Sie macht die Wechselhaftigkeit menschlicher Gefühlslagen ohne Worte spürbar: Jennifer Lawrence in "Die Tribute von Panem - Catching Fire". Foto: Studiocanal

Die Beziehungen werden komplexer: Im zweiten Teil von „Die Tribute von Panem“ bekommt die Verfilmung von Suzanne Collins’ Buchreihe eine neue Tiefe.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Die Tribute von Panem"

Stuttgart - „Das ist die Revolution“ – auf diesen Schlüsselsatz haben die Zuschauer lange gewartet, während sie einer bestialischen Diktatur zuschauten, die ihre eigenen Kinder einander umbringen lässt, als TV-Spektakel, zur Belustigung der Massen. Nun, in der zweiten Runde, bekommt „Die Tribute von Panem“ eine neue Tiefe: Die Protagonisten sind nicht mehr nur ausgeliefert, sie beginnen, Spielregeln zu ändern und den Tyrannen Snow als eigentlichen Feind ins Visier zu nehmen.

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Diesem nämlich hat gar nicht gefallen, wie die aufmüpfige Katniss Everdeen im ersten Teil den Gladiatorenkampf gewonnen, die Herzen der Menschen gerührt und und Widerstandsbewegung ausgelöst hat. Nun soll sie auf einer Triumphtour durch die Distrikte die Rebellen beruhigen, sonst geht es ihrer Familie an den Kragen. Katniss aber kann nicht aus ihrer Haut: Wo sie auftritt und sich nicht verstellt, gehen Hunderte Arme zum Gruß nach oben. Der Mockingjay (Spotttölpel), den sie als Symbol getragen hat, ist nun Symbol des Widerstands, sein Ruf die Erkennungsmelodie. Die Konsequenz lässt nicht lange auf sich warten: Mittels eines Tricks schickt Snow Katniss ein weiteres Mal in die Arena.

Im Zentrum des Films steht natürlich wieder Jennifer Lawrence, die komplexe Gefühlslagen ohne Worte spürbar machen kann: Mit ihrer aufgewühlten Katniss dürfen die Zuschauer fiebern, bangen, leiden und strahlen. Wie sie im Rampenlicht einmal mehr gut überspieltes Unwohlsein ausstrahlt, ist eine Klasse für sich, wie sie zugleich mit echtem Stolz ein Mockingjay-Vogelkleid präsentiert – eine Ohrfeige für den Präsidenten – und wie sie im richtigen Moment auch einmal ausrastet und schreit.

Dabei ist Lawrence eine großzügige Betörerin, in „Silver Linings“ hat sie Bradley Cooper mitgezogen und weitgehend auf Augenhöhe gehalten. Mit dem milchgesichtigen Josh Hutcherson gelang ihr das bei allem Bemühen schon in Teil eins nicht, ihm fehlen einfach die Mittel. In die Lücke stößt nun der junge Engländer Sam Claflin als Finnick, der Katniss vor und in der Arena menschlich herausfordert. Genau wie die US-Newcomerin Jena Malone, die als burschikose Axtschwingerin mit ruppigen Umgangsformen eine exzellente Figur macht.

Einen ebenbürtigen Mitspieler hat Jennifer Lawrence zudem in Woody Harrelson, der erneut als versoffener Veteran und Berater glänzt. Stanley Tucci gibt wieder den morbiden Talkmaster, dessen falsches Lachen dennoch ansteckt, Pop-Star Lenny Kravitz setzt seine Mission als exaltierter Kostümbildner fort, und Donald Sutherland als spöttisch grinsender Präsident Snow ist die personifizierte Bedrohung. Als neuer Herr der Spiele namens Plutarch Heavensbee betritt Philip Seymour Hoffman („Capote“) die Szenerie gleich mit einem Paukenschlag: Er bittet Katniss beim Ball zum Tanz und vermittelt ihr ganz ruhig und ohne Konkretes zu verraten, dass sie sich noch auf einiges gefasst machen kann.

Widerstand gegen die barbarischen „Spiele“ regt sich diesmal nicht nur auf der Leinwand, sondern auch beim Regisseur. Anders als Gary Ross im ersten Teil ist es Francis Lawrence („I am Legend“) ernst mit der Kritik an der Casting-Gesellschaft. Er kostet Mordszenen nicht aus, führt sie nicht voyeuristisch vor, sondern verknappt sie auf das, was sie sind: notwendiges Übel. Stattdessen konzentriert er sich auf die Beziehungen, die weitaus komplexer sind und viel weniger durchschaubar als im ersten Teil. Das gelingt ihm so überzeugend, dass haarsträubende Logikfehler – Schwangerschaften lassen sich sicher auch in der Zukunft nachweisen – in den Hintergrund treten.

Die letzte Einstellung gehört Jennifer Lawrence. Die Kamera durchdringt ihre Aura, kommt ihrem Gesicht ganz nah, und sie lässt allein in ihrer Mimik alle Gefühlsaufwallungen des Films noch einmal Revue passieren, um blitzenden Auges den fulminanten Cliffhanger zu setzen: Jetzt erst recht!

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