Die neue Stuttgarter Fahrradbeauftragte Éva Ádam hat sich bei der Naturfreunde Radgruppe vorgestellt. Besonders im Schwabtunnel sieht sie Handlungsbedarf in Bezug auf die Sicherheit der Radler.. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski/Archiv Georg Linsenmann

Stuttgart soll zu einer echten Fahrradstadt werden. Doch wie sieht das aus? Die Radgruppe hat mit Éva Ádam, der neuen Fahrradbeauftragten der Stadt, diskutiert.

S-West - Seit Beginn des Jahres hat die Fahrradstadt Stuttgart eine neue Fahrradbeauftragte im Stadtplanungsamt. Éva Ádám hat das Amt von ihrem Vorgänger Claus Köhnlein übernommen. Jetzt hat sie sich bei einem Treffen mit der Naturfreunde Radgruppe Stuttgart in lockerer Runde den Radfahrern im Stuttgarter Westen vorgestellt. Diskutiert wurde – neben ihrem neuen Amt – der Gemeinderatsbeschluss vom 21. Februar, demzufolge Stuttgart zu einer Fahrradstadt werden soll. Langfristig sollen 25 Prozent des Verkehrs in Stuttgart auf das Fahrrad entfallen.

Éva Ádám hat in Stuttgart Geografie studiert; daher ist ihr die Verkehrssituation in der Landeshauptstadt nicht fremd. „Ich kenne die Probleme“, sagt sie immer wieder. „Während meines Studiums sind mir Fahrräder geklaut worden und ich durfte nicht mit dem Rad in der Stadtbahn mitfahren.“

Die Perspektive gewechselt

Seitdem habe sich einiges getan, das kann sie aus ihrer Erfahrung berichten. Die Botschaft ist deutlich: „Bis vor einiger Zeit war ich noch eine von Ihnen, eine normale Radfahrerin“, sagt Ádám. Mittlerweile hat sie die Perspektive gewechselt. Vor ihrer Stelle in Stuttgart war sie bereits mehrere Jahre als Fahrradbeauftragte in der Verwaltung der Stadt Leonberg beschäftigt.

Im Gespräch mit den Mitgliedern de Naturfreunde Radgruppe wird dann deutlich: Vieles hat sich seit Ádáms Studium verändert. Bis Stuttgart aber wirklich zur Fahrradstadt wird, bleibt noch einiges zu tun.

Besonders im Stadtkessel wird das deutlich, wo sich Radfahrer den begrenzten Platz mit Autos und Fußgängern teilen müssen. Dabei entstehen ständig Interessenkonflikte – zum Beispiel im Schwabtunnel. Hier soll der Verkehr neu geordnet werden, damit sich Radfahrer und Fußgänger neben den Autos sicherer fühlen. „Der Tunnel ist so eng“, erklärt Ádám, „dass man das nur über eine Zone 30 erreichen kann.“ Für extra Fahrradspuren oder ähnliche Lösungen sei schlicht kein Platz. Gegen Tempo 30 wehrt sich jedoch die SSB, weil durch den Schwabtunnel wichtige Busverbindungen führen, die sonst ihren Fahrplan nicht einhalten könnten. „Wir haben doch das gleiche Ziel wie die SSB, nämlich weniger Autos. Warum kann man da nicht besser zusammenarbeiten?“, schimpft einer der Radfahrer.

Parkplätze müssten wegfallen

Ein anderer Streitpunkt sind die Schutzstreifen für Fahrradfahrer. „Ich nenne die Fahrrad-Jagd-Streifen“, sagt einer der Anwesenden, der sich mit dem Rad auf der Straße oft nicht sicher fühlt. „Die sind ein Problem“, stimmt im Ádám zu. Alle sind sich einig: Fahrradfahrer gehören auf einen gesonderten Radfahrstreifen mit durchgezogener Linie. Für diese gibt es aber oft keinen Platz. Um ihn zu schaffen, müssten Parkplätze oder Fahrspuren für Autos wegfallen. Die Fahrradbeauftragte weiß aber: „In Stuttgart ist der Parkplatz heilig, wenn man da einen wegnehmen will muss man gegen sehr großen Widerstand arbeiten.“ Beim Stichwort Parkplätze dreht sich die Diskussion dann auch um die nächste Baustelle: Viele Fahrräder brauchen viele Stellplätze, insbesondere Pedelecs und Lastenräder. „Am Hauptbahnhof wäre sogar Platz“, sagt Ádám. „Nur will uns die Bahn ihre freien Flächen nicht zur Verfügung stellen.“

Immer wieder hört man Éva Ádáms ihren Frust an, wenn sie von den vielen kleinen und großen Widerständen bei ihrer Arbeit berichtet: „Die Autolobby, die Kessellage und der fehlende politische Wille machen es einem sehr schwer, wenn man Stadtplanung für Fahrradfahrer machen will.“ Dennoch schreckt sie die Herausforderung nicht ab. „Die Lage ist nun mal wie sie ist; das können wir nicht ändern. Aber wir können trotzdem versuchen, damit zu arbeiten.“