Nachdem Unbekannte einen Kran in Stuttgart gestohlen haben, soll das Fahrzeug im Harz gesichtet worden sein. Das kann die Polizei aber nicht bestätigen.
Obertürkheim - Rain er Schmid ist sprachlos. So etwas sei in der 100-jährigen Firmengeschichte noch nie passiert, sagt der Geschäftsführer der Hermann Paule GmbH, nachdem er sich wieder gesammelt hat. Der Schock sitzt tief: Dem Unternehmen wurde ein Mobilkran vom Hof gestohlen.
Wie berichtet, haben Unbekannte in der Nacht zum Montag zwischen 3 und 3.30 Uhr das Fahrzeug vom Typ Liebherr LTM 1070-4.1 vom Gelände der Obertürkheimer Firma an der Augsburger Straße entwendet. Laut Schmid haben die Diebe das Fahrzeug aufgebrochen und zum Starten kurzgeschlossen. „So wie das bei Autos auch gemacht wird.“ Dann sind sie mit dem 48 Tonnen schweren Vierachser einfach davongefahren. Wie ein Polizeisprecher berichtet, sei der nicht gerade leise Kranwagen zwar in der Nachbarschaft bemerkt worden, aber niemand sei stutzig geworden. Solche Einsatzfahrten in den verkehrsarmen Nachtstunden seien nicht unüblich, heißt es.
Der Diebstahl des Gefährts mit dem amtlichen Kennzeichen S-HP 517 und der roten Lackierung mit gelber Schrift hat in den vergangenen Tagen vor allem in den sozialen Medien viel Aufsehen erregt. Auch die Firma Hermann Paule GmbH hatte wegen des Diebstahls im Internet um Hilfe gebeten und sogar 5000 Euro Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zum Auffinden des Krans führen. Und dies zeigte prompt Wirkung: Am Mittwoch meldete sich ein Mann, der den Autokran im Harz gesehen haben will. Das gestohlene Fahrzeug wurde offenbar kurz nach 7 Uhr auf der Bundesstraße 243 bei Herzberg entdeckt. Die Firmenaufschrift sei entfernt worden, aber noch schemenhaft erkennbar, gab der Zeuge an. Gut möglich, dass der Autokran in Richtung polnische Grenze unterwegs ist. Bislang konnte der Vierachser, dessen Spitzengeschwindigkeit 65 Kilometer pro Stunde beträgt, jedoch noch nicht sichergestellt werden. Das Fahrzeug ist grundsätzlich mit GPS ausgerüstet, das Signal konnte aber bisher nicht geortet werden. Möglicherweise wurde der Sender ausgebaut.
Ähnliche Fälle in der Branche
Die Polizei äußert sich indes nicht zu den Angaben des Mannes. „Bei uns sind einige Hinweise eingegangen, die derzeit ausgewertet werden. Ansonsten ermitteln wir in alle Richtungen“, sagte Polizeisprecher Jens Lauer am Donnerstag.
Ob der Kranwagen aber jemals wieder auftauchen wird, das vermag Rainer Schmid nicht einzuschätzen. „Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Aber ich glaube nicht so recht daran.“ Er geht davon aus, dass der Mobilkran gezielt gestohlen wurde. Nicht nur, weil das Gefährt für eine spontane Spritztour mit seinem Teleskopausleger denkbar ungeeignet ist. Sondern auch, weil man einen Lkw-Führerschein benötigt, um es halbwegs bedienen zu können. Zudem standen auf dem Hof mehrere Kranfahrzeuge unterschiedlicher Baureihen. Doch ausgerechnet auf das Älteste hatten es die Diebe abgesehen. Der Kran, dessen Klappspitze nicht montiert war, ist schon zehn Jahre alt. „Ein gängiges Modell.“ Die Täter hätten wohl genau gewusst, was sie da tun, so Schmid. Er vermutet, dass das Fahrzeug ins Ausland geschafft werden soll. „In Deutschland kann der Kran eigentlich so gut wie gar nicht mehr eingesetzt werden.“ Selbst wenn das Gefährt komplett umgespritzt werde. Wie jedes „normale“ Auto auch, habe der Mobilkran eine Fahrgestellnummer, über die er identifiziert werden könnte. Diese sei auch beim Hersteller Liebherr hinterlegt. „Sobald jemand Ersatzteile bestellen würde, würde das dort auffallen.“
Polizei nimmt Hinweise entgegen
Schmid kann sich an einen ähnlichen Fall in der Branche erinnern, der sich vor einigen Jahren ereignet habe. Da sei ein Kranwagen einen Tag nach dem Diebstahl im Osten Deutschlands in einer Bauernscheune gefunden worden – schon halb umlackiert. „Nach unserem Kenntnisstand gab es in letzter Zeit im süddeutschen Raum keine Diebstähle dieser Art.“ Wohl aber im Ruhrgebiet. Zeitungsberichten zufolge haben unbekannte Diebe Mitte Dezember vergangenen Jahres in Gelsenkirchen einen 600 000 Euro teuren Autokran gestohlen. Er parkte direkt vor dem Firmengelände – zusammen mit einem weiteren Fahrzeug. Auch am zweiten Kranwagen befanden sich Spuren, die vermuten lassen, dass auch dieser für den Abtransport manipuliert wurde. Im Mai 2014 wurden im Kreis Mettmann zwei Schwerlastkräne im Wert von 1,7 Millionen Euro vom Gelände eines Fachbetriebes gestohlen.
Hinweise nimmt die Polizei unter der Rufnummer 0711/8990-3500 entgegen. Melden kann man sich auch auf der Facebook-Seite der Hermann Paule GmbH.