Bis zu 100 Millionen Euro würde ein zeitgemäßer Multimedia-Ausbau der Stuttgarter Schulen kosten. Doch mit der Vernetzung allein ist es nicht getan.
Stuttgart - Die Margarete-Steiff-Schule in Möhringen hat in Stuttgart eine Sonderstellung. Es ist die einzige mit flächendeckender W-Lan-Ausstattung – im Neubau. Schulleiter Peter Otto ist froh: „Die Versorgung mit netzwerkbasierten Programmen deckt gerade bei Schülern mit Behinderungen wichtige Bedürfnisse ab.“ Und sie biete neue Möglichkeiten für die Schüler mit körperlichen Behinderungen. So nutzten diese ihre i-Pads und Tablets auch als Spezialgeräte zur unterstützten Kommunikation. Aber die Steiffschule ist eine Ausnahme. Von den 160 städtischen Schulen in Stuttgart sind bisher nur 25 voll vernetzt. Das soll sich ändern.
Doch mit der Vernetzung allein ist es nicht getan. Denn: „Keine Schule in Stuttgart ist ausreichend mit digitalen Endgeräten ausgestattet“, so Schulbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) in einer Vorlage zum Haushaltsplan. Aber es geht noch weiter: „46 Schulen sind nicht ausreichend ans Internet angebunden. Die Grundschulen sind bisher in keinem städtischen Ausstattungsprogramm enthalten.“ Doch das passt nicht zu den seit dem Schuljahr 2016/17 geltenden Bildungsplänen des Landes. Diese sehen Medienbildung in allen Fächern und Schularten vor, auch in den Grundschulen.
Was das für die Ausstattung der Schulen bedeutet, haben Land und kommunale Spitzenverbände in ihren Multimedia-Empfehlungen im Jahr 2016 zusammengefasst: voll vernetzte Schulhäuser, digitale Präsentationsmöglichkeiten und Endgeräte in jedem Unterrichtsraum. Hinzu kommen schulweite Klassensätze mit Endgeräten sowie Endgeräte für Lehrer und eine Breitbandanbindung ans Internet.
Schulleiter kritisieren erhebliche Ausstattungsunterschiede zwischen Schulen
Die geschäftsführenden Schulleiter aller Stuttgarter Schulen haben das Maßnahmenpaket bereits im Juli beantragt: „Es ist dringend und zeitnah notwendig, alle Stuttgarter Schulgebäude mit schnellem Internet über Lan oder W-Lan auszustatten“, heißt es darin. Die Schulleiter verweisen zwar auf eine „gute Basisausstattung an PC-Räumen und mobilen Präsentationseinheiten und ein weitgehend gutes Supportsystem“. Sie geben aber zu bedenken, dass es zwischen den einzelnen Schulen erhebliche Unterschiede im Ausstattungsstandard gebe. Insbesondere die Grund- und Sonderschulen hätten großen Nachholbedarf. Die Schulleiter bitten darum, dass im nächsten Doppelhaushalt mindestens zehn Millionen Euro bereitgestellt werden, um die Vernetzung an Schulen sowie die Ausstattung mit W-Lan und Tablets samt Service voranzubringen. Sie fordern zudem, das dafür notwendige Budget für Lehr- und Lernmittel zu erhöhen. Im städtischen Schulreferat hat man ausgerechnet, dass für eine flächendeckende Multimedia-Nachrüstung der allgemeinbildenden Schulen Investitionen von 46 bis 100 Millionen Euro notwendig wären. Plus 2,6 Millionen für eine Breitbandanbindung. Am Mittwoch will Fezer dem Verwaltungsausschuss einen Stufenplan zum Ausbau der Digitalisierung vorschlagen. Grundsätzlich sollen alle anstehenden Elektrosanierungen auch zur Datenvernetzung genutzt werden. Dies betreffe in den nächsten fünf Jahren rund 60 Bau- und Infrastrukturmaßnahmen. Das Ziel seien 15 Schulen pro Jahr.
Bis 2021 sollen mindestens 46 Schulen ans städtische Glasfasernetz angeschlossen werden
Auch die Hardware soll leistungsfähig und zuverlässig sein. „Wir sind zuletzt, was die Akkuleistung angeht, immer an Grenzen gestoßen“, sagt Karin Korn, die Leiterin des Schulverwaltungsamts. In den nächsten fünf Jahren sollen die 138 allgemeinbildenden und weiterführenden Schulen inklusive Sonderschulen ein bis zwei Koffer mit je 16 Tablets erhalten. Möglichst alle Schulen, bis zum Jahr 2021 aber 46 Schulen, sollen ans städtische Glasfasernetz angeschlossen werden. Diese Maßnahmen werden im Plan für die nächsten beiden Doppelhaushalte mit jeweils jährlich sechs Millionen veranschlagt und sind in der grünen Liste des Haushaltsplanentwurfs.
Laut Schulreferat sind an 135 Schulen zusätzliche Vernetzungsmaßnahmen notwendig, um den Anforderungen der neuen Bildungspläne gerecht zu werden. Und mindestens 4000 von 9000 Unterrichtsräumen sind gar nicht vernetzt. Durchschnittlich rechne man mit Kosten von 11 000 Euro pro Raum. Es könnte allerdings auch deutlich teurer werden. Das Hochbauamt gibt zu bedenken, dass für die elektrotechnische Erschließung 50 bis 200 Prozent mehr Kosten anfallen könnten, je nach dem Sanierungsgrad einer Schule. Bis alles umgesetzt ist, versuche man den Schulen allerdings auch punktuell zu helfen, so Korn.