist unklar. „Uns ist davon noch nichts bekannt“, sagt Erwin Kowalska, der als Kurator bei dem Zirkus für die Tierhaltung zuständig ist. Kowalska ist nicht gut auf Tierschützer zu sprechen. Besprühte Fahrzeuge und überklebte Plakate – so etwas komme häufig vor. Als kürzlich der Zirkus Knie in Böblingen gastierte, stand auf imitierten Werbeplakaten: „Charles Knie – Tierquälerei für ihr Vergnügen“. In Stuttgart demonstrierte Peta mit einem Playmate im Leopardenkostüm gegen den Circus Krone.

Zirkus-Kurator: Tierschützer sind „Verbrechersyndikate“

Vor Zirkuszelten kommt es immer wieder zu Protesten, in Göppingen mündeten diese im April in handgreiflichen Auseinandersetzungen mit einem Schwerverletzten. Für Zirkusse ist es immer schwieriger geworden, überhaupt Flächen für ihre Gastspiele zu finden. Zahlreiche Kommunen in der Region haben entschieden, keine städtischen Grundstücke mehr zur Verfügung zu stellen. Stets mit der Begründung, es fehle an ausreichend Platz. Dass die Sorge vor Protesten dabei eine Rolle spielt, lässt sich kaum nachweisen, ein rotes Tuch sind die Tierschützer für die Zirkusleute in jedem Fall. Der Kurator Kowalska wählt markige Worte: Bei den Tierschutzorganisationen handle es sich um „Verbrechersyndikate“, sagt Kowalska. Die Drahtzieher von Peta und Co. hätten früher Senioren bei Kaffeefahrten betrogen und dann den Tierschutz als neues Geschäftsfeld entdeckt: „Die drücken auf die Tränendrüse und machen sich mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen die Konten voll.“

Veterninäramt stellt zwei Mängel fest

Am unteren Ende der Hierarchie gebe es Leute, die dumm genug seien und glauben, sie würden etwas Gutes tun. „Man muss sich nur die Physiognomie anschauen: Das sind alles Menschen, die es im Leben zu nichts gebracht haben“, sagt Kowalska. Aussagen wie diese werden nicht helfen, die Debatte zu versachlichen, aber für Kowalska ist jedwede Kritik sowieso unbegründet. Denn: Den Tieren im Zirkus gehe es bestens. „Bei uns ist nie ein Mangel festgestellt worden, obwohl wir mehr kontrolliert werden als jedes andere Gewerbe.“ Es werde auch nie beachtet, dass das Leben in menschlicher Obhut für die Tiere viele Vorteile habe: „Tiere im Zirkus oder Zoo haben keine natürlichen Feinde. Sie haben nicht das Problem der Nahrungssuche. Sie werden umfassend medizinisch betreut.“

Das Kreis-Veterinäramt hat den Circus Althoff bei seinem Gastspiel in Bietigheim-Bissingen vergangene Woche kontrolliert. Zwei „geringfügige Verletzungen“ bei Tieren seien festgestellt worden, erklärt Andreas Fritz als Sprecher des Landratsamtes: „Es wurden entsprechende Maßnahmen getroffen und es wird nachkontrolliert.“