Der Schreinermeister Yannik Tomay (rechts), Inhaber der Esslinger Schreinerei Krickl, berichtet Vertretern der Handwerkskammer Region Stuttgart vom Stand der Digitalisierung in seinem Unternehmen. Foto: Philipp Braitinger

Mit einer Homepage ist es längst nicht mehr getan: Um sich am Markt zu behaupten, setzen viele Handwerksbetriebe auf Präsenz in sozialen Medien. Mit ein paar hundert Euro im Monat sei es da nicht getan, sagt ein Handwerker aus Deizisau.

Ohne Computer, soziale Medien und Smartphone kommt kein Handwerksbetrieb mehr aus. Sowohl innerbetrieblich als auch in der Kommunikation mit den Kunden kann es sich kaum ein Unternehmen leisten, nicht mit der Zeit zu gehen. Vertreter der Handwerkskammer Region Stuttgart haben sich jetzt bei einem Vor-Ort-Besuch in der Esslinger Schreinerei Manfred Krickl bei deren Inhaber Yannik Tomay sowie bei dem Deizisauer Unternehmer Sven Stelzel umgehört, wie sie die digitalen Möglichkeiten nutzen.

 

„Liebe Freunde des geschärften Hobelmessers“ – mit dieser Begrüßungsformel leitet der Schreinermeister Tomay regelmäßig seine Beiträge in den sozialen Medien ein. Er ist aktiv auf Facebook und Instagram, teilt dort Fotos aus dem Arbeitsleben und informiert immer wieder in kleinen Clips über die Angebote oder offene Stellen. Derzeit arbeiten drei Gesellen, zwei Auszubildende und eine Bürokraft in dem Traditionsunternehmen. Weitere Mitarbeiter wären willkommen. Bewerbungen gibt es genug. Allein: Die richtigen Facharbeiter zu finden, das sei schwierig, sagt Tomay.

Auch Kleinaufträge nimmt der Betrieb an

Die Firma ist auf Innenausbau spezialisiert, Möbel und Türen werden beispielsweise gefertigt oder Reparaturen durchgeführt. Besonders häufig werden Schränke in Dachschrägen eingebaut. Seine Stärken spielt das Unternehmen oft dort aus, wo keine Produkte „von der Stange“ möglich sind. Es werden auch Kleinaufträge angenommen wie das individuell gestaltete Schneidebrettchen, das besonders zu Weihnachten gefragt ist.

Im Betrieb wird noch viel mit Papier gearbeitet

Die Möglichkeiten des Social-Media-Marketings nutzt Tomay gerne – und das zahlt sich aus. „Wir bekommen viele Anfragen über Social Media“, berichtet er. Zwei bis drei Stunden pro Woche investiere er dafür. „Es ist wichtig, eine Marke abzubilden“, findet der Geschäftsführer. Die Aktivitäten sollen ausgebaut werden. Als nächstes möchte Tomay auch Tiktok bespielen. Innerbetrieblich ist bei der Digitalisierung indes noch Luft nach oben. Es wird noch viel mit Papier gearbeitet. Das liege vor allem daran, dass er bisher noch keine passende Software für sein Unternehmen gefunden habe, sagt Tomay. Eine ständige Herausforderung seien ferner die Kosten. Wenn er einfach die Preise erhöhe, drohten Kunden abzuspringen. Gleichzeitig müsse er immer wieder in teure Maschinen oder eben Software investieren.

Geradezu begeistert von den Möglichkeiten des Social-Media-Marketings ist der Maler- und Lackierermeister Sven Stelzel. Der Inhaber von Doktor Spanndecke aus Deizisau baut deutschlandweit Deckenbeschichtungen aus einem Polyester-Gewebe ein. Das hat vor allem bei hohen Decken den Vorteil, dass der Schall nicht zurückkommt. Weil er nicht nur rund um den Standort in Deizisau arbeitet, sind die Abläufe bereits seit Jahren digitalisiert. „Es war anstrengend, das alles aufzubauen. Aber jetzt ist es top“, sagt er.

Das Budget ist für den Erfolg entscheidend

Nach außen ist es vor allem das Marketing über das Internet, das ihm viele Aufträge bringt. Sein größtes Problem sei es anfangs gewesen, dass seine Angebote nicht bekannt gewesen seien. Und die Werbung im Internet habe auch nicht sofort reibungslos funktioniert. „Wir haben viel Lehrgeld bezahlt“, erinnert sich Stelzel. Anfangs sei das Budget für das Marketing viel zu gering gewesen. „Für 300 oder 500 Euro im Monat passiert gar nix“, weiß er heute. Inzwischen gebe er zehn Prozent seines Umsatzes für Marketing aus.

Bespielt wird das Marketing vom Unternehmen selbst. „Das kann man niemand anderen machen lassen“, findet Stelzel. Es sei aber ein weiter Weg gewesen, sich die entsprechenden Kenntnisse anzueignen. Unterm Strich habe es sich aber für ihn gelohnt. „Wir haben über die Jahre eine Marke aufgebaut“, sagt er. Wenn er manchen Handwerkskollegen davon erzähle, ernte er auch Stirnrunzeln. Das hänge auch damit zusammen, dass viele Handwerker in den vergangenen Jahren kein Marketing betreiben mussten, weil sie mehr Aufträge hatten als sie überhaupt abarbeiten konnten. Dies sei aber bei Doktor Spanndecke nie so gewesen. Er habe immer Akquise betreiben müssen.

Der Umsatz der Branche ist stabil

Handwerk
Knapp 30 000 Handwerksbetriebe gibt es in der Region Stuttgart. Allerdings hat die Zahl der Beschäftigten laut Handwerkskammer zuletzt abgenommen, von 192 000 im Jahr 2022 auf 188 000 in 2023. Der Umsatz ist aber nahezu gleich bei rund 31 Milliarden Euro geblieben.

Betriebe
Trotz abnehmender Beschäftigtenzahl hat die Anzahl der Betriebe leicht zugenommen. Im Landkreis Esslingen gab es im vergangenen Jahr 6199 Handwerksbetriebe (plus 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). In der Stadt Stuttgart gab es 6039 Handwerksbetriebe.

Gewerke
Die meisten Betriebe waren Friseure, gefolgt von den Gebäudereinigern. Es folgen Elektrotechniker, Kosmetiker, Fliesenleger, Kraftfahrzeugtechniker, Installateure und Heizungsbauer, Einbau geformter Baufertigteile, Fotografen sowie Maler und Lackierer.