Ein solcher Rolls Royce Phantom kam auch schon in James Bond vor. Foto: KS-Images.de

Dieter Braun ist ein Automechaniker der besonderen Art – das weiß auch der König von Thailand.

Benningen - Ich bin kein gewöhnlicher Kfz-Mechaniker“, sagt Dieter Braun über sich selbst. Und das sieht man sofort, wenn man seine Werkstatt betritt. Dort steht gerade eine Boeing Stearman aus dem Jahr 1942, die in den USA als Doppeldecker-Schulungsflugzeuge eingesetzt wurden. Links daneben steht ein blau-weißer Jeep Grand Wagoneer aus den 1970er-Jahren, rechts daneben ein cremefarbener Rolls Royce Phantom aus den 1960er-Jahren. Einen solchen fuhr der Bösewicht Auric Goldfinger im gleichnamigen James Bond-Film von 1964. Die beiden Fahrzeuge gehören zum Fuhrpark des thailändischen Königs Maha Vajiralongkorn, bekannt auch als Rama X..

Dass der thailändische König den Schrauberkünsten von Dieter Braun vertraut, verrät viel über die Fähigkeiten des 58-jährigen Benningers. „Ich bin schon als Mechaniker auf die Welt gekommen“, sagt der schlanke Mann mit den grauen Haaren über sich selbst. Schon aus Legosteinen baute er Flugzeuge. Als er sich als Teenager Modellflugzeuge aus dem Spielwarenladen noch nicht leisten konnte, konstruierte er sie sich einfach selbst. „Ob Moped, Go-Kart oder Flugzeug, ich musste an allem herumschrauben“, weiß Dieter Braun noch gut.

Seine Ausbildung als Kfz-Mechaniker war vorgezeichnet, er absolvierte sie beim Daimler. Später wechselte er zu AMG nach Affalterbach, seit 1988 betreibt er seine eigene Werkstatt in Benningen. Doch der Kontakt zum Daimler-Konzern riss nicht ab. Seit mehr als einem Jahrzehnt bedient sich das Daimler Classic Center in Fellbach seiner Fähigkeiten, wenn es um die Restaurierung von historischen Mercedes Benz-Fahrzeugen geht.

Dort war auch der thailändische König Rama IX. Kunde, der 70 Jahre lang bis 2016 an der Spitze des Königreichs stand und damit das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt war. „Zu seinem Palastareal gehört auch ein fünfstöckiges Parkhaus, in dem rund 1000 Oldtimer stehen“, erzählt Dieter Braun. Zu diesem Fuhrpark zählt auch ein Mercedes 630 K aus dem Jahr 1925, der im Jahr 1940 zum letzten Mal gefahren worden war. Ein Mitarbeiter des Daimler Classic Centers in Fellbach bat Dieter Braun vor rund zehn Jahren, sich das edle Fahrzeug in Bangkok einmal anzuschauen.

Der Benninger brachte den Klassiker wieder zum Laufen – und genießt seither am königlichen Palast in Thailand ein hohes Ansehen. Regelmäßig schickt der König einige seiner Oldtimer in die Werkstatt von Dieter Braun – per Luftfracht bis Frankfurt, von dort aus per Transporter nach Benningen. Wenn der König in Deutschland ist, schaut er auch gerne persönlich in der Werkstatt von Dieter Braun vorbei. „Bis zur Corona-Krise kam er so zwei bis dreimal im Jahr“, erzählt der 58-Jährige.

In seinen Augen ist Rama X., der 2016 seinen Vater beerbte und dessen Vermögen auf rund 35 Milliarden Euro geschätzt wird, kein schlechter Mensch – anders als die Presse ihn häufig darstellt, zuletzt Anfang des Monats, als er trotz bestehender Corona-Beschränkungen nach Deutschland flog und sich mit einem großen Hofstaat von rund 30 Personen in einem bayerischen Hotel einmietete. Dieter Braun kann zahlreiche Anekdoten von seinen Begegnungen mit dem König und seinem Thronfolger erzählen, die er jedoch nicht in der Zeitung lesen will. Wie sehr der Benninger am Königshof geschätzt wird, zeigt sich an der Tatsache, dass ihn Rama X. immer wieder zu Urlauben in einem seiner Hotels einlädt, wenn Braun gerade in Thailand ist. „Er schickt mir dann einen Piloten, der mich auf eine der thailändischen Inseln fliegt“, berichtet der 58-Jährige.

Der exzellente Ruf des Benningers rührt daher, dass er historische Motoren in Autos oder Flugzeugen wieder zum Laufen bringt, an denen andere Mechaniker verzweifeln würden. „Bei uns wird nach dem Motto gearbeitet, so viel vom Original bewahren wie möglich“, beschreibt Dieter Braun die Arbeit seines aus neun Mitarbeitern bestehenden Werkstatt-Teams, die alle klassische Handwerksberufe wie Mechaniker oder Elektriker gelernt haben.

Wenn Ersatzteile fehlen, wird zunächst geforscht, ob irgendwo auf der Welt dieses Teil noch lieferbar ist. Ist das nicht der Fall, bauen Dieter Braun und seine Mitarbeiter es einfach nach. Die notwendige Ausrüstung steht in der Werkstatt des Benningers: Es gibt Zylinderschleif- und -bohrmaschinen, Fräsmaschinen und Pleuelbohrwerke. Die Stimmung in der 900 Quadratmeter großen Halle ist gut, es läuft Radiomusik, immer wieder pfeift ein Mechaniker ein Lied vor sich hin.

Die Qualität der Mitarbeiter ist einer der Trümpfe der Firma Dieter Braun Motorentechnik – und zugleich auch eine der größten Herausforderungen. „Es gibt kaum noch gute Mechaniker“, bedauert der Benninger. Sein neuester Azubi heißt Nicolas Pucher und kommt aus Südafrika. Er hat in Johannesburg die deutsche Schule besucht, sein Vater ist Benninger und war ein Schulfreund von Dieter Braun. Der 20-Jährige hat eine belgische Mutter und spricht daher neben deutsch und englisch auch flämisch und afrikaans. „Ich habe immer schon gerne herumgeschraubt“, sagt Nicolas Pucher in akzentfreiem Deutsch. Beste Voraussetzungen also für einen Job in der Werkstatt des Schraubers des thailändischen Königs.