Die Vorschriften für Discos sind wesentlich strenger als für Gaststätten. Foto: Achim Zweygarth

Wer in der Innenstadt eine Diskothek betreibt, muss für fehlende Parkplätze deutlich mehr Geld zum Ausgleich zahlen als ein Barbesitzer. Die CDU im Stuttgarter Gemeinderat findet das nicht in Ordnung und fordert Erleichterungen.

S-Mitte - Wohlwollen für die Partygastronomie gehörte bislang nicht zum kommunalpolitischen Kernbereich der Christdemokratie in Stuttgart. Das soll sich ändern, jedenfalls nach dem Willen von Fabian Mayer. Der CDU-Stadtrat, Geburtsjahrgang 1981, ist Urheber eines Antrags zum Stuttgarter Nachtleben. Dessen Grundtenor ist zumindest unterschwellig, dass die Stadt es nicht übertreiben möge mit den Kontrollen der Partylokale. Mayer hat eigene Erfahrungen. Immerhin fünf Jahre lang arbeitete er für das Waranga auf dem Kleinen Schlossplatz.

Inzwischen widmet er sich allerdings längst seinem studierten Beruf: dem des Juristen. Weshalb sein Antrag keineswegs eine allgemein gehaltene Aufforderung zu mehr Nachsicht mit dem Nachtleben ist. Standesgemäß hat Mayer den Paragrafen 37 der Landesbauordnung samt der Verwaltungsvorschrift Stellplätze nach Ermessensspielraum zu Gunsten der Gastronomen durchsucht. Das macht sein Ansinnen kompliziert.

Manche versuchen es mit einer einfachen Schankgenehmigung

Das Verwaltungsrecht dürfte seinen Anteil daran haben, dass im jugendlichen Sprachgebrauch die Disco dem Club gewichen ist. Diskotheken unterliegen strengeren Regeln als gewöhnliche Gastronomiebetriebe. Dies schlicht, weil in Kneipen allein der Tische wegen weniger Menschen Platz haben als in Tanzlokalen. „Weshalb mancher Gastronom mit einer einfachen Schankgenehmigung auszukommen versucht“, wie Mayer sagt. Prominentes Opfer dieser Praxis war der House-Club Kim Tim Jim am Charlottenplatz. Die Stadt schloss ihn im Februar, weil er faktisch als Diskothek genutzt wurde und die dafür nötigen Fluchtwege fehlten.

„Heute schaut man mehr auf den Brandschutz“, sagt Mayer. Daran hat er nichts zu mäkeln, möchte aber, „dass man den Gastronomen auf der Kostenseite etwas entgegenkommt“. In der Theorie muss jeder Wirt seinen Gästen Parkplätze anbieten. Weil dies am Charlottenplatz oder an der Theodor-Heuss-Straße schlicht unmöglich ist, kassiert die Stadt eine Ausgleichsgebühr. Die werden Betroffene als Strafe empfinden – und zwar als happige.

Pro 100 Quadratmeter Betriebsfläche werden bis zu 320 000 Euro fällig. Für Kneipiers ist die Summe grundsätzlich um ein Drittel niedriger und sinkt weiter, wenn die Wirtschaften mit Bus und Bahn gut zu erreichen sind. Diese Gnade kennt das Gesetz für Diskotheken nicht. Mayer will wissen, ob diese Vorschrift aufgeweicht werden kann und fordert, bei der Berechnung der Parkplatzzahl „den Ermessensspielraum zu nutzen“. Den gibt es. Das Baurechtsamt kann pro vier, aber auch pro acht Quadratmeter Nutzfläche einen Parkplatz verlangen. Üblicherweise wird mit der mathematischen Mitte gerechnet.

Der Gemeinderat könnte Ausnahmen beschließen

Für das Stadtzentrum den Satz zu senken, „gäbe ein Problem mit der Gleichbehandlung“, sagt Kerstin Rickes, die Leiterin des Baurechtsamts. Die Betreiber abgelegener Diskotheken am Stadtrand könnten mit hoher Erfolgsaussicht dagegen klagen, dass für gleiche Betriebe in derselben Stadt unterschiedliche Regeln gelten.

„Die Stellplatzablöse ist schon ein Problem“, sagt Martin Treutler, der beim Ordnungsamt für die Branche zuständig ist. Zwar seien es keineswegs Massen von Gastronomen, die versuchen, sich um die Gebühr herumzumogeln, aber „wer das umgehen will, beantragt einfach eine Bar“, sagt Treutler. Allerdings ist die Gefahr deutlich gestiegen, mit einer formal falschen Lizenz erwischt zu werden, seit Stadt und Polizei eigens eine Arbeitsgruppe gegründet haben, um die Auswüchse des Nachtlebens zu kappen.

Ungeachtet dessen, dass die Wege durch das Labyrinth der Verwaltungsregeln verschlungen sind, gäbe es eine Möglichkeit, Mayers Anliegen zu erfüllen. Dazu müsste allerdings nicht nur die CDU ihr Herz für die Partygastronomie entdecken. Für einzelne Stadtteile oder Straßenzüge im Zentrum könnte eine Gemeinderatsmehrheit Ausnahmeregeln beschließen.