Der Kreistag in seiner aktuellen Besetzung in einer Sitzung in Backnang Foto: Gottfried Stoppel

Was sind die wichtigsten Themen der kommenden Jahre? Wir haben vor der Kreistagswahl die Sprecher der Fraktionen befragt.

Rems-Murr-Kreis - Fünf Parteien oder Wählervereinigungen haben bei der jüngsten Kreistagswahl im Jahr 2014 Fraktionsstatus erreicht. Deren Sprecher erläutern, wo sie in den kommenden fünf Jahren die Schwerpunkte sehen und was sie für ihre Partei am 26. Mai erwarten.

CDU: Klinik, Wohnraum, Bildung

Der Dauerbrenner Kliniken ist auch in den kommenden Jahren eines der bestimmenden Themen für die zurzeit am stärksten im Kreistag vertretene Fraktion, die diesem Anspruch im Übrigen auch nach der Wahl am 26. Mai gerecht werden will. „Zentral sein wird die Sicherung und der Ausbau einer leistungsstarken und patientennahen Gesundheits- und Notfallversorgung bei schwäbisch-soliden Kreisfinanzen und gerechtem sozialen Ausgleich“, sagt der CDU-Fraktionschef Reinhold Sczuka. Die finanzielle Konsolidierung bei sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werde aber eine große Herausforderung sein. Die wichtigste Gemeinschaftsleistung von Kreis und Kommunen mit drängendem Handlungsbedarf indes sei die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. „Ein weiterer Baustein in einer Zeit des Umbruchs ist die Sicherstellung bester Bildung an unseren Berufsschulen“, so Sczuka.

SPD: Wohnraum und Klimaschutz

Als wichtigstes Thema in den kommenden Jahren stuft die SPD im Kreistag die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ein. „Mit der Kreisbaugruppe Waiblingen und den Kommunen zusammen kann es uns gelingen, Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten im Kreis zu schaffen“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Genossen, Klaus Riedel. Den dringendsten Handlungsbedarf sieht er hingegen „ganz eindeutig beim Thema Klimaschutz“. Hier könne der Kreis mit Sofortprogrammen kurzfristig viel erreichen. Riedels Vorschläge: „Mehr Fotovoltaikanlagen auf Kreisliegenschaften, mehr Förderung des ÖPNV, Ausbau von Radschnellwegen und eine klare Linie beim Tempolimit auf Bundes- und Kreisstraßen.“

Grüne: Klima ist essenziell

„Klima ist nicht alles, aber ohne Klima ist alles nichts“, sagt Christel Brodersen. Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen fordert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine deutliche CO2-Reduzierung zu erreichen. Der Landkreis müsse eine zentrale Rolle übernehmen, um ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen. Zudem müssten in Zeiten sich rasant ändernder Rahmenbedingungen frühzeitig Weichen gestellt werden, um die gute Lebensqualität zu sichern. Brodersens Stichworte dazu: „Breitbandausbau beschleunigen und Anpassung der beruflichen Bildung, bedarfsgerechte Beratungs- und Unterstützungsangebote, Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und Verbesserung der Pflege (Gewinnung von Pflegekräften ist eine besondere Herausforderung), Schaffung von bezahlbaren Wohnungen,...“. Und ihre Einschätzung zum Ausgang der Wahl? „Ich gehe von einem weiteren Zuwachs unserer Fraktion aus, vielleicht rücken wir sogar wieder eine Position nach vorne.“

Freie Wähler: Finanzielle Spielräume schaffen

Verlässliche finanzielle Handlungsspielräume sind nach Ansicht von Albrecht Ulrich, dem Fraktionssprecher der Freien Wähler, die Grundlage des kreispolitischen Handelns. Schließlich sollen die Immobilienkonzeption umgesetzt, die Aufgaben in der Sozial- und Jugendhilfe wahrgenommen, die Kliniken finanziert, die digitale Infrastruktur ausgebaut, die Busverkehre organisiert, die Straßen und die Radwege erheblich verbessert werden, wie Ulrich auflistet. Man müsse aber auch den Mut aufbringen, Prioritäten zu setzen. Denn weil den Freien Wählern ein „guter Interessensausgleich zwischen Landkreis, Städten und Gemeinden“ am Herzen liegt, soll es auch „keine weitere Erhöhung der Kreisumlage“ geben.

FDP: Schlanke Strukturen

Auch für die FDP sollte die Konsolidierung der Kreisfinanzen, der Schuldenabbau und vor allem die Reduzierung des jährlichen Krankenhausdefizits laut ihrem Fraktionschef Ulrich Lenk „zentral im Fokus der Kreispolitik bleiben“. Schließlich gelte es, Herausforderungen wie Klimaschutz oder Bildung 4.0 bewältigen zu können. Den größten Handlungsbedarf sehe man im Sozialdezernat, das „unter anderem dem demografischen Wandel und den Vorgaben des Bundesteilhabegesetzes Rechnung tragen, die Ergebnisse der Organisationsuntersuchung umsetzen, den Umstieg von der stationären zur ambulanten Betreuung bewältigen und dabei auch noch bei vermutlich rückläufigen Steuereinnahmen die seit Jahren steigenden Gesamtausgaben begrenzen muss“. Lenk schlägt vor, „den begonnenen organisatorischen Umbau fortzusetzen, schlagkräftige und schlanke Verwaltungsstrukturen zu schaffen“ und noch enger mit den Städten und Gemeinden zusammenzuarbeiten. Mehr denn je werde wichtig sein, Betroffene frühzeitig in die Überlegungen und Planungen einzubeziehen.

702 Bewerber für den Kreistag

Parteien
Insgesamt neun Parteien und Wählervereinigungen treten zur Kreistagswahl am kommenden Sonntag, 26. Mai, an. Neben den bereits aktuell vertretenen Listen – CDU, SPD, Freie Wähler, Bündnis 90/Die Grünen, FDP-FW, AfD, Die Linke und ÖDP – ist lediglich die „F2 – Für Fellbach“ neu auf der Liste. Die Wählervereinigung tritt allerdings nur im Wahlkreis 2 Fellbach an.

Kandidaten
Jede Partei hätte in den zwölf Wahlkreisen insgesamt 111 Kandidaten aufstellen können, dieses Potenzial haben aber nur die SPD, die Freien Wähler und die FDP-FW ausgeschöpft. Insgesamt wurden 702 Bewerber vorgeschlagen, davon 245 Frauen (35 Prozent).