Wenn ein Lkw unvorhergesehen ausfällt, kommen Verlader schnell in eine Notlage. Foto: dpa

Auch Spediteure kommen an der Digitalisierung nicht vorbei. Die Transportbranche steht deshalb vor großen Veränderungen.

Stuttgart - Sie heißen Flexport, U-Ship oder Uber Freight und mischen die Logistiklandschaft auf. Wurde in früheren Jahren viel Geld vor allem in Start-ups wie Uber, BlaBlaCar oder Flixbus, also in das Geschäft der Personenbeförderung, gesteckt, richtet sich der Fokus inzwischen stärker auf Logistik-Start-ups. Das Problem für Deutschland: Die Finanzierung innovativer Transport-Start-ups fand nach Angaben der Managementberatung Oliver Wyman zuletzt überwiegend außerhalb Europas, nämlich in den USA und in Asien, statt. Dabei nimmt Deutschland als Standort global führender Unternehmen wie DHL, DB Schenker und Dachser weltweit ebenfalls eine Spitzenposition in der Logistik ein. Doch die Digitalisierung der Branche nimmt hierzulande eher zögerlich Fahrt auf. Speditionen, bei denen noch Auftragszettel von Hand an die Wand gesteckt werden, sind nach wie vor Realität.

Nottransporte im Visier

Das soll sich nun ändern. Der Truck-Bereich von Daimler etwa setzt auf eine Logistik-App namens Habbl. Über die App und ein entsprechendes Portal sollen der Lkw-Fahrer und alle anderen Beteiligten der Transportkette miteinander vernetzt sein. Auch Alexander Grelck als mittelständischer Unternehmer sagt: „Wir müssen die Digitalisierung sukzessive in die Transportbranche reinführen.“ Grelck selbst will seinen Teil dazu mit einem digitalen Marktplatz namens Lkwnow beitragen. Dabei hat er mit den sogenannten Nottransporten „eine Logistiklücke“ im Visier. Seine Plattform wendet sich an in Not geratene Verlader sowie an Frachtführer. Denn zu den „Branchenkrankheiten“ zählt er Laderaumknappheit, Fahrermangel und schlechte Auslastung. Im Tagesgeschäft des Transportwesens, so sagt er, gebe „es meist mehr Probleme als Lösungen“.

Die Notlagen, mit denen sich die Verlader regelmäßig herumschlagen, sind zahlreich: Bestellte Lkw fallen einfach aus. Auch Unwetter, Unfälle oder technische Probleme wirbeln die Planung durcheinander. Seiner Einschätzung nach werden deshalb täglich fünf bis zehn Prozent spontane Sonderfahrten notwendig. Aber woher dann einen Lkw nehmen? Hier setzt Grelck mit Lkwnow an. Der 43 Jahre alte Unternehmer aus Henstedt-Ulzburg (Schleswig-Holstein) sagt: „Bisher musste man von Pontius zu Pilatus herumtelefonieren, um noch einen freien Lkw zu finden.“ Künftig soll das über eine App möglich sein. Lkw-Fahrer melden ihren Laster, wenn er frei ist, direkt via Lkwnow-App über ihr Smartphone an. Diese Fahrzeuge sind dann unmittelbar auf der LKWnow-Map sichtbar. Die Fahrer können dann direkt vom Verlader kontaktiert und beauftragt werden. Speditionen und Frachtführer können darüber hinaus Tracking-Links zur Ortung der Lkw an ihre Kunden verschicken. Somit könnten „garantiert freie Lkw inklusive Fahrer vermittelt werden“. Grelck: „Wir bilden Laderaumkapazitäten in Echtzeit ab.“ Das unterscheide seine App von den üblichen Frachtbörsen.

26 Paletten Joghurt in München statt in Fuerteventura gestrandet

Grelck ist ein alter Hase im Geschäft. Schon mit 24 Jahren hatte er seine erste Firma FIT Logistik- und Transportmanagement GmbH & Co. KG gegründet, die sich bis heute in erster Linie um Lkw-Ladungstransporte der besonderen Art kümmert. Der Transportnotruf war von Anfang an ein Bestandteil seines Angebots.

Seinen spektakulärsten Einsatz hatte er, als ein Markt eines Lebensmitteldiscounters in Fuerteventura eröffnet wurde. 26 Paletten Joghurt sollten zur Einweihung angeliefert werden, doch der frische Joghurt strandete unplanmäßig in München. Quasi über Nacht organisierte Grelck dann einen Nottransport und schaffte es, dass die empfindliche Ware gekühlt doch noch rechtzeitig über Barcelona auf die spanische Insel zur Filialeröffnung manövriert wurde. „So wie andere Feuerwehrmann werden wollen, wollte ich immer genau solche Probleme lösen“, beschreibt er seine Motivation. Nun also hat er die Digitalisierung der Branche ins Auge gefasst.