Es geht immer noch höher hinauf: Die Bankerin Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch, li.) und die Aufsteigerin Jana Liekam (Paula Beer). Foto: ZDF/Letterbox Filmproduktion

Die erste Staffel von „Bad Banks“ war eine Sensation: endlich mal eine öffentlich-rechtliche deutsche Produktion, die mit internationalen Serien mithalten konnte. Nun präsentieren Arte und ZDF die Fortsetzung dieser Demontage der Finanzwelt.

Stuttgart - Wie lange hält der ganze Laden noch zusammen? Diese Frage scheint die jung-dynamischen wie die alt-intriganten Figuren in der nun in die zweite Staffel gehenden Finanzweltdemontage „Bad Banks“ anzutreiben. Der Zweifel an der Beständigkeit der Verhältnisse, der Drang, ganz schnell nach ganz oben zu kommen, bezieht sich nicht nur auf ihre eigene Bank. Eher schon auf das ganze Weltfinanzsystem, das aus Lügen, Finten, Spekulationen und Hysterien besteht. So jedenfalls tritt es hier auf, als rabiates Scheusal, dessen dessen Verkleidung als Zugpferd allerlei schöner Anliegen keinen Insider mehr täuschen kann.

Eingesperrt in der Bankenwelt

Diese Insider haben eine erste ZDF-Staffel lang versucht, einander von der Karrierestraße in den Abgrund zu drängen. Auch die Jungbankerin Jana Liekam (Paula Beer) hat gelernt, dass es keine Loyalitäten geben kann. Mitverschworene und Liebschaften sind nur eine andere Form von Wertpapier, das man aus Profitgründen erwirbt und zu opportunem Zeitpunkt zwecks Gewinnmaximierung oder Verlustminderung wieder abstößt.

In der zweiten Staffel hat sich daran nichts geändert. Der Drehbuchautor Oliver Kienle und der Regisseur Christian Zübert ziehen aber das Tempo an. Gefühlt bietet jetzt noch weniger Außenwelt eine Chance zur Perspektivhinterfragung. Wir sind mit den Figuren in den Büros der Banken eingesperrt und im Gewirr der Handynachrichten. Die Bank wird zur Welt, ihre architektonische Machtsymbolik umfasst die spurenreine Abwaschbarkeit: Hier prägt kein Individuum die Räume, hier ist jeder jederzeit meuchelbar und ersetzbar.

Selbstzerfleischung und Illoyalität

Wer die erste Staffel nicht gesehen hat, wird anfangs wohl komplett verwirrt sein. Nur weil der aggressive Investmentbanker Gabriël Fenger (Barry Atsma) vorerst in Untersuchungshaft sitzt, sind die Kämpfe der vorigen Runde nicht Geschichte. Anfangs wird ein „Bad Banks“-Neuling also kaum begreifen, wie die Bankerin Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch) zu den Bankern Quirin Sydow (Tobias Moretti) und Robert Khano (Jean-Marc Barr) steht, was die alle mit Liekam verbindet und warum Liekams junges Team sich im Zustand dauernder Selbstzerfleischung befindet.

Aber man braucht all das Vorwissen gar nicht. Nun dreht sich der Illoyalitätsreigen so schnell, dass jedes Gespräch zum Verrat an dem Menschen wird, mit dem zuvor geredet wurde. Die Einzelbeziehungen sind unwichtig. Es geht nur noch um das System selbst, die Gesetzmäßigkeit von Blendung, Intrige, Dolchstoß, Widerruf, Rücktritt vom Widerruf.

Ideale als Gendefekt

Im kalten Licht der Geldwelt gibt es keine Sympathieträger. Wenn jemand heulend einen Zusammenbruch erlebt, ist das kein moralisches Aufbäumen, sondern nur Versagen der Kräfte. Ideale sind bloß ein Gendefekt, den man los werden muss, bevor er zum Tod führt.

In der ersten Staffel lernte Liekam das Investmentzocken kennen, nun hat sie es mit Fintechs zu tun, mit jenen neuen kleinen Finanzdienstleistern, die riesige Apparate der alten Geldhäuser durch schlaue Algorithmen ersetzen. Einige dieser Startups kommen sogar werteorientiert daher. So ein Projekt, das auf Nachhaltigkeit setzt, soll Liekam in die Struktur der Großbank überführen. Inkubator heißt das futuristische Büroprojekt in Berlin, das die Bank als Brutkasten für Start-ups entworfen hat. Aber hier lernen nicht die Großen von den Kleinen, die Kleinen werden verdaut, angepasst oder ausgeschaltet.

In der Schlangengrube

Am Ende steht die Frage, warum Liekam und alle anderen nach oben wollen. Es kann kaum um Geld gehen: Das lässt sich in der Schlangengrube nicht genießen. Der Antrieb muss Macht sein, aber die ist an den Dauerstress der sogar mit kriminellen Mitteln ausgefochtenen Machtkämpfe geknüpft. Eine Antwort auf die Frage nach dem Karrierereiz wird man nicht finden, aber eine Drohung: Diese Figuren schonen sich selbst nicht. Sie schonen auch nichts und niemanden sonst.

Verfügbarkeit: Alle 6 Folgen der zweiten Staffel stehen bereits in den Mediatheken von Arte und ZDF. Arte zeigt die zweite Staffel ab dem 6. Februar 2020, 20.15 Uhr, das ZDF ab dem 8. Februar, 21.45 Uhr.