Die Außenminister Russlands und Deutschlands, Sergej Lawrow (links) und Heiko Maas beim bilateralen Gespräch in Helsinki. Foto: AP

Ein Ausscheiden Russlands aus dem Europarat scheint abgewendet zu sein. Die 47 Mitgliedstaaten verständigten sich auf einen Kompromiss, der Russland die Rückkehr mit vollem Stimmrecht ermöglichen soll.

Helsinki - Wir wollen, dass Russland ein Teil des Europarats bleibt“, machte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bei einem Treffen des Ministerkomitees der Organisation am Freitag in Helsinki deutlich. Durch seine Vermittlung wurde bei dem Außenministertreffen in der finnischen Hauptstadt ein erster Schritt dafür gemacht, Russland in dem Staatenbund zu halten.

Ein Austritt des größten Mitgliedstaates würde den Europarat im 70. Jahr nach seiner Gründung in eine tiefe Krise stürzen. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Krim 2014 entzog die Parlamentarische Versammlung des Europarats Russland das Stimmrecht. Von der wichtigen Wahl des Nachfolgers von Generalsekretär Thorbjørn Jagland im Juni wäre Russland somit ausgeschlossen.

Russland zahlt zurzeit keine Beiträge

Die russische Regierung stoppte ihrerseits Mitte 2017 die Beitragszahlungen, die zehn Prozent des Budgets ausmachen. Wenn Moskau mit zwei Jahresbeiträgen im Rückstand ist, drohen weitere Sanktionen bis hin zum Ausschluss. Damit stellt sich auch für die russische Führung die Frage, warum das Land dem Europarat überhaupt noch angehören sollte.

Auch wenn er in der öffentlichen Wahrnehmung im Schatten der Europäischen Union steht, ist der 1949 ins Leben gerufene Europarat die erste europäische Organisation, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde. Die Bundesregierung beobachtet mit Sorge, wie derzeit internationale Abmachungen zerbröseln und multinationale Organisationen zunehmend infrage gestellt werden. Iran, Syrien, Ukraine – die Gefahrenherde sind zahlreich, einen Verfall der globalen Statik will Deutschland unter allen Umständen verhindern.

„Der Europarat ist eine Bastion des Rechtes für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte“, sagte Maas, der am Rande der Ministerberatungen in Helsinki auch zu einem bilateralen Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammenkam. Der Bundesregierung geht es bei ihrem Einsatz für einen Verbleib Russlands in der Runde aber nicht nur um die Einheit der Organisation mit seinen 47 Mitgliedstaaten, sondern auch um die 140 Millionen Russen.

Deutsche Vermittlung ist erfolgreich

Jeder Mitgliedstaat muss die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte unterzeichnen. Ihre Bürger können zudem vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen. „Wir wollen, dass das auch in Zukunft für die russischen Bürgerinnen und Bürger der Fall sein wird“, sagte Maas. Das Land steht immer wieder wegen seines Umgangs mit Oppositionellen, Journalisten oder Homosexuellen in der Kritik.

Maas brachte einen Kompromissvorschlag in die finnische Hauptstadt mit, der einen Verbleib Russlands in der Organisation ermöglichen soll. Trotz Bedenken einer Reihe von osteuropäischen Staaten erhielt der Vorstoß in Helsinki die notwendige Zustimmung. In einer gemeinsamen Erklärung hoben die Minister die Verpflichtung aller Mitglieder hervor, ihre Beiträge zu zahlen. „Wir lehnen unsere Verpflichtungen nicht ab, auch nicht die finanziellen“, betonte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Freitag in Helsinki.

Der ukrainische Außenminister bleibt dem Treffen fern

Weiterhin äußern die Minister in der Erklärung den Wunsch, dass alle Staaten – also auch Russland – im Juni an der Sitzung der Parlamentarischen Versammlung teilnehmen, wenn es um die Jagland-Nachfolge geht. „Das ist eine Voraussetzung dafür, dass Russland auch zukünftig dem Europarat angehört“, sagte Maas. Für künftige Fälle, in denen Mitgliedstaaten eklatant gegen die Statuten oder Grundprinzipien des Europarats verstoßen, soll zudem ein mehrstufiges Sanktionsverfahren vereinbart werden.

Diesem Vorgehen muss in den kommenden Wochen auch noch die Parlamentarische Versammlung zustimmen. Wenn Russland dann sein Stimmrecht zurückbekommt, würde erstmals eine internationale Sanktion wegen der Krim-Annexion aufgehoben. Die Ukraine lehnt es wegen des Konfliktes mit dem Nachbarland ab, dass Russland wieder vollwertiges Mitglied im Europarat wird. Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin sagte aus Protest gegen die sich abzeichnende Wiederannäherung seine Teilnahme an dem Treffen in Finnland ab.