Die IT-Prorektorin Simone Rehm bringt die Uni Stuttgart auf digitalen Kurs. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Simone Rehm ist Prorektorin für IT an der Uni Stuttgart. Die Informatikerin will Studierenden kreative Lernmöglichkeiten bieten und Professoren und Verwaltung die Arbeit erleichtern. Doch nicht alle haben Lust auf neue Strukturen.

Stuttgart - Die Uni Stuttgart macht sich auf den Weg ins digitale Zeitalter. Dafür hat sie sich professionelle Unterstützung geholt: Seit knapp einem Jahr amtiert Simone Rehm als hauptamtliche Prorektorin für IT – und als erster Chief Information Officer (CIO). Das Amt ist auf sechs Jahre befristet. Die promovierte Informatikerin, Jahrgang 1959, soll durch einrichtungsübergreifende IT-Strukturen dafür sorgen, dass sich die Disziplinen besser vernetzen, dass Forscher und Studierende bessere Arbeits- beziehungsweise Lernmöglichkeiten bekommen und dass die Abläufe in der Verwaltung effizienter und nicht zuletzt sicherer werden.

Wie man solche Strukturen etabliert, kann Simone Rehm aus dem Effeff. Schließlich hat sie zuvor 14 Jahre lang als CIO beim Maschinenbauer Trumpf in Ditzingen gearbeitet und dort weltweit die IT, inklusive für die 50 Tochtergesellschaften, verantwortet. Weshalb sie von dort zur Uni gewechselt ist? „Ich hatte Lust auf was Neues“, sagt sie. Insbesondere habe sie auch gereizt, den Bereich Forschung mit IT zu unterstützen. Eine Heimkehr ist es trotzdem. In dem in die Jahre gekommenen Gebäude an der Azenbergstraße im Stuttgarter Norden, wo Simone Rehm im dritten Stock ihr Büro hat, hat sie in den 80-er Jahren Informatik studiert. Das war noch zu Papierzeiten. Wenn man damals von Digitalisierung sprach, meinte man einen eingescannten Brief.

An der Uni Stuttgart wird der komplette Studienzyklus längst online verwaltet

Doch wie richtet sich eine Uni heute auf die zunehmende Smartisierung der Welt ein? In einzelnen Bereichen gehören IT-basierte Plattformen an der Uni Stuttgart längst zum Alltag. Zum Beispiel in Form des Campus-Management-Systems. Es umfasst den kompletten Zyklus jedes Studierenden von der Bewerbung über die Zulassung, Immatrikulation, Studiengangs- und Leistungsmanagement, Prüfungen bis hin zur Exmatrikulation. 2012 von der Uni Graz eingekauft und 2015 eingeführt laufe es jetzt erfolgreich, berichtet die Prorektorin. Auch die Verwaltung der jüngst eingeführten Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer wickle man über dieses System effizient ab. „Was oft unterschätzt wird, ist nicht die Technik, sondern es sind die Menschen: in der Verwaltung und in den Fakultäten“, sagt sie. Wenn man neue Strukturen und Prozesse einführe, müsse man „auch die Menschen mitnehmen – das ist das Entscheidende“.

Doch auch technisch gibt es noch Lücken, die die Prorektorin gern schließen würde: „Wir möchten auch das Promotionswesen elektronisch verwalten“, kündigt sie an. Derzeit sei man noch dabei, die passende Software dafür auszuwählen. Ebenfalls neu eingerichtet werden soll Mitte 2018 ein Forschungsinformationssystem. Darin sollen die Drittmittelprojekte geführt werden. Ziel sei es, einen besseren Überblick darüber zu bieten. „Es wird ein Forschungsportal sein, das auch öffentlich eingesehen werden kann“, erklärt die CIO. Sie betont aber: „Es darf und soll kein Leistungsüberwachungssystem sein.“

Doch auch die durch Forschung gewonnenen Daten sollen künftig noch professioneller gemanagt werden. Ihre Vision, so Simone Rehm, sei ein umfassendes Forschungsdatenmanagement. Schließlich müssten diese Daten erhoben, beschrieben, archiviert und über Metadaten einer Nachnutzung zugeführt werden. „Dieses Thema wird sicher an Bedeutung gewinnen“, meint sie. Einzelne Projekte dazu gebe es schon. Auch die Unibibliothek unterstütze die Forscher hierbei bereits.

Die technischen Voraussetzungen für E-Learning sind gut, didaktisch gibt es Nachholbedarf

In der Lehre sei die Uni Stuttgart technisch schon gut für E-Learning ausgerüstet, bei der didaktischen Einbettung gebe es noch Nachholbedarf. „Man erhofft sich eine bessere Stoffvermittlung durch Anreicherung der Lehre mit digitalen Elementen“, sagt Simone Rehm – „wir als Uni müssen diesen Digitalisierungsprozess gestalten“. Ziel sei eine hochschulweite Strategie.

„In der Verwaltung haben wir noch einiges an Wegstrecke vor uns – da wird noch viel mit Papier gearbeitet“, meint die Prorektorin. Grund dafür seien auch die stark gestiegenen Studierendenzahlen. Rund 28 000 sind es derzeit, ganz zu schweigen von einer deutlich höheren Bewerberzahl. Und jeder einzelne muss schließlich verwaltet werden, irgendwie. Man habe wohl „keine Zeit gehabt, die Axt zu schärfen, weil man so viele Bäume fällen musste“. Dennoch gelang der Uni die Abwicklung der großen Bewerbermenge in letzter Zeit ziemlich geräuschlos. Damit nicht genug, seien auch viele neue Studiengänge dazugekommen, teilweise auch in Kooperation mit anderen Hochschulen. Da sei dann erst mal zu klären, welche Hochschule wen verwalte, zugleich aber müssten die Studierenden ja Zugriff auf beide Systeme haben. „Man war schneller im Erfinden neuer Themen, als die Verwaltungsapparate sich auf diese Veränderungen einstellen konnten“, so Rehm. Das Thema der Zugriffsrechte stelle sich auch bei Einrichtungen wie Arena 2036, wo auf dem Campus auch externe Partner aus Industrieunternehmen mitwirkten.

Das Ziel: Studierende, Lehrende, Forschende und Verwaltung sollen es einfacher haben

Doch die CIO ist zuversichtlich, dass es gelingen wird, „die Prozesse beim Anwender optimal zu unterstützen und somit einfacher zu machen“, wie sie es nennt. Die Anwender, das sind Studierende, Lehrende und Forschende und, natürlich, auch die Verwaltungsmitarbeiter. In punkto Lehre und neuen Formen des Lernens ist Simone Rehm bei dieser Aufgabe übrigens nicht allein. Bereits vor einem Jahr haben sich die baden-württembergischen Hochschulen zu einem Hochschulnetzwerk Digitalisierung der Lehre Baden-Württemberg zusammengeschlossen. Denn weshalb sollte bei E-Learning-Strategien jede Hochschule das Rad neu erfinden?