Bei den Dieben sind vor allem Blumensträuße beliebt. Foto: Archiv

Auf Friedhöfen in Fellbach wird immer öfter der Grabschmuck geklaut. Die Diebe schrecken selbst nicht davor zurück, Pflanzen einfach auszureißen.

Fellbach - Erika, Scheinbeere und Silberkraut – die Diebe haben alles mitgenommen. Zwölf Herbstpflanzen sind in den vergangenen drei Wochen vom Grab von Karl Treiber auf dem Oeffinger Friedhof gestohlen worden. Zurückbleiben leere Löcher und eine fassungslose Witwe. „Neulich haben sie sogar gut 40 Liter Erde geklaut, die ich frisch auf das Grab aufgebracht habe“, sagt Sieglinde Treiber.

Am 19. November 2017 ist Karl Treiber gestorben. Das Grab ihres Mannes bepflanzt und pflegt Sieglinde Treiber selbst. Doch seit einigen Wochen tritt sie jedes Mal mit einem unguten Gefühl ans Grab. Sie fürchtet, dass schon wieder jemand etwas von der Grabbepflanzung gestohlen hat. Sieglinde Treiber kommt es nicht aufs Geld an. Obwohl sie seit Wochen immer wieder Pflanzen kaufen muss. Viel schlimmer wiegt der Schmerz über die Zerstörung des Grabschmucks. „So etwas tut man doch einfach nicht, wo bleibt da der Anstand“, sagt sie.

Vor allem Blumensträuße werden immer wieder geklaut

Es ist tatsächlich viel mehr als eine Respektlosigkeit, Blumen von Gräbern zu stehlen. Es ist, als ob die Diebe die Gefühle der Hinterbliebenen mit Füßen treten. Aber das Problem ist beileibe nicht neu. Gerhard Keller, der Gärtnermeister aus Oeffingen, betreut unzählige Gräber in Schmiden und Oeffingen. „Vor allem Blumensträuße werden immer wieder geklaut, berichtet er. Am liebsten von Gräbern, die etwas am Rand des Friedhofs liegen. Dann kann man schnell wieder verschwinden.“ In Oeffingen seien besonders die letzten Ruhestätten am westlichen Rand des Gottesackers betroffen. „Die kann man vom Kirchweg gut einsehen.“

Irmgard Scheel hat das mit dem Strauß-Klau am eigenen Leib erlebt. Vom Grab ihres Mannes in Oeffingen seien im Sommer 2017 hintereinander fünf Sträuße aus der Vase verschwunden. Einem Mann, dessen Frau jetzt erst vor kurzem verstorben ist, seien vom Urnengrab viele Rosensträuße gestohlen worden. „Einmal hat er den Strauß mit Stacheldraht umwickelt, ein anderes Mal einen Zettel an den Strauß gemacht, auf dem stand: Rosendieb, ist dir gar nichts heilig“, erzählt Irmgard Scheel.

Zu Allerheiligen schlagen die Diebe besonders gerne zu

Ganz schön dreist findet Gerhard Keller den gezielten Diebstahl der Herbstpflanzen vom Treiberschen Grab: „Vor vielleicht zehn Jahren hatten wir mal eine Welle von solchen Diebstählen auf dem Friedhof in Schmiden. Da sind im großen Stil hunderte Pflanzen auf einmal weggekommen. Aber das ist die absolute Ausnahme, und es waren vermutlich Profis. Für gewöhnlich werden halt Sträuße und natürlich auch Gestecke geklaut. Die Zeit kommt jetzt wieder im November, wenn die Gräber zu Allerheiligen und für den Totensonntag hergerichtet werden.“

Sieglinde Treiber kann sich nicht erklären, warum ausgerechnet sie in den vergangenen Wochen immer wieder Opfer der Pflanzendiebe wurde. „Vielleicht weil ich eine der Ersten war, die Herbstblüher aufs Grab gepflanzt hat.“ Einfach nur Vandalen sind es jedenfalls nicht, die vermutlich in der Nacht die Friedhofsruhe stören. Die Diebe holen die Pflanzen immer fachmännisch und sorgsam mitsamt den Wurzeln aus dem Boden. „Wenn man es so macht, kann man Erika jederzeit wieder woanders einpflanzen“, sagt Gerhard Keller.

Was auch immer mit den Pflanzen vom Grab von Karl Treiber passiert sein mag, Gärtnermeister Paul Blazek bringt es auf den Punkt: „Von Gräbern Blumenschmuck zu klauen – egal in welcher Form – ist einfach eine Sauerei.“