Kennt den VfB Stuttgart und Hertha BSC, die an diesem Freitag aufeinandertreffen, aus seiner Zeit als Manager: Dieter Hoeneß Foto: dpa

An diesem Freitag tritt der VfB bei Hertha BSC an. Kaum einer kennt diese Vereine so gut wie Dieter Hoeneß (61). Der Ex-Manager traut beiden zu, mittelfristig wieder nach oben zu kommen.

An diesem Freitag tritt der VfB bei Hertha BSC an. Kaum einer kennt diese Vereine so gut wie Dieter Hoeneß (61). Der Ex-Manager traut beiden zu, mittelfristig wieder nach oben zu kommen.
 
Stuttgart - Hallo Herr Hoeneß, wie geht es Ihnen?
Danke, gut. Ich lebe mittlerweile wieder in München und fühle mich sehr wohl hier.
Genießen Sie den Fußball-Ruhestand?
Von Ruhestand will ich nicht sprechen. Ich habe vor gut zwei Jahren eine kleine Firma gegründet. Ich nutze mein Netzwerk und mein Know-How, wir sind, wenn man so will, eine Unternehmensberatung in Sachen Fußball. Da ich einen Geschäftsführer angestellt habe, arbeite ich jetzt keine sechseinhalb Tage in der Woche mehr, sondern nur noch vier bis fünf.
Schauen Sie noch regelmäßig Bundesliga?
Natürlich. Zum einen aus beruflichen Gründen, aber auch aus privatem Interesse.
Mit welchen Clubs fiebern Sie mit?
Ganz klar mit denen, bei denen ich zu tun hatte. Also beim VfB Stuttgart, FC Bayern München und Hertha BSC. Bei VfL Wolfsburg war die Zeit zu kurz, als dass eine ähnliche Identifikation hätte entstehen können.
Am Freitag (20.30Uhr/Sky) treffen ihre beiden Ex-Clubs in Berlin aufeinander. Was fällt Ihnen spontan zu diesen beiden Vereinen ein?
Dass beides Traditionsclubs sind, die klar hinter ihren Erwartungen zurückbleiben. Beide haben aber das Potenzial, wieder nach oben zu kommen. Dafür muss es in der Führung stimmen, ein Plan vorhanden sein . Und natürlich gehört auch Glück dazu.
Demnach stimmt es bei keinem der beiden – weder beim VfB noch bei der Hertha . . .
. . . das vermag ich aus der Ferne nur schwer zu beurteilen. Fakt ist, dass sich gerade beim VfB an der gesunkenen Anspruchshaltung ablesen lässt, dass die besten Zeiten momentan hinter dem Verein liegen. Früher haben in Stuttgart die Alarmglocken gebimmelt, wenn man Sechster war, als Achter herrschte Panik. Heute wären, glaube ich, alle froh über einen solchen Tabellenplatz.
Was ist aus Ihrer Sicht schiefgelaufen?
Ich glaube, das wissen Sie besser als ich. Dazu ist schon so viel gesagt worden, da möchte ich mich als Ehemaliger gerne heraushalten.
Aber Sie kennen die aktuellen Verantwortlichen. Trauen Sie es Ihnen zu, den VfB wieder nach vorne zu bringen?
Durchaus. Armin Veh kenne ich aus gemeinsamen Wolfsburger Zeiten, aber wir haben nur wenige Wochen zusammen gearbeitet. Ich schätze ihn als Trainer und auch als Mensch. Zu Bernd Wahler hatte ich Verbindungen während seiner Zeit als Verantwortlicher bei Nike, als Präsidenten kann ich ihn schlecht beurteilen.
Was ist mittelfristig möglich mit den beiden?
Ich denke, dass es der VfB wieder unter die ersten sechs Teams in der Bundesliga schaffen kann. Im Vergleich zu vielen anderen Vereinen hat der VfB einen Substanzvorsprung. Er spielt seit 1977 in der Bundesliga. Von diesem Vorsprung zehrt er bis heute. Deswegen kann er auch bald wieder eine gute Rolle spielen, wenn das Zusammenwirken im ganzen Verein wieder stimmt.
Was meinen Sie mit gute Rolle?
Die Bayern sind allen anderen weit voraus, auch die Dortmunder haben eine wahnsinnige Substanz. Danach kommen Leverkusen, Wolfsburg, Schalke und Mönchengladbach. Auf Sicht gesehen hat der VfB das Potenzial, mit diesen Clubs um die Plätze drei bis sechs zu kämpfen.
Nach dem Rauswurf von Fredi Bobic brauchen sie in Stuttgart erst einmal einen neuen Sportdirektor. Haben Sie einen Tipp?
(Lacht) Ich werde mich hüten.
Aber Sie wissen, worauf es ankommt.
Der VfB muss wissen, was er will – darauf kommt es an. Sucht er nach einem prominenten Gesicht für die Außenwirkung? Legt er Wert darauf, dass der Neue das Umfeld gut kennt? Oder möchte er lieber einen modernen Manager mit vielen neuen Ideen? Wobei das eine das andere natürlich nicht ausschließt. Fußball ist ein Geschäft mit vielen Facetten geworden. Der sportliche Erfolg ist die Basis für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Er hat direkte Auswirkungen auf die Bereiche, Sponsoring, Merchandising, TV- und Zuschauereinnahmen. Deshalb ist die Besetzung dieser Position neben dem Trainer die wichtigste Personalentscheidung in einem Verein.
Was hat sich seit ihrem Ausscheiden 2011 verändert?
Der Stellenwert des deutschen Fußballs wird immer größer. Es gibt inzwischen sehr viele gut ausgebildete Spieler in Deutschland. Insofern haben es die Manager heute ein Stück weit leichter, weil sie sich viel stärker auf dem heimischen Markt bedienen können und nicht mehr so stark aufs Ausland angewiesen sind.
Kommen wir zurück zur Hertha. Auch dort läuft es nicht. Wie erklären Sie sich, dass Ihr Ex-Club nicht so richtig vom Fleck kommt?
Als ich 1996 dort angefangen habe, gab es eine Menge Altlasten. Gerade, was die Infrastruktur angeht. Man hat gemerkt, dass der Verein lange in der zweiten Liga verschwunden war. Angesichts dessen war die Zeit dann doch recht erfolgreich. Die jüngsten Abstiege haben die Hertha weit zurückgeworfen. Zweimal absteigen bedeutet 40 bis 50 Millionen Euro Substanzverlust. Das gilt es erst einmal wieder aufzuholen.
Müsste es mit einem Hauptstadt-Club nicht möglich sein, dauerhaft oben mitzumischen?
Wie sagte der Regierende Bürgermeister: Berlin ist arm, aber sexy. Aber allein vom sexy sein gewinnst du keine Meisterschaft. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Hauptstadt sind bescheiden – gerade im Vergleich zu Stuttgart. Wir hatten damals kaum regionale Sponsoren, die kamen alle von außerhalb. Auf lange Sicht kann Berlin wirtschaftlich aber wieder an Substanz gewinnen – und damit auch die Hertha.
Aber schon jetzt gibt es mit KKR doch einen vermögenden Investor.
Dazu fragen Sie lieber die aktuellen Verantwortlichen in Berlin.
Schauen Sie das Spiel am Freitag an?
Ich denke schon – sofern es mich nicht auf die Wiesn zieht.