Innenminister Strobl verfolgt eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegen fanatische Islamisten. Foto: dpa

Mit einem Großaufgebot durchsucht die Polizei am Morgen 18 Objekte radikaler Salafisten in ganz Baden-Württemberg. Innenminister Strobl sagt: „Wer Gewalt predigt und sät, bekommt die volle Härte von Recht und Gesetz zu spüren.“

Stuttgart - Nach einer Razzia in 18 Objekten der radikal-salafistischen Vereinigung „Die wahre Religion“ (DWR) in Baden-Württemberg ist der Verein seit Dienstag auch im Südwesten verboten. „Die Vereinigung ist damit aufgelöst und jede weitere Tätigkeit wurde untersagt“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Die Verbotsverfügung sei 61 Personen übergeben worden.

Die Polizei war am frühen Morgens in den Zuständigkeitsbereichen der Polizeipräsidien Mannheim, Heilbronn, Karlsruhe, Ludwigsburg, Stuttgart, Aalen, Reutlingen, Ulm, Offenburg, Freiburg im Breisgau, Tuttlingen und Konstanz aktiv. Durchsucht wurde unter anderem die Moschee des Vereins der islamischen Kultur in Karlsruhe.

Deutschlandweit wurden bei der Großrazzia mehr als 200 Wohnungen und Büros von Organisatoren und Anhängern der Vereinigung durchsucht. Die Behörden halten die DWR für verfassungswidrig und gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet.

Bundesweit einzigartiges Rekrutierungs- und Sammelbecken für dschihadistische Islamisten

Sie gehen Strobl zufolge mit allen Mitteln gegen fanatische Islamisten vor. „Wer Gewalt predigt und sät, bekommt die volle Härte von Recht und Gesetz zu spüren. Wir haben da eine ganz klare Null-Toleranz-Strategie.“ Vereine, die menschenverachtenden Hass und ihre antidemokratische Ideologie verbreiten und die junge Menschen radikalisieren wollten, hätten in Deutschland nichts verloren.

Die vom gebürtigen Palästinenser Ibrahim Abou-Nagie gegründete Vereinigung DWR war bislang deutschlandweit aktiv und durch lokal organisierte „Lies!“-Aktionen und der Verteilung von kostenlosen Koranexemplaren bekannt.

Die DWR befürwortet Strobl zufolge den bewaffneten Dschihad und ist ein bundesweit einzigartiges Rekrutierungs- und Sammelbecken für dschihadistische Islamisten sowie für Menschen, die aus dieser Motivation heraus nach Syrien oder in den Irak ausreisen wollen. „Rund 140 junge Männer aus dem gesamten Bundesgebiet, die sich zunächst bei „Lies!“-Aktionen beteiligt haben, sind später in den Kampf nach Syrien und in den Irak gezogen“, sagte Strobl.

Das Phänomen tritt bei Menschen aller Bildungshorizonte auf

Nach jüngsten Angaben der Verfassungsschützer von Mitte des Jahres sind bislang 50 Menschen aus Baden-Württemberg ausgereist, um am Heiligen Krieg in Syrien und Nordirak teilzunehmen. Als Faustregel gilt nach Auskunft von Experten, dass ein Drittel weiblich ist und die stärkste Altersgruppe von 15 und bis 26 Jahren reicht. Die Ausreise erfolgt meist innerhalb eines Jahres nach dem ersten Kontakt zu salafistischen Predigern. Das Phänomen tritt bei Menschen aller Bildungshorizonte auf. Ein Drittel von ihnen hat Abitur oder strebt es an, von einer Entwicklung insbesondere von Bildungsverlierern kann deshalb keine Rede sein.

Ende vergangenen Jahres wurde erstmals ein Moscheeverein im Südwesten verboten. Der Verein in Stuttgart-Botnang soll IS-Aktivisten für den Dschihad in Syrien geworben und Spenden gesammelt haben. Von sechs Mitgliedern des Vereins, die in den Heiligen Krieg zogen, sind bereits drei gefallen. Bei weiteren Personen aus dem Umfeld des Vereins wurde die Ausreise nach Angaben der Polizei gerade noch vereitelt.