Dieter Nelle inszeniert Marivauxs Komödie „Triumph der Liebe“ im Stuttgarter Forum Theater. Foto: Max Kovalenko

Dieter Nelle inszeniert Marivauxs Komödie „Triumph der Liebe“ am Forum Theater Stuttgart. Warum Sprechen für ihn wichtiger ist, als anfassen und wie er das Stück unter Corona-Bedingungen ohne intime Szenen zeigt, erzählt er im Interview.

Stuttgart - An diesem Donnerstag findet die Premiere von Dieter Nelles „Triumph der Liebe“ im Forum Theater statt. Nicht nur, wie die Liebe ohne Berührungen auf die Bühne kommt, hat den Regisseur an dem Stück interessiert.

Herr Nelle, sieben Schauspieler sind in das Stück involviert – stehen sie alle gemeinsam auf der kleinen Bühne?

Mit rund elf Metern Breite und neun Metern Tiefe ist unsere Bühne gar nicht so klein. Dennoch stehen im Stück meistens zwei bis drei Personen auf der Bühne. Nur in einer einzigen Szene sind sie alle zu sehen: Das ist das Finale. Hier können wir die Abstände einhalten.

Mussten Sie das Stück sehr verändern, um den geltenden Corona-Maßnahmen gerecht zu werden?

Nein, eigentlich gar nicht. Schon vor Corona war klar, dass Bühnenelemente aus Plexiglas zum Einsatz kommen werden. Diese dienen nicht nur als Teile des Bühnenbilds, die an das Barocke Theater angelehnt sind, sondern gleichzeitig als Virenschutz. Außerdem ist „Triumph der Liebe“ eine frühe Konversationskomödie: Im Stück siezen sich alle. Allein dadurch entsteht eine Distanz, die zeigt, dass das Sprechen wichtiger ist als das Anfassen.

Wie werden die Liebesszenen dargestellt?

Im Stück gibt es keine Szenen mit Küssen, Umarmungen oder anderen Berührungen. Die Liebe findet verbal statt, es ist eine Verführung durch Worte. Ohne Corona hätte ich mir vielleicht überlegt, heutige Berührungsformen einzubauen. Aber auf die klassische Weise gibt es für den Zuschauer keinerlei Verluste.

Was interessiert Sie an „Triumph der Liebe“?

Ich finde, die Hauptfigur der Fürstin ist in ihrem Anliegen sehr nachvollziehbar. Sie ist eine starke Frauenfigur, die sowohl als Mann als auch als Frau auftritt. Das zeigt etwas über die aktuelle Diskussion der Gender Mann und Frau. Außerdem ist die Auflösung am Ende sehr spannend: Die Ziehmutter ist in die Fürstin als Mann verkleidet verliebt und will sie heiraten, der Ziehvater ist in die Fürstin verliebt und will sie heiraten, der Prinz hat eben für sich beschlossen, dass er die Fürstin liebt und sie heiraten will. Dann kommt heraus, dass alles eine Lüge war. Das ist ein Angriff auf die Glaubwürdigkeit, der viele Fragen aufwirft: Wie entsteht Vertrauen? Wie wird es sabotiert? Kann man Liebe retten, wenn die Grundlage dafür – das Vertrauen – angeknackst ist?

Verbinden Sie mit „Triumph der Liebe“ auch, dass es vielen Menschen derzeit schwerfällt, andere Menschen kennenzulernen?

Eigentlich nicht. Für mich zeigt das Stück, dass alle drei – der Prinz, die Ziehmutter und der Ziehvater – in dieser Art zur Liebe verführbar sind, weil sie einsame Seelen sind. Hätten sie Erfahrungen mit Beziehungen, wären sie nicht so leicht verführbar gewesen.

„Triumph der Liebe“ ist noch bis Sonntag, 6. Dezember 2020, im Forum Theater zu sehen.