Die Dieselabgase sind erneut ins Gerede geraten. Foto: dpa

Politisch brisante Studie im Wissenschaftsmagazin „Nature“: Ein Autorenteam aus den USA rechnet vor, dass viele tausend Menschen vorzeitig gestorben sind, weil die Stickoxid-Grenzwerte in Diesel-Abgasen nicht eingehalten werden.

Stuttgart - Manchmal können wissenschaftliche Fachzeitschriften politisch brisant sein. Dann nämlich, wenn sie mit wissenschaftlichen Publikationen politische Themen aufgreifen - die Klimaerwärmung etwa oder wie jetzt die gesundheitlichen Folgen von unzureichend gereinigten Dieselabgasen. Im Fachmagazin „Nature“ publiziert nun ein Autorenteam aus verschiedenen US-Instituten eine Studie, wonach 2015 in den USA, der EU, in Brasilien, China, Indien, Russland, Mexiko, Südkorea, Japan, Australien und Indien rund 38 000 Menschen wegen nicht eingehaltener Abgasgrenzwerte in Dieselfahrzeugen vorzeitig gestorben sind.

Es geht wohlgemerkt nicht um die generell negativen gesundheitlichen Folgen der Stickoxide. Die sind noch viel höher: Der Studie zufolge mussten deswegen in den Ländern mit den größten Fahrzeugzahlen 107 600 Menschen vorzeitig ihr Leben lassen. Was der jetzigen Publikation die besondere politische Brisanz gibt, ist der Unterschied zwischen dem Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand und im alltäglichen Straßenverkehr. In der EU gehen demnach von den 28 500 vorzeitigen „NOx-Todesfällen“ etwa 11 400 auf das Konto des zusätzlichen NOx-Ausstoßes wegen der nicht eingehaltenen Grenzwerte. Diese „überschüssigen“ Stickoxide werden zwar in den meisten Staaten von Lastwagen und Bussen verursacht, nicht aber in den EU-Ländern. Hier sind die Dieselautos für rund 60 Prozent des Mehrausstoßes verantwortlich.

Umweltmediziner haben gute Argumente

Generell wird indes nach wie vor der Zusammenhang zwischen erhöhten NOx-Werten durch Dieselabgase und vorzeitigen Todesfällen angezweifelt – auch vom Untersuchungssausschuss des Bundestages zu den Abgasmanipulationen. Doch die Umweltmediziner haben gute Argumente, die nicht allein auf Hochrechnungen und Computermodellen basieren. Dazu zählen Abgasmessungen während der Fahrt, die viel höhere Werte zeigen als auf dem Prüfstand. Und in jüngster Zeit wurde immer deutlicher, in welch vielfältiger Weise Stickoxide die Gesundheit beeinträchtigen können. Zudem zeigt die nun in „Nature“ veröffentlichte Studie, dass die Fachwelt hinter den dort angewandten Methoden steht: Sonst hätte die Publikation kaum die strenge Prüfung durch Fachkollegen überstanden.