Christian Bluthardt mit einem Teil der Instrumente auf „Disco Volante 80“ Foto: Allscore/Bluthardt

Der Stuttgarter Instrumentalist Bluthardino legt mit „Disco Volante 80“ nachträglich eine der besten Platten dieses Jahres vor – weil dieses Popversprechen von den echten 80ern nie gehalten werden konnte.

1980 kippte etwas im Pop. Die Discoära ging zu Ende, Abba feierten ihre letzten großen Erfolge. Schon ein Jahr später wies Olivia Newton-Johns Song „Physical“ soundtechnisch ebenso den Weg ins neue Popjahrzehnt wie das dazugehörige Video mit seiner Aerobic- und Schwule-Bodybuilder-Ästhetik. Leider kamen die 80er von diesem vielversprechenden Pfad relativ schnell ab, unter anderem weil Trash die Ironie ablöste. Hätte es anders kommen können?

Das ist die Frage, die man sich beim Hören von „Disco Volante 80“ stellt, dem diesen Freitag bei Allscore erscheinenden Album von Christian Bluthardt alias Bluthardino, Stuttgarter Filmmusikkomponist, Filmnerd und die eine Hälfte der Fiktive-Soundtrack-Macher Mondo Sangue. Die zehn Songs entwerfen sozusagen einen alternativen Sound für die Schwelle des Jahrzehnts, das handgemachten Pop in Teilen durch Maschinenmusik ersetzte. Diese Technisierung befähigte erstmals auch Solokünstler, komplexe Popplatten vorzulegen – so wie Bluthardino mit „Disco Volante 80“, der genau deshalb den Zeitbezug in den Albumtitel aufnimmt.

Yachtrock und Blubbersounds

Wie das Werk in den Diskotheken des Jahres 1980 gewirkt hätte? „In den Discos wäre das gar nicht gelaufen, die Musik hat ja gar nicht dieses Abba-mäßige“, sagt Christian Bluthardt. Er will sein Album auch nicht mit „so einem Nostalgieding“ verwechselt sehen. „Disco Volante 80“ vereine so viele musikalische Einflüsse, dass dieses Album „eigentlich erst im Nachhinein eingespielt werden kann. 1980 wäre diese Musik sehr unwahrscheinlich gewesen“.

Umso reizvoller und anregender ist diese Platte. Bluthardino mischt altes und neues Equipment, die warmen Sounds der 1970er treffen auf Yachtrock-Momente und elektronische Claps, frühe Synthesizer und Sprechgesang evozieren jenen „Computer Beach Party“-Feel, der auch Gegenstand einer dieser zeitgeschichtlich inspirierten Netflixserie sein könnte.

Releaseparty am Freitag

In dem Fall muss der Songtitel in Kombination mit der Musik ausreichen. Es ist aber wirklich ein Leichtes, sich mit dieser wunderbar weich dahinfließenden Platte ins ganz persönliche Popjahr 1980 zu träumen, mit kosmischen Streichersounds, dahinblubbernden Synthesizern und der permanenten Aufforderung, mit geschlossenen Augen die Tanzfläche zu betreten. Hätten die 80er gehalten, was Bluthardino auf „Disco Volante 80“ verspricht, die Musikwelt wäre eine bessere.

Es ist jedenfalls eine Platte, die man „gefahrlos zum Auflegen mitnehmen kann“, sagt Christian Bluthardt. Das tut er denn auch diesen Freitag, wenn er in der Bar (Augustenstraße 81) zur Releaseparty lädt. Neben „Disco Volante 80“ bringt Bluthardt „100 andere Platten mit, die mich zu diesem Album inspiriert haben“. Vielleicht waren die 80er ja gar nicht so schlimm?