Alle in Korntal-Münchingen wollen, dass der Bürger das Rathaus zufrieden verlässt. Doch bei der Frage, wie viel Geld und Personal dafür nötig ist, scheiden sich die Geister.
Zu geringe Öffnungszeiten, kein Ansprechpartner für kleinere Anliegen ohne Termin – Servicepoint genannt –, trotz Termins lange Wartezeiten und lange Bearbeitungszeiten von Anträgen, keine Einlasskontrolle und keine Rezeption, was mangelnde Sicherheit für Mitarbeiter und Bevölkerung bedeutet: Der Bürgermeister Alexander Noak (parteilos) nennt viele Gründe, warum aus seiner Sicht die Stadt Korntal-Münchingen den Ansprüchen an einen guten und modernen Bürgerservice nicht zur Genüge gerecht werden kann – und deshalb dringend Veränderungen nötig sind. Baulich wie personell.
Der Rathauschef berichtet von Unzufriedenheit, Beschwerden tagtäglich – und von einer veränderten Sicherheitslage in Rathäusern. So, wie die Bürgerservices in Korntal und Münchingen derzeit aufgestellt sind, sei ein ausreichender Schutz nicht möglich. „Wir wissen gerade nicht so recht, wer sich im Rathaus befindet“, sagt Alexander Noak. Es seien schon Dinge gestohlen worden, und die Angestellten seien mitunter mit lauten, auffälligen, sogar handgreiflich gewordenen Personen konfrontiert gewesen. „Wir brauchen Türen, die zu sind, wenn sie geschlossen sind“, betont er mit Blick auf das Korntaler Rathaus. Dessen Türen sind alt, außerdem macht dem ganzen Gebäude zu schaffen, dass es absinkt. Die Ursache des einsackenden Bodens liegt im Untergrund des Stadtteils: Korntal steht auf Gipskeuper.
Eine halbe Million Euro sind für Umbau und Sanierung nötig
Um einen „zeitgemäßen und bürgerfreundlichen Service zu bieten“, wie der Bürgermeister es formuliert, hat die Stadtverwaltung ein Konzept für beide Stadtteile erarbeitet. Es sieht einen Umbau in Korntal vor und insgesamt mehr Personal. In Münchingen sind weniger Veränderungen erforderlich, denn die Stadt hat in der Lammgasse bereits eine Gewerbeeinheit gekauft für zusätzliche Arbeitsplätze. Für den Notfall soll es einen Safe Room geben, einen Panikraum, in den man vor Angreifern etwa flüchten kann. Für Umbau und Sanierung kalkuliert die Stadtverwaltung mit Kosten von rund einer halben Million Euro. Geht es nach ihr, kümmert sich um die Planung das Korntaler Architekturbüro Kusspaprika, das der Stadtrat Paul Blank (Freie Wähler) führt.
Dass bislang bloß dieses eine Büro Entwürfe vorlegt, ist ein Punkt, der dem Gemeinderat missfällt. Die CDU-Fraktion beantragte, dass die Verwaltung weitere Planungsbüros anfragt. Dem stimmten die meisten Räte zu, zumal sie auf günstigere Angebote hoffen. „Wir hätten uns Wettbewerb gewünscht“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Renate Haffner. Lore Piette (Grüne) merkte an, „wir vermissen den Willen zum Sparen“. Sie forderte, „nur absolut Notwendiges“ umzusetzen. Auch beim Personal.
Die Stadtverwaltung plante, 1,5 Stellen neu zu schaffen, eine Stelle ein wenig aufzustocken und eine 80-Prozent-Stelle zu entfristen. Angesichts der knappen Stadtkasse sprachen sich viele Gemeinderäte vor allem gegen Neueinstellungen aus.
Gemeinderat setzt auf Digitalisierung
Der FDP-Fraktionschef Peter Ott will, dass der Bürgerservice keine Aufgaben des Finanz- und Landratsamts mehr übernimmt. Sinnvoller seien weitere Investitionen in die Digitalisierung. Der Bürger müsse möglichst viele Vorgänge selbst vom Schreibtisch oder Sofa aus erledigen können. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Oliver Nauth sieht das ähnlich. „Wir haben die Möglichkeiten der Digitalisierung noch nicht ausgeschöpft.“ Die Chefin der Freien Wähler, Marianne Neuffer, sagte, durch die Digitalisierung würden sich Prozesse verlagern.
Lange wurde gerungen. Ohne zusätzliches Personal lasse sich das Konzept nicht in vorgesehenem Umfang realisieren, warnte der Bürgermeister. In diesem Fall müsse man schauen. Seinen Kompromiss, im Bürgerservice nur 0,75 statt 1,5 Stellen neu zu schaffen, lehnte der Gemeinderat ab, wenngleich knapp. Er genehmigte das sogenannte Front-/Backoffice-Konzept mit Servicepoint und Empfang samt Einlasskontrolle, wofür die Telefon- und Postzentrale etwas aufgestockt wird. Die Entfristung ist ebenfalls durch. Er sei enttäuscht, sagte Alexander Noak zum Ergebnis. „Wir haben das Konzept mit Mühe und Liebe erarbeitet.“